Normenkette

ZPO § 3; GKG § 16

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 2 O 322/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts K. gegen den Streitwert-Festsetzungsbeschluss des LG Darmstadt vom 15.3.2002 i.d.F. des Nichtabhilfebeschlusses vom 23.5.2002 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die sofortige Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Die Parteien waren miteinander verheiratet. Mit notariellem Vertrag vom 18.2.1991 vereinbarten sie u.a., dass der Beklagten und den gemeinsamen Kindern ein Wohnrecht in dem dem Kläger gehörenden Einfamilienhaus zustehen sollte, und zwar bis zum 21. Geburtstag des jüngsten ihrer Kinder (im Jahre 2010). Eine Eintragung ins Grundbuch erfolgte nicht.

Die Ehe wurde später geschieden. Im Jahr 2001 kaufte die Beklagte sich ein eigenes Haus und bezog es mit ihren Kindern. Das Haus des Klägers steht seitdem leer.

Der Kläger hat die Beklagte auf Feststellung dessen in Anspruch genommen, dass ein Wohnrecht zu ihren Gunsten nicht mehr bestehe. Das LG hat den Streitwert auf das 12-fache des monatlich erzielbaren Mietzinses, vermindert um einen Abschlag von 20 %, festgesetzt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde.

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Kammer hat der Streitwertfestsetzung zu Recht §§ 3 ZPO, 16 GKG zu Grunde gelegt.

a) Der Wert des Wohnrechts ist nicht (so aber: Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 60. Aufl. 2002, Anh. § 3 ZPO Rz. 140) nach § 7 ZPO auf die Wertdifferenz festzusetzen, wie sie sich aus dem Vergleich des Grundstückswertes mit und ohne Belastung durch eine Grunddienstbarkeit ergibt. Schon allgemein stellt ein Wohnrecht nach § 1093 BGB keine Grunddienstbarkeit dar, vielmehr eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit. Erst recht ist die Anwendung des § 7 ZPO dann ausgeschlossen, wenn das Recht überhaupt nicht als dingliches Recht entstand, weil es nicht zu einer Wahrung im Grundbuch kam.

b) Auch § 16 GKG ist nicht unmittelbar anzuwenden, denn das ohne Gegenleistung gewährte Wohnrecht ist kein dem Miet- oder Pachtverhältnis „ähnliches Nutzungsverhältnis”.

c) Ist eine konkrete, ausdrückliche Regelung vom Gesetz nicht getroffen, so ist der Streitwert nach § 3 ZPO zu schätzen. Hier allerdings – wie die Kammer zu Recht hervorgehoben hat – ist der Rechtsgedanke des § 16 Abs. 1 GKG zu berücksichtigen. Das Wohnrecht ersetzt für die Partei, die nicht über Wohneigentum verfügt, die sonst notwendige Anmietung von Wohnraum. Wird das Wohnrecht durch den Eigentümer bestritten, dann ist sie in derselben Lage wie die Mieterin, ggü. der der Vermieter den Bestand oder die Dauer des Mietverhältnisses in Frage stellt – kann der Eigentümer bzw. Vermieter seinen Standpunkt durchsetzen, dann ist die Inhaberin des Wohnrechts wie die Mieterin ohne Wohnraum. Der die Regelung des § 16 GKG tragende soziale Schutzgedanke gilt hier wie dort in gleicher Weise (i.E. ebenso OLG Naumburg v. 6.4.2000 – 13 W 14/00, OLGReport Naumburg 2001, 131 f.).

d) Zutreffend hat die Kammer bei Berechnung des konkreten Nutzungswertes auf die Angaben des Klägers abgestellt. Der Mietwert von Räumen entzieht sich einer exakten rechnerischen Feststellung; ein im engeren Sinne „wahres Interesse” lässt sich nicht bestimmen. Von daher liegt es am nächsten, dort, wo der Kläger sein Interesse nachvollziehbar formuliert hat, seine Wertangaben als wichtigsten Anhaltspunkt für die Streitwertbemessung zu behandeln.

e) Schließlich hat das LG auch zu Recht einen „Festsetzungsabschlag” von 20 % berücksichtigt. Wie es treffend hervorgehoben hat, hätte der Kläger auch mit einem positiven Urteil sein Besitzergreifungsinteresse nicht unmittelbar durchsetzen können.

3. Der Ausspruch über die Kosten folgt aus § 25 Abs. 4 GKG.

Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 74 Abs. 1 Ziff. 2, 3 ZPO).

Dr. Haberstroh

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105171

NZM 2002, 1046

OLGR Frankfurt 2002, 339

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