Leitsatz (amtlich)
Die Unpfändbarkeit des Herausgabeanspruchs in Bezug auf Schuldverschreibungen ergibt sich weder aus § 851 ZPO noch aus anderen Gründen. Insbesondere stellt sich die Pfändung dieses Anspruchs nicht als rechtsmissbräuchlich dar.
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 82 M 15801/06) |
Gründe
I.
Der Gläubiger ist Inhaber von Staatsanleihen der Schuldnerin, die sich in den Anleihebedingungen unter anderem der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen (§ 11 Nr. 3) und auf Immunität verzichtet hat (§ 11 Nr. 4).
Da eine Rückzahlung der Anleihe bei Fälligkeit nicht erfolgte, wurde Land A durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 07.09.2004 (Az.: 2/21 O 55/04) verurteilt, drei Geldbeträge (112.995,51 EUR, 10.481,48 EUR und 6.495,96 EUR), jeweils nebst Zinsen Zug um Zug gegen Aushändigung im Einzelnen bezeichneter Inhaberteilschuldverschreibungen und Zinsscheine an den Gläubiger zu zahlen. Der Tenor des landgerichtlichen Urteils wurde hinsichtlich des Betrages von 6.495,96 EUR mit Beschluss vom 19.07.2005 dahingehend berichtigt, dass die Zahlung nur Zug um Zug gegen Herausgabe von vier Zinsscheinen Nr. 7 statt vier Zinsscheinen Nr. 6 zu erfolgen hatte. Nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 14.06.2006 hat die Schuldnerin einen Betrag von 3.168,- EUR an den Gläubiger zu erstatten.
Auf Antrag des Gläubigers erließ das Amtsgericht Frankfurt am Main am 29.08.2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem wegen des titulierten Kostenerstattungsanspruches Forderungen der Schuldnerin gegen die Rechtsanwälte RA1 gepfändet wurden; die Drittschuldnerin wurde angewiesen, den entsprechenden Betrag zu hinterlegen. Wegen des Inhalts des Pfändungsbeschlusses im Übrigen wird auf Bl. 13 ff d.A. Bezug genommen. Die Erinnerung der Schuldnerin, mit der sie eine Reihe von Einwendungen erhob - wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 10.11.2006 verwiesen (Bl. 24 ff d.A.) -, wurde mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie die im Erinnerungsverfahren erhobenen Einwände wiederholt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und gemäß § 569 Abs. 1 und 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden; sie ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Schuldnerin zu Recht zurückgewiesen, da die von ihr erhobenen Einwände der Zwangsvollstreckung nicht entgegenstehen. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist eine von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage im Ergebnis nicht geboten.
Die von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfassten (vermeintlichen) Forderungen der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin sind in ausreichendem Maße bestimmt. Die den Gegenstand der Vollstreckungsmaßnahme bildende Forderung ist so bestimmt zu bezeichnen, dass sie von anderen unterschieden werden kann und die Feststellung ihrer Identität gesichert ist, dass mithin unzweifelhaft feststeht, welche konkrete Forderung Gegenstand des Pfändungszugriffs sein soll. Das kann in der verschiedensten Weise geschehen und erfordert nicht, dass die Forderung rechtlich richtig gekennzeichnet wird; eine weitergehende Spezifizierung durch Angabe der Entstehungszeit, der Fälligkeit oder der Höhe der Forderung ist grundsätzlich entbehrlich (vgl. Stöber, a.a.O. Rz. 497 ff). Als ausreichend angesehen wurde etwa die Formulierung "Forderung auf Zahlung von Entgelt aus Arbeitsvertrag, Werkvertrag und/oder selbständiger Tätigkeit" (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 1998, 53) bzw. die Formulierung "Forderungen aus der Arbeitsgemeinschaft Internat K", und zwar für alle Forderungen auf dasjenige, was auch der Arbeitsgemeinschaft noch zu erwarten war (vgl. BGH, MDR 1961, 408). Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann die Bestimmtheit der zu pfändenden Forderungen nicht verneint werden. Der Gläubiger begehrt die Überweisung von Forderungen, die ihre Grundlage in dem bestehenden Vertragsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Drittschuldnerin haben können. Der Gläubiger hat den Entstehungsgrund möglicher Forderungen so genau beschrieben, dass jedenfalls festgestellt werden kann, welche konkrete Forderung Gegenstand des Pfändungszugriffs sein soll. Es handelt sich nämlich Herausgabeansprüche gemäß §§ 675, 667 BGB bzw. mögliche Schadensersatzansprüche wegen Schlecht-/Nichterfüllung vertraglicher Pflichten; ob solche Ansprüche tatsächlich bestehen, ist nicht im Vollstreckungsverfahren zu prüfen.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil er eine unpfändbare Forderung erfasst. Die Unpfändbarkeit des Herausgabeanspruch hinsichtlich der Schuldverschreibungen ergibt sich weder aus § 851 ZPO, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift ersichtlich nicht vorliegen, noch aus anderen Gründen. Insbesondere stellt sich die Pfändung dieses Anspruches nicht als rechtsmissbr...