Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung der Anwartschaften aus den Versorgungssystemen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der Landesärztekammer Hessen im Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Weder die für die Versorgungssysteme der KÄV Hessen und LÄK Hessen unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Realteilung gem. § 1 Abs. 2 VaHRG noch das für eine VBL-Anwartschaft durchzuführende Quasisplitting gem. § 1 Abs. 3 VaHRG genießen grundsätzlichen Vorrang. Verbliebe jedoch ein schuldrechtlich auszugleichender Betrag, der nicht öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden kann (hier bezüglich einer Anwartschaft der VBL wegen Unwirtschaftlichkeit einer Begründung in der gesetzlichen Rentenversicherung), darf das Gericht die Quotierungsmethode so modifizieren, dass ein schuldrechtlich auszugleichender Rest möglichst nicht mehr verbleibt (BGH v. 20.10.1993 - XII ZB 109/91, MDR 1994, 802 = FamRZ 1994, 90 ff. [92], unter Ziff. 3b). Bei der für die Realteilung wieder vorzunehmenden Umkehrung der Umrechnung zur Dynamisierung der Versorgung der LÄK Hessen ist mit dem Barwertfaktor des Pflichtigen zu dividieren, weil nach den Richtlinien der Landesärztekammer Hessen (I Ziff. 3) - anders als in der Bayerischen Ärzteversorgung (BGH FamRZ 1988, 1254 ff.) - nicht der Barwert geteilt wird, sondern die Höhe der Realteilung durch den Ausgleich des Nominalwertes der Versorgung bestimmt wird (Beibehaltung von OLG Frankfurt v. 29.6.1988 - 1 UF 32/88, FamRZ 1989, 70 [71]; ebenso Beschl. v. 15.2.2005 - 3 UF 9/05).

 

Normenkette

VAHRG § 1 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

AG Gießen (Beschluss vom 28.06.2002; Aktenzeichen 27 F 732/01)

 

Tenor

Der angefochtene Beschl. v. 28.6.2002 wird abgeändert.

Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Landesärztekammer Hessen werden durch Realteilung zugunsten der Antragsgegnerin bei der Landesärztekammer Hessen Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 404,35 EUR (nominal), bezogen auf den 30.4.2001 begründet.

Die vom Antragsteller bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der Erweiterten Honorarverteilung erworbenen Versorgungsanwartschaften werden in der Weise real geteilt, dass der Antragsgegnerin gegen die Kassenärztliche Vereinigung Hessen aus eigenem Recht monatliche Anwartschaften i.H.v. 156,57 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30.4.2001, zustehen. Das Rechtsverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen bestimmt sich nach § 8 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung in der jeweils geltenden Fassung. Die auszugleichende Anwartschaft entspricht einem Anspruchssatz von 1,1920 Prozent.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bleiben außer Ansatz; die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Beschwerdewert: 2.238,84 EUR.

 

Gründe

Die am 4.6.1981 geschlossene Ehe der Parteien ist durch Urteil des AG Gießen vom 23.8.2001, rechtskräftig seit 23.8.2001, geschieden worden.

Im abgetrennten Verfahren hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss den Versorgungsausgleich durchgeführt und zugunsten der Antragsgegnerin monatliche Rentenanwartschaften von 286,48 EUR durch Realteilung bei der Landesärztekammer Hessen und von 190,72 EUR bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen begründet. Dabei hat es versehentlich auch eine Zusatzversorgung der Antragsgegnerin bei der VBL zugrunde gelegt, obwohl dort nur der Antragsteller eine Anwartschaft hat.

Auf die zulässigen Beschwerden der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der Landesärztekammer Hessen ist der Versorgungsausgleich wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.

Der Antragsteller hat während der Ehezeit vom 1.6.1981 bis 30.4.2001 eine volldynamische monatliche Versorgungsanwartschaft von 1.282,69 DM bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erworben.

Er hat ferner eine unverfallbare teildynamische Versorgungsanwartschaft bei der Landesärztekammer Hessen i.H.v. monatlich 3.312,50 DM bzw. jährlich 39.750 DM, die zunächst zur Vergleichbarkeit mit dynamischen Versorgungen umzurechnen ist. Die im Anwartschaftsstadium statische und im Leistungsstadium volldynamische Versorgung ist nach dem Lebensalter des Antragstellers zum Ende der Ehezeit von 44 Jahren mit dem Kapitalisierungsfaktor 3,6 gem. Tabelle 1 der BarwertVO vom 26.5.2003 zzgl. 65 % gem. § 2 Abs. 2 S. 4 BarwertVO, mithin mit 5,94 zu vervielfältigen, so dass sich ein Barwert von 236.115 DM ergibt. Dies entspricht nach Multiplikation mit 000957429 (der für das Ende der Ehezeit maßgeblichen Rechengröße) 22,6063 Entgeltpunkten, diese × 48,58 DM (aktueller Rentenwert) einer monatlichen dynamischen Rentenanwartschaft von 1.098,21 DM.

Der Antragsteller hat schließlich noch eine auf die Ehezeit bezogene, unverfallbare Anwartschaft bei der VBL i.H.v. monatlich 179,99 DM bzw. jährlich 2.159,88 DM. Der BGH hat mit Beschl. v. 7.7.2004 (BGH v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 m. Anm. Gutdeutsch = MDR 2004, 1240) inzwischen entschieden, dass die Versorgungsanrechte der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Anwartschaftsstadiu...

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