Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Erbschein
Leitsatz (redaktionell)
Durch notariellen Erbauseinandersetzungsvertag kann sich die Richtigkeit des Erbscheins einschließlich der in ihm ausgewiesenem Erfolge anerkannt und auf Rechtsmittel gegen den Erbschein sowie auf Erbscheinsherausgabeklage wirksam verzichtet werden.
Normenkette
BGB § 2353
Verfahrensgang
LG Marburg (Beschluss vom 30.06.1989; Aktenzeichen 3 T 60/89) |
AG Biedenkopf (Aktenzeichen VI 101/73) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 4) und 5) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Beschwerdewert: 800.000,– DM.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Der vom Beteiligten zu 1) gestellte Erbscheinsantrag widerspricht der materiellen Rechtslage.
Der Erbschein ist ein Zeugnis über erbrechtliche Verhältnisse, an der Erbfolge selbst ändert er sachlich nichts (Palandt-Edenhofer, BGB, 48. Aufl., Überblick vor § 2353 Bem. 4 m.w.N.). Da er bekunden soll, wer Erbe ist und welchen Beschränkungen der Erbe unterliegt, darf er der Rechtslage nicht widersprechen.
Die Rechtslage zur Zeit des Erbfalls ist von allen am Nachlaß beteiligten Personen im notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag vom 20.3.1976 derart klargestellt worden, daß sie dem entspricht, was der – inzwischen eingezogene – Erbschein vom 22.8.1973 als Rechtslage wiedergibt. Danach besteht keine im Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) angenommene Vor- und Nacherbschaft.
Diese Vereinbarung vom 20.3.1976, die vormundschaftsgerichtlich genehmigt worden ist und deren Genehmigung auch den Beteiligten mitgeteilt worden ist, ist wirksam. Die Beteiligten haben sich auf eine bestimmte Auslegung des Testaments festgelegt. Erkennbares Ziel dieser Vereinbarung war, die Rechtslage abschließend zu klären und dadurch künftigem Streit zu entziehen. Die in der erforderlichen notariellen Form erfolgte Einigung enthält eine mögliche – vom Nachlaßgericht im erteilten Erbschein sogar für richtig gehaltene – Auslegung des Testaments, dessen Wortlaut entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1) nicht zur Auslegung im Sinne der von ihm angenommenen Vor- und Nacherbschaft zwingt. Alle Umstände sprechen dafür, daß damit die Auslegung des Testaments zwischen den Beteiligten festgelegt werden sollte. Damit ist sie verbindlich, auch wenn der Beteiligte zu 1) das Testament inzwischen in einem anderen Sinne verstanden wissen will (vgl. BGH in NJW 1986. 1812).
Entgegen der Ansicht des Beteiligten zu 1) haben die Vertragsbeteiligten nicht nur die „Richtigkeit des Erbscheins”, sondern die Richtigkeit der in ihm ausgewiesenen Erbfolge anerkannt und gleichzeitig auf Rechtsmittel gegen den Erbschein und auf eine Erbscheinsherausgabeklage verzichtet. Die bloße Anerkennung des Erbscheins als solchem ohne gleichzeitige Anerkennung der in ihm genannten Rechtslage könnte im übrigen auch deshalb von den Beteiligten nicht gewollt gewesen sein, weil sie das Nachlaßgericht nicht daran hätte hindern können, den Erbschein gleichwohl einzuziehen, wie dies inzwischen auch erfolgt ist; Beteiligte können auch keine Vereinbarung darüber treffen, wie ein Erbschein auszusehen hat (vgl. OLG Stuttgart, OLGZ 1984.131 m.w.N.). Da danach die notarielle Vereinbarung vom 20.3.1976 nicht schon dem Antrag auf Erteilung eines neuen Erbscheins, sondern nur der Erteilung des Erbscheins mit dem vom Beteiligten zu 1) beantragten Inhalt entgegensteht, durfte der Erbscheinsantrag nicht, wie dies nach den Gründen, nicht aber nach dem Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses geschehen ist, als unzulässig zurückgewiesen werden; er ist unbegründet. Dies hat das Landgericht bereits richtiggestellt.
Nach alledem war die weitere Beschwerde zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.
Unterschriften
Dr. Pentz, Piorreck, Ruhl
Fundstellen
Haufe-Index 940077 |
OLGZ 1990, 15 |