Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbrecht der deutschen Ehefrau nach ägyptischem Ehemann
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmung des ägyptischen Erbrechts, dass beim Tod eines Ehegatten eine Ehefrau weniger erbt als ein Ehemann, kann einen Verstoß gegen den deutschen ordre public darstellen.
2. Die Bestimmung des ägyptischen Erbrechts, dass die Religionsverschiedenheit der Ehegatten (hier: muslimischer Ehemann und christliche Ehefrau) ein Erbhindernis darstellt, kann ebenfalls einen Verstoß gegen den deutschen ordre public darstellen.
3. Auch wenn die Eheleute in Paris ihren Lebensmittelpunkt hatten, stellt es für die Anwendung des deutschen ordre public einen hinreichenden Inlandsbezug dar, wenn die Ehefrau deutsche Staatsangehörige ist und es um einen Teilerbschein hinsichtlich des in Deutschland befindlichen Vermögens geht.
Normenkette
BGB § 2369; BGBEG Art. 6, 25
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.11.2009; Aktenzeichen 2/9 T 63/09) |
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 03.12.2008; Aktenzeichen 51 VI 1010 M) |
Tenor
Die weiteren Beschwerden werden auf Kosten der Beteiligten zu 1) - 4) zurückgewiesen.
Geschäftswert: für beide Beschwerden jeweils 1.000.000,- Euro, für den Beschluss jedoch nur 1.000.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) bis 4) und der Beteiligte zu 6) sind die in Ägypten lebenden Geschwister des ägyptischen Erblassers. Der Erblasser ist am ... 2007 in Paris, wo er seine deutsche Ehefrau, die Beteiligte zu 5), am ... 1980 geheiratet und letztlich bis zu seinem Tod mit ihr gelebt hat, kinderlos verstorben. Die Eltern des Erblassers sind vorverstorben. Eine Verfügung von Todes wegen hat der Erblasser nicht hinterlassen. Der Erblasser war Muslim, die Beteiligte zu 5) ist Christin. Der in Deutschland befindliche Nachlass beträgt 2.000.000 EUR.
Die Beteiligte zu 5) hat einen gegenständlich beschränkten Teilerbschein beantragt, der sie als Erbin i.H.v. 50 % des in Deutschland befindlichen beweglichen Vermögens ausweist.
Die Beteiligten zu 1) bis 4) sind dem entgegengetreten. Sie haben unter Vorlage der Heiratsurkunde vorgebracht, das Erbrecht sei wegen des geschlossenen Ehevertrags ausgeschlossen. Der Erblasser und seine Ehefrau hätten für ihre Ehe und das Erbrecht ägyptisches Recht gewählt. Die Beteiligte zu 5) habe sich damit ägyptischem Recht unterworfen. Der deutsche ordre public könne schon deswegen nicht gelten. Sie sind der Ansicht, dass das ägyptische Erbrecht nicht durch den deutschen ordre public zu korrigieren sei, so dass den Geschwistern das gesamte Erbe zustehe.
Das AG hat durch Beschluss vom 3.12.2008 angekündigt, dem Erbscheinsantrag der Ehefrau stattgeben zu wollen (Bl. 120a ff. d.A.).
Dagegen haben die Beteiligten zu 1) bis 4) Beschwerde eingelegt. Sie haben darauf hingewiesen, dass auch der muslimische Ehemann nicht erbe, wenn seine christliche Ehefrau vorversterbe. Sie haben ihrerseits einen Antrag auf Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins vorgelegt, der die drei Brüder zu Erben jeweils zu ½ und die beiden Schwestern zu je 1/8 ausweist. Diesen Antrag hat das AG durch Beschluss vom 15.1.2009 unter Verweisung auf den hinsichtlich des Erbscheinsantrags der Ehefrau ergangenen Beschlusses vom 3.12.2008 zurückgewiesen (Bl. 153/154), wogegen die Beteiligten zu 1) bis 4) ebenfalls Beschwerde eingelegt haben.
Durch Beschluss vom 5.11.2009 (Bl. 169 ff.. d.A.) hat das LG die Beschwerde gegen den Beschluss vom 3.12.2008 zurückgewiesen. Durch weiteren Beschluss vom 5.11.2009 hat das LG auch die Beschwerde gegen den den Erbscheinsantrag zurückweisenden Beschluss des AG vom 12.1.2009 zurückgewiesen (Bl. 180 ff.).
Gegen beide Beschlüsse des LG haben die Beteiligte zu 1) - 4) jeweils weitere Beschwerde eingelegt (Bl. 204 u. Bl. 205 d.A.). Sie halten an ihrem Begehren fest und rügen beide Beschlüsse seien fehlerhaft ergangen.
Die Beteiligte zu 5) verteidigt die angefochtenen Beschlüsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgenannten Beschlüsse sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen verwiesen.
II. Die weitere Beschwerden der Beteiligten zu 1) - 4) sind zulässig (§§ 27, 29 I, IV, 21 FGG). Die Rechtsmittel haben in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Beschlüsse des LG halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Nachlassgerichts ist gegeben (§ 2369 Abs. 1 BGB). Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass für die Erbfolge ägyptisches Recht maßgeblich ist, da der Erblasser zur Zeit seines Todes ägyptischer Staatsangehöriger war (Art. 25 Abs. 1 EGBGB) und das ägyptische Recht in seinen Kollisionsnormen die Verweisung uneingeschränkt annimmt (Art. 19 ägypt. ZGB; Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Ägypten, Grdz C Rz. 9; OLG Hamm, ZEV 2005, 436 ff. mit Anm. von Lorenz).
Nach ägyptischem Recht entsteht aufgrund der Ehe ein gesetzliches Erbrecht gegenüber dem Ehepartner (Art. 7 des Gesetzes Nr. 77/1943). Bei kinderlosen Ehepaaren beträgt der Erbteil des Eheman...