Verfahrensgang
AG Bad Homburg (Entscheidung vom 27.08.2004; Aktenzeichen 7 b OWi 756 Js 2943/04) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass gegen den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes eine Geldbuße von 125,- EUR festgesetzt wird und das angeordnete Fahrverbot entfällt.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde und die dem Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen wegen eines fahrlässigen "Verstoßes gegen die §§ 37 Abs. 2, 49 StVO" zu einer Geldbuße von 125,- EUR. Daneben verhängte das Amtsgericht gegen den Betroffenen ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 11. Oktober 2003 um 11.48 Uhr mit dem PKW, amtliches Kennzeichen , in Oberursel die Oberhöchster Straße. An der Kreuzung Weingärtenumgehung ordnete sich der Betroffene in den Linksabbiegerstreifen ein und hielt sein Fahrzeug vor der für ihn Rotlicht anzeigenden Lichtzeichenanlage an. Als die Lichtzeichenanlage für die Geradeausspur auf "grün" umschaltete, befolgte der Betroffene in der Annahme, das Grünlicht gelte auch für ihn, nicht die weiterhin für die Linksabbiegerspur Rotlicht anzeigende Ampel und bog links ab, obwohl das Rotlicht zu diesem Zeitpunkt länger als eine Sekunde dauerte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er, wie sich aus seinem Vorbringen in der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt- er hat den Tatbestand, wie er in dem Urteil mitgeteilt wurde, als zutreffend anerkannt -, auf den Rechtsfolgenausspruch - Verhängung eines Fahrverbots - beschränkt hat.
Der Senat hat mit Beschluss vom 26. November 2004 durch den Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 OWiG n.F. die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragen, da es geboten ist, das amtsgerichtliche Urteil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden. Aufgrund der wirksamen Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch ist der Schuldspruch rechtskräftig. Wegen der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot wird der Rechtsfolgenausspruch von der Rechtsbeschwerde allerdings in vollem Umfang erfasst.
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Zwar ist die formelle Rüge unzulässig, da es an einer Begründung gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO fehlt. Auf die Sachrüge hin war indes der Rechtsfolgenausspruch wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern, weil das Urteil insoweit rechtlicher Überprüfung nicht standhält.
Der Betroffene beanstandet zu Recht, dass das Amtsgericht bei der Annahme eines qualifizierten Rotlichtverstoßes nach Nr. 132.2 des Bußgeldkatalogs (§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKatV) die Besonderheiten des festgestellten Sachverhalts außer Acht gelassen hat.
Insoweit hat die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht in ihrer Stellungnahme vom 18. November 2004 u.a. ausgeführt:
"Zwar indiziert die Erfüllung eines ein Regelfahrverbot vorsehenden Tatbestandes der Bußgeldkatalogverordnung grundsätzlich das Vorliegen eines groben Verstoßes i. S. von § 25 Abs. 1 S. 1 StVG, für den es regelmäßig der Denkzettel - und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf (vgl. BGHSt 38, 125, 134; 38, 231, 235),jedoch dürfen die konkreten Umstände des Einzelfalles in objektiver und subjektiver Hinsicht nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BGHSt 38, 125; OLG Hamm NZV 2001, 221 = VRS 98, 392, 593). Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, bei denen die Verhängung eines Fahrverbots - wie hier - nach § 4 Abs. 1 BKatV in Betracht kommt, ist nämlich auch § 25 Abs. 1 StVG alleinige Rechtsgrundlage für die Anordnung dieser Maßnahme (vgl. BGH NZV 1997, 525 = VRS 94, 221; so auch OLG Frankfurt/Main - 2 Ws (B) 109/98 OWiG -).
Nach dieser Vorschrift kann ein Fahrverbot u.a. dann verhängt werden, wenn der Betroffene eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrers begangen hat.
Die Annahme einer groben Pflichtverletzung setzt zunächst voraus, dass der Zuwiderhandlung in objektiver Hinsicht Gewicht zukommt. Sie ist im allgemeinen nur bei abstrakt oder konkret gefährlichen Ordnungswidrigkeiten gerechtfertigt, die immer wieder Ursache schwerer Unfälle bilden (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rdz. 14 zu § 25 StVG m.w.N.).
Das besondere objektive Gewicht einer Ordnungswidrigkeit vermag indes nach der grundlegenden Entscheidung des BGH (NJW 1997, 3252 = NZV 1997, 525 = VRS 94, 221) die Annahme einer groben Pflichtverletzung für sich allein nicht zu tragen. Hinzu kommen muss vielmehr, dass der Täter auch subjektiv besonders verantwortungslos handelt. Eine grobe Pflichtverletzung kann ihm nur vorgehalten werden, wenn seine wegen ihrer Gefährlichkeit ob...