Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der "Angelegenheit" im Rahmen der Beratungshilfe
Verfahrensgang
LG Hanau (Beschluss vom 08.06.2015; Aktenzeichen 3 T 9/15) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Rechtspflegerin beim AG Hanau bewilligte Frau A (im Folgenden: Rechtssuchende) am 02.06.2014 unter dem dortigen Aktenzeichen 1 Beratungshilfe für die Angelegenheit "Urheberrecht B". Mit einem Anwaltsschreiben vom 29.04.2014 (Bl. 21 ff. d.A.) war die Rechtssuchende wegen behaupteter Verbreitung eines Musiktitels von ihrem Internetanschluss in einer Tauschbörse (so genanntes "Filesharing") zur Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz in Höhe von insgesamt 547,56 EUR sowie zur Abgabe einer vorformulierten strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert worden. Der Vorwurf bezog sich auf eine Verletzungshandlung am 22.02.2014.
Der Rechtssuchenden wurde von dem AG unter dem dortigen Aktenzechen 2 ebenfalls unter dem 02.06.2014 ein weiterer Beratungshilfeschein für die Angelegenheit "Urheberrecht C" erteilt. Jenem Antrag lag eine Abmahnung vom 06.05.2014 durch eine andere Anwaltskanzlei für eine andere Rechteinhaberin wegen der behaupteten Verbreitung eines Films ebenfalls durch Filesharing über den Internetanschluss der Rechtssuchenden am 05.03.2014 zugrunde.
Die Rechtsuchende beauftragte die Beteiligten zu 1) mit ihrer Vertretung in beiden Fällen. Diese gaben mit weitgehend inhaltsgleichen Schriftsätzen vom 10.06.2014 für die Rechtssuchende jeweils modifizierte Unterlassungserklärungen ab und traten zugleich dem geltend gemachten Zahlungsanspruch entgegen. Wegen des Inhaltes der Erklärung, welche die Verbreitung des Musiktitels betrifft, wird auf Bl. 30 Rs., Bl. 31 d.A. Bezug genommen.
Die Beteiligten zu 1) haben mit ausführlich begründetem Schriftsatz vom 10.06.2014 (Bl. 6 ff.) unter Beifügung eines Formularantrages (Bl. 32 d.A.) vom selben Tage für die beim AG unter dem Aktenzeichen 1 geführte Angelegenheit ("Urheberrecht B") die Festsetzung einer Vergütung aus der Staatskasse in Höhe von insgesamt 303,45 EUR beantragt, die sich neben einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG in Höhe von 85,00 EUR aus einer Einigungs- und Erledigungsgebühr nach Nr. 2508 VV RVG in Höhe von 150,00 EUR, einer Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR sowie der Umsatzsteuer in Höhe von 48,45 EUR zusammensetzt.
Mit inhaltlich gleichlautendem Antrag haben sie auch unter dem amtsgerichtlichen Aktenzeichen 2 ("Urheberrecht C") Festsetzung einer weiteren Vergütung aus der Staatskasse in gleicher Höhe beantragt.
Mit einem Beschluss vom 08.08.2014 (Bl. 44 d.A.) hat die Urkundsbeamtin beim AG über beide Festsetzungsanträge entscheiden und den Auszahlungsbetrag auf insgesamt 121,38 EUR festgesetzt. Sie hat ausgeführt, dass es sich trotz mehrerer Gegenstände um eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne gehandelt habe. In beiden Verfahren sei Beratungshilfe in einer Angelegenheit "Urheberrecht" gewährt und es seien identische Schriftsätze unter dem 10.06.2014 gefertigt worden. Zudem könne unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Nichtannahmebeschluss vom 30.05.2011, Az. 1 BvR 3151/10, im Folgenden zitiert nach juris) in urheberrechtlichen Abmahnungsfällen die Beratungshilfe auf einen ersten Fall beschränkt werden, da für alle weiteren Fälle eine Selbsthilfe zuzumuten sei.
Die Beteiligten zu 1) haben sich mit Schriftsatz vom 13.08.2014 (Bl. 48 ff. d.A.) beim AG gegen den vorgenannten Beschluss gewandt und ausgeführt, sie gingen davon aus, dass in der Angelegenheit 1 ("Urheberrecht B") die Festsetzung einer Vergütung aus der Staatskasse versagt worden sei, während in der zweiten Angelegenheit eine reduzierte Vergütung festgesetzt worden sei. In beiden Fälle werde daher Erinnerung eingelegt.
Der Richter am AG hat in dem Verfahren mit dem dortigen Aktenzeichen 1 mit Beschluss vom 07.10.2014 (Bl. 68 d.A.), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, die Erinnerung betreffend die vollständig versagte Vergütung zurückgewiesen. Er hat mit gesondertem Beschluss über die Erinnerung entschieden, mit der sich die Beteiligten zu 1) gegen die Absetzung auf ihren weiteren Festsetzungsantrag wenden. Letztere Entscheidung unter dem Aktenzeichen 2 des AG war Gegenstand des Beschwerdeverfahrens mit dem Aktenzeichen Y des LG und des Verfahrens der weiteren Beschwerde mit dem Aktenzeichen X des Oberlandesgerichts, in welchem der Senat unter demselben Datum wie vorliegend ebenfalls eine Entscheidung getroffen hat.
Der Richter am AG hat in dem eingangs bezeichneten Beschluss in Übereinstimmung mit der Urkundsbeamtin ausgeführt, dass die anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit beiden Abmahnungen nur eine Angelegenheit im vergütungsrechtlichen Sinne darstelle. Zur Bestimmung des Begriffs der Angelegenheit im BerHG seien die §§ 15 ff. RVG heranzuziehe...