Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingeschränkte Prozesskostenhilfe für Klage auf Trennungsunterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Berechnung des Trennungsunterhalts kann für ersparte Unterkunftskosten ein fiktives Einkommen dann angerechnet werden, wenn es sich der Sache nach nicht um eine unentgeltliche Zuwendung, sondern um eine Vergütung für erbrachte Leistungen handelt.

2. Der objektive Wohnwert des in der Wohnung zurückgelassenen Ehepartners ist unter dem Gesichtspunkt der aufgedrängten Bereicherung nicht berücksichtigungsfähig, lediglich der subjektive Wohnwert (ersparte Miete für eine dem Einkommen entsprechende angemessene Wohnung) kann berücksichtigt werden.

3. Nach § 121 Abs. 3 ZPO darf der Partei im Rahmen der Prozesskostenhilfe ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine Mehrkosten entstehen.

 

Normenkette

BGB § 1361 Abs. 2; ZPO §§ 114, 121 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Biedenkopf (Aktenzeichen 32 F 811/05 UE)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Biedenkopf wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das AG der Klägerin für ihre Klage auf Trennungsunterhalt insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt, als ein monatlicher Unterhalt i.H.v. 267 EUR geltend gemacht wird. Wegen ihrer weiter gehenden Klage, gerichtet auf insgesamt monatlich 837 EUR hat es den Antrag zurückgewiesen. Im Umfang der Bewilligung ist der Klägerin ihre Prozessbevollmächtigte beigeordnet worden, jedoch nur zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines am Sitz des Prozessgerichts zugelassenen Rechtsanwalts.

Gegen beides, nämlich die Beschränkung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf einen Teil der Klageforderung und die kostenrechtliche Beschränkung richtet sich die Beschwerde, der das AG mit Beschluss vom 13.2.2006 mit weiterer Begründung nicht abgeholfen hat.

Die Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig. Hinsichtlich der gebührenrechtlichen Beschränkung der Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten kann dies zweifelhaft sein, da die Partei gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 selbst nicht auf etwaige nicht erstattungsfähige Reisekosten in Anspruch genommen werden kann und demgemäss nicht unmittelbar beschwert ist. Indes kommt in Betracht, dass bei einer späteren Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine Ratenzahlungsanordnung erfolgen kann mit der weiteren Folge, dass sie dann auch auf die weiter gehenden Wahlanwaltskosten in Anspruch genommen werden könnte (§ 50 RVG). Dies kann jedoch auf sich beruhen, da in jedem Fall die Prozessbevollmächtigte selbst gegen die Beschränkung ihrer Beiordnung beschwerdebefugt wäre und ihre Beschwerde damit insoweit als im eigenen Namen eingelegt zu verstehen wäre.

In der Sache hat die Beschwerde in beiden Punkten keinen Erfolg.

Die Klägerin beanstandet, dass ihr das AG ein fiktives Einkommen von 400 EUR monatlich zugerechnet hat und trägt dazu vor, dass ihr dies trotz der von ihr entfalteten Bemühungen in gebotenem Umfang nicht gelungen wäre. In diesem Punkt hat möglicherweise das AG die Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit der Klägerin als getrennt lebende Ehefrau überspannt. Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB kann nach der dort anzustellenden Billigkeitsprüfung in der Regel dem getrennt lebenden Ehegatten, der bis zur Trennung in der Ehe nicht erwerbstätig war, nicht unmittelbar nach der Trennung die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit angesonnen werden. Üblicherweise wird dies dahin konkretisiert, dass für den nicht erwerbstätigen unterhaltsberechtigten Ehegatten eine Schutzfrist zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zugebilligt wird, die im Regelfall auf ein Jahr bemessen wird und je nach den besonderen Umständen des Falles kürzer oder länger sein kann.

In Betracht kommt allerdings, dass der Klägerin anstelle der fiktiven Erträgnisse aus einer tatsächlich nicht ausgeübten Erwerbstätigkeit jedenfalls für die Zeit, in der sie in dem Haushalt ihrer Mutter Unterkunft gefunden hat, also bis Dezember 2005, ein fiktives Einkommen für ersparte Unterkunftskosten angerechnet wird. Zwar ist in der Regel die kostenlose Wohnungsgewährung eines nahen Angehörigen nicht als Einkommen zu bewerten, da es sich in diesen Fällen regelmäßig um eine unentgeltliche Zuwendung Dritter handelt, die nach ihrer maßgebenden Leistungsbestimmung nur dem Empfänger, nicht dem Unterhaltsgegner zukommen soll. Eine andere Beurteilung ist jedoch angezeigt, wenn es sich der Sache nach nicht um eine unentgeltliche Zuwendung, sondern um eine Vergütung für erbrachte Leistungen, insb. Haushaltsführung oder - wie möglicherweise hier - Pflegeleistungen handelt. Nach dem Vortrag der Klägerin hat ihre Mutter ihr für die kostenlose Unterkunft Dienstleistungen abgefordert, die sie auch erbracht hat. Danach wäre die Wohnungsgewährung nicht als Zuwendung, sondern als Entgelt zu ...

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