Leitsatz (amtlich)
Eine Gerichtsstandsbestimmung ist in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 36 I Nr. 6 ZPO auch dann möglich, wenn die Zustellung der Klageschrift zweifelhaft ist.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
AG Lampertheim (Beschluss vom 02.05.2012; Aktenzeichen 3 C 1025/11) |
Tenor
Als das örtlich zuständige Gericht wird das AG Schwetzingen bestimmt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
Der Kläger hat wegen einer mietvertragsrechtlichen Forderung betreffend eine in Hockenheim gelegene Wohnung am 14.11.2011 Klage bei dem AG Lampertheim erhoben. Mit Beschluss vom 15.3.2012 hat das AG Lampertheim Haupttermin auf den 25.4.2012 bestimmt und zugleich die öffentliche Zustellung dieses Beschlusses nebst Ladung der Beklagten verfügt. Mit Beschluss vom 24.4.2012 hat das AG Lampertheim den Verhandlungstermin am 25.4.2012 wegen örtlicher Unzuständigkeit aufgehoben und einen Verweisungsantrag angeregt. Mit Schriftsatz vom 25.4.2012 hat der Klägervertreter die Verweisung an das für Hockenheim zuständige AG beantragt. Mit Beschluss vom 2.5.2012 hat sich das AG Lampertheim unter Hinweis auf die Zuständigkeitsregelung in § 29a ZPO für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG Hockenheim verwiesen. Die Akten sind daraufhin an das AG Schwetzingen versandt worden, wo sie am 30.5.2012 eingingen. Mit Beschluss vom 5.6.2012 hat das AG Schwetzingen die Übernahme des Verfahrens unter Hinweis darauf, dass der Verweisungsbeschluss nicht bindend sei, weil der Beklagten zuvor kein rechtliches Gehör gewährt worden sei, abgelehnt. Das AG Lampertheim hat wiederum mit Beschluss vom 27.6.2012 die Rücknahme des Rechtsstreits abgelehnt und in der Begründung sowohl darauf hingewiesen, dass die Zustellungsanschrift der Beklagten nicht bekannt sei und deshalb eine Anhörung nicht möglich gewesen sei, als auch darauf, dass das AG Schwetzingen gem. § 29a ZPO ausschließlich zuständig sei.
Das AG Lampertheim hat die Akten dem OLG Frankfurt am 2.7.2012 vorgelegt. Bei den zuständigen Senaten in Darmstadt sind diese am 6.7.2012 eingegangen.
Die Vorlage ist gem. § 36 ZPO zulässig.
Für die Entscheidung ist das OLG Frankfurt zuständig, weil die beiden beteiligten AG verschiedenen LG- und OLG Bezirken angehören und das dem OLG Bezirk Frankfurt zugehörige AG Lampertheim das zuerst angegangene Gericht war.
Der Senat bejaht letztlich auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO in einer entsprechenden Anwendung.
§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO setzt voraus, dass sich zwei Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
Vorliegend ist nach Aktenstand lediglich gesichert, dass das klägerseits angerufene AG Lampertheim örtlich unzuständig war und das AG Schwetzingen zuständig ist, weil nach § 29a Abs. 1 ZPO für Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen über Räume das Gericht ausschließlich zuständig ist, in dessen Bezirk die Sache belegen ist. Das Mietvertragsverhältnis, aus dem vorliegend der Kläger meint, Ansprüche herleiten zu können, ist bezüglich einer Wohnung begründet worden, die im Amtsgerichtsbezirk Schwetzingen liegt, weshalb das AG Schwetzingen auch örtlich für den Prozess zuständig ist. Es wird von dem Kläger nicht einmal ansatzweise vorgetragen, dass es sich bei der Wohnung um Wohnraum i.S.d. § 549 Abs. 2 Nr. 1 - 3 BGB handelt. Aus § 12 ZPO folgt unmittelbar, dass deshalb der Allgemeine Gerichtsstand gem. § 17 ZPO der Beklagten verdrängt ist.
Indessen fehlt es vorliegend - zumindest - an den "rechtskräftigen Unzuständigkeitserklärungen"; denn weder der Verweisungsbeschluss des AG Lampertheim noch der Nichtannahmebeschluss des AG Schwetzingen sind bislang der Beklagten bekannt gegeben worden. Solange der Verweisungsbeschluss des AG Lampertheim nur dem Kläger mitgeteilt worden ist und nicht auch der Beklagten - gegebenenfalls erneut im Wege einer öffentlichen Zustellung -, kann nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht von einer rechtskräftigen oder ihr gleichstehenden Entscheidung ausgegangen werden (vgl. u. v. a. nur Beschluss des BGH vom 22.2.1995 zu Az. XII ARZ 2/95).
§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO setzt des Weiteren und dogmatisch auch vorrangig die Rechtshängigkeit der Streitsache voraus; denn bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit können grundsätzlich keine rechtskräftigen Entscheidungen ergehen (vgl. u. v. a. Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2003, Musielak-Heinrich, ZPO, 9. Aufl. 2012, Rz. 13; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. 2012, Rz. 26 jeweils zu § 36).
Vorliegend kann nach Auffassung des Senats es ausnahmsweise dahin gestellt sein lassen, ob durch eine wirksame Klagezustellung, von der das AG Lampertheim ausweislich seines Aktenvermerks vom 15.3.2012 (Bl. 41 d.A.) ausgegangen ist, eine Rechtshängigkeit der Rechtssache eingetreten ist. Dies erscheint vorliegend im Hinblick auf die Mitteilung der Deutschen Post vom 16.12.2011 (Bl. 21 d.A.) zweifelhaft. Immerhin sah sich der amtierende Amt...