Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Befangenheit der Richterin durch Hinweis auf unrichtige rechtliche Bewertung einer Unterhaltsberechnung im Trennungsgeldverfahren
Normenkette
FamFG § 6 Abs. 1; ZPO § 42 Abs. 2
Tenor
Die erstinstanzlichen Daten werden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat unter dem 29. August 2019 auf Trennungsunterhalt in Höhe von 450 EUR angetragen. Sie betreut nach Trennung der Eheleute die stark sehbehinderte gemeinsame Tochter X, die in Pflegegrad III eingestuft ist. Dafür erhält sie monatlich 554 EUR Pflegegeld. Die Antragstellerin hat bei der Unterhaltsberechnung ein Gehalt in Höhe von 1.100 EUR miteingestellt, berufsbedingte Aufwendungen in Abzug gebracht und mietfreiem Wohnen die Raten für Hausdarlehen gegenübergestellt. Bei Berücksichtigung der für den Antragsgegner zugrunde gelegten Einkünfte (2.642 EUR) und bei Berücksichtigung von 1/7 Erwerbstätigenbonus errechnete sie sich einen Unterhaltsanspruch in Höhe von 490 EUR. Dabei hat sie das Pflegegeld wie eigenes Einkommen behandelt.
Der Antragsgegner ist dem Unterhaltsantrag entgegengetreten und hat dazu u.a. die Nettoeinkünfte der Antragstellerin als höher veranschlagt und damit streitig gestellt. Auch den von der Antragstellerin eingestellten Wohnvorteil errechnet er mit 650 EUR statt der von ihr berücksichtigten 450 EUR. Aus diesem Grund kommt der Antragsgegner bei der Berechnung des Unterhaltes für die getrenntlebende Ehefrau auf einen geringeren Betrag, er beantragt insgesamt Zurückweisung des Unterhaltsantrages. Im Verfahren ist sodann von der Antragstellerin vorgetragen worden, dass sich die Einkünfte des Antragsgegners seit dem 1. November 2019 infolge eines Arbeitsplatzwechsels erhöht hätten. Die Antragstellerin hat daraufhin auch klargestellt, dass es sich bei der Klage um einen Teilantrag handeln solle. Am 12. März 2020 teilte der Antragsgegner mit, er habe erneut die Arbeitsstelle gewechselt und verdiene nunmehr 3.136 EUR. Am 26. Mai 2020 behauptete er, er sei mittlerweile im Kurzarbeitergeldbezug, am 22. Juni 2020 teilte er zwei Tage vor dem Termin mit, er sei nunmehr gekündigt worden.
Im Verhandlungstermin am 24. Juni 2020 hat die zuständige Richterin am Amtsgericht - Direktorin des Amtsgerichts - Y darauf hingewiesen, das Pflegegeld für X "in Unterhaltsfällen nicht anzurechnen ist".
Der Antragsgegner hat die zuständige Richterin daraufhin wegen dieses Hinweises zur Nichtanrechnung des Pflegegeldes als befangen abgelehnt.
Die zuständige Richterin hat im Rahmen ihrer dienstlichen Stellungnahme darauf verwiesen, dass es sich bei der Frage der Anrechnung von Pflegegeldern um eine Rechtsfrage handelt, die nach § 13 Abs. 6 SGB XI und mit dem BGH eindeutig zu beantworten sei. Sie halte sich daher nicht für befangen. Der Antragsgegner hat nach Erhalt dieser dienstlichen Erklärung betont, das Gericht habe seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO so weit überschritten, dass nach außen hin der Eindruck einer Befangenheit habe entstehen können. Die Vorschrift des § 139 ZPO diene nicht dem Zweck, die Höhe des geltend gemachten Anspruchs zu maximieren, also der Anspruchstellerin die Möglichkeit zu geben, ihren Anspruch zu erweitern. Bei dem Antragsgegner habe der Eindruck entstehen müssen, dass Ziel des Hinweises sei, die Antragstellerin zu einer Maximierung der Anspruchshöhe zu veranlassen.
Die Antragstellerin ist dem Befangenheitsantrag entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 11. August 2020 hat das Amtsgericht den Befangenheitsantrag zurückgewiesen und dazu ausgeführt, dass ein Anhaltspunkt, aus dem ein vernünftiger Betrachter auf eine Befangenheit der Richterin habe schließen können, sich nicht aus dem Hinweis gemäß § 139 ZPO ergebe. Ersichtlich seien beide Beteiligten - rechtsirrig oder nicht - davon ausgegangen, dass bei der Unterhaltsberechnung auch das Pflegegeld für X als Einkommen der Antragstellerin anzusehen sei. Es sei die Aufgabe der Richterin gewesen, beide Beteiligte über einen etwaigen Rechtsirrtum aufzuklären, sie habe damit die Grenzen des § 139 ZPO nicht überschritten.
Mit ihrer nach Zustellung des Beschlusses am 18. August 2020 fristgerecht am 1. September 2020 eingelegten sofortigen Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, verfolgt der Antragsgegner das Ziel der Ablehnung der Richterin weiter. Es sei besonders zu berücksichtigen, dass die betroffene Richterin bereits zu Beginn der Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass das Pflegegeld nicht einkommenserhöhend auf Seiten der Antragstellerin zu betrachten sei. Gerade die frühe Äußerung der Richterin habe bei dem Antragsgegner den Eindruck erwecken müssen, sie sei in der Sache nicht unparteilich.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses zurückzuweisen.
Die Ablehnung eines ...