Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine gemeinsame Sorge bei fortgesetztem, destruktivem Elternstreit

 

Normenkette

BGB § 1626a Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Beschluss vom 05.07.2013; Aktenzeichen 542 F 2581/11 SO)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Kassel - Familiengericht - vom 5.7.2013 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Eltern des am ... 2008 geborenen Kindes X. Als das Kind zur Welt kam, hatten sich die nicht miteinander verheirateten Eltern nach einer etwa einjährigen Beziehung bereits getrennt. In der Folgezeit erkannte der Antragsteller die Vaterschaft gegenüber dem Jugendamt an. Zur Abgabe einer Sorgeerklärung war die Antragsgegnerin nicht bereit. Das Kind lebt seit seiner Geburt im Haushalt seiner Mutter. An jedem zweiten Wochenende hat es Umgang mit seinem Vater.

Der Antragsteller möchte im vorliegenden Verfahren erreichen, dass die elterliche Sorge auf ihn und die Antragsgegnerin gemeinsam übertragen wird. Dies hat er in erster Instanz damit begründet, dass er in bedeutsamen Angelegenheiten elterliche Verantwortung übernehmen möchte; außerdem müsse sichergestellt werden, dass er sich um das Kind kümmern könne, wenn die Antragsgegnerin, wie in der Vergangenheit wiederholt geschehen, zu dessen Betreuung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei.

Die Antragsgegnerin befürwortet zwar den regelmäßigen Umgang des Kindes mit dem Antragsteller. Ein gemeinsames Sorgerecht hat sie jedoch abgelehnt, weil das Verhältnis zwischen ihr und dem Antragsteller tiefgreifend gestört sei, Gespräche zwischen ihnen stets im Streit endeten und eine Verständigung über Belange des Kindes nicht erzielt werden könne.

Im Übrigen wird zur Darstellung des Sachverhalts auf die Ausführungen im Beschluss des Familiengerichts vom 5.7.2013 (Bl. 108 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Familiengericht hat den Antragsteller und die Antragsgegnerin angehört sowie schriftliche und mündliche Berichte des Jugendamts und des Verfahrensbeistands des Kindes eingeholt.

Durch Beschluss vom 5.7.2013 hat das Familiengericht den Antrag des Antragstellers, ihm und der Antragsgegnerin die elterliche Sorge für X gemeinsam zu übertragen, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Obwohl an der Erziehungsfähigkeit des Antragstellers keine Zweifel bestünden, widerspreche die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl, weil sich in der Vergangenheit gezeigt habe, dass es den Eltern unmöglich sei, über die Belange des Kindes miteinander zu kommunizieren. Auf die Gründe, aus denen die Antragsgegnerin eine Kooperation mit dem Antragsteller ablehne, und deren Nachvollziehbarkeit komme es bei der ausschließlich am Kindeswohl orientierten Prüfung nicht an. Eine gegen den Willen der Antragsgegnerin erzwungene gemeinsame Sorge würde wegen der zu erwartenden Konflikte erhebliche Belastungen für das Kind mit sich bringen, die es zu vermeiden gelte. Da der Gesundheitszustand der Antragsgegnerin seit längerem stabil sei, stehe nicht zu befürchten, dass sie die elterliche Sorge tatsächlich nicht ausüben könne.

Der Antragsteller hat gegen den ihm am 12.7.2013 zugestellten Beschluss am 12.8.2013 Beschwerde eingelegt, mit der er seinen Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge weiterverfolgt. Er meint, dass es nicht in das Belieben der Mutter eines nichtehelichen Kindes gestellt werden könne, die Mitsorgeberechtigung des Vaters dadurch zu unterlaufen, dass sie diesem gegenüber eine unkooperative Haltung einnimmt.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 Abs. 1, 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG).

In der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat es das Familiengericht abgelehnt, die elterliche Sorge für X dem Antragsteller und der Antragsgegnerin gemeinsam zu übertragen.

Gemäß § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB in der seit dem 19.5.2013 geltenden Fassung ist die elterliche Sorge den nicht miteinander verheirateten Eltern gemeinsam zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Vorliegend wäre jedoch, wie das Familiengericht zutreffend angenommen hat, die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts durch den Antragsteller und die Antragsgegnerin mit dem Wohl des betroffenen Kindes unvereinbar.

Im Rahmen der von § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB geforderten negativen Kindeswohlprüfung ist insbesondere zu klären, ob die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl deshalb widerspricht, weil die Eltern nicht über die hierfür erforderliche Kooperationsfähigkeit oder Kooperationsbereitschaft verfügen (Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern, BT-Drucks. 17/11048, 17). Nach der Rechtsprechung des BVerfG setz...

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