Leitsatz (amtlich)
1. Das Rechtsbeschwerdegericht ist zur selbständigen Auslegung von Bestimmungen der Teilungserklärung befugt. Die Auslegung hat nach Wortlaut und Sinn der Erklärung so zu erfolgen, wie sie sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt.
2. Zur Auslegung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung kann auch das Versammlungsprotokoll herangezogen werden. Ein allgemein formulierter Beschluss über die Untersagung einer gewerblichen Nutzung von Wohnungseinheiten kann als konkrete Einzelfallregelung dann ausgelegt werden, wenn in der Gemeinschaft nur Streit über die gewerbliche Nutzung einer bestimmten Wohnung besteht und das Versammlungsprotokoll den Willen der Wohnungseigentümer zur Klärung dieses Streits belegt.
3. Eine Bestimmung in der Teilungserklärung, wonach das gesamte Gebäude ausschließlich Wohnzwecken dient, erlaubt bei der gebührenden typisierenden Betrachtungsweise nicht die Nutzung einer Wohnung und der Außenanlage als Lager und Werkstatt für einen Elektrobetrieb.
Normenkette
WEG §§ 2, 10 Abs. 1, §§ 13, 15 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 06.01.2003; Aktenzeichen 4 T 526/2002) |
AG Idstein (Aktenzeichen 7 UR II 115/1999) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin und die Antragsgegner bilden die Eigentümergemeinschaft ... in O1. Der weitere Beteiligte war ursprünglich ebenfalls Wohnungseigentümer, ist aber inzwischen lediglich Verwalter, wie dem Senat aus dem Verfahren 20 W 270/2003 bekannt ist. Die Antragstellerin ist seit 17.7.1999 Sondereigentümerin der in der Teilungserklärung mit Nr. ... gekennzeichneten Wohnung, die Antragsgegner sind die Sondereigentümer der mit Nr. ... und ... gekennzeichneten Wohnungen. Die Voreigentümerin war die Schwiegermutter der Antragstellerin, die durch Teilungserklärung vom 3.1994 die Teilung vornahm und sich in § 4 der Teilungserklärung selbst zur Verwalterin längstens auf den Zeitraum von 5 Jahren, spätestens jedoch bis zur Aufgabe des Eigentums an der letzten ihr gehörenden Wohnung bestellte.
Die Gemeinschaftsordnung, die Bestandteil der Teilungserklärung (Bl. 13-37 d.A.) ist, enthält in § 3 Ziff. 1 die Regelung, dass das gesamte Gebäude ausschließlich zu Wohnzwecken dient. Gewerbliche Nutzung und freiberufliche Praxen sind nur mit schriftlicher Zustimmung des Verwalters zulässig. Die Zustimmung kann mit Auflagen zur Erhaltung des Wohncharakters versehen werden; ein Rechtsanspruch besteht nicht (Bl. 17 d.A.). Der Ehemann der Antragstellerin betreibt auf dem Nachbargrundstück ... ein Elektrogeschäft, dessen Zufahrt neben der Liegenschaft der Beteiligten verläuft. Die Räumlichkeiten der Sondereigentumseinheit Nr. ... nutzt der Ehemann der Antragstellerin als Lager für elektronische Teile und Teile für Elektroinstallationen. Nach dem jeweiligen Erfordernis im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit des Ehemannes werden in den Räumlichkeiten auch PC-Steuerungen zusammengebaut.
In § 3 Ziff. 2 A der Teilungserklärung sind den Sondereigentümern der Wohnungen Nr. ... hinsichtlich einer im Aufteilungsplan mit Nr. ... bezeichneten Rasenfläche und einer gepflasterten Freifläche und den Sondereigentümern der Wohnung Nr. ... hinsichtlich der im Aufteilungsplan mit Nr. ... bezeichneten Rasenfläche Sondernutzungsrechte am Garten eingeräumt zur Nutzung als Erholungs- und Ziergarten. Nach § 3 Ziff. 5 der Teilungserklärung richtet sich das Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung nach Miteigentumsanteilen. Bei Angelegenheiten, die ausschließlich die Rasenanlage betreffen, sind nur die an den Rasenanlagen Sondernutzungsberechtigten stimmberechtigt und zwar mit einer Stimme pro Rasenanlage (Bl. 19 d.A.). Die im Aufteilungsplan mit Nr. ... gekennzeichnete Rasenfläche hat die Antragstellerin fast vollständig mit Verbundsteinen pflastern lassen und nutzt sie teilweise zur Lagerung von Materialien aus dem Gewerbebetrieb.
In einer Einladung zu einer Wohnungseigentümerversammlung am 4.8.1999 (Bl. 7, 8 d.A.), zu der die Antragsgegner gerichtlich ermächtigt worden waren, heißt es:
"5. Untersagung der gewerblichen Nutzung von Wohnungseinheiten bzw. Teilen hiervon und der Außenanlage.
6. Untersagung der Nutzung von Flächen, für die Sondernutzungsrechte bestehen, zu anderen Zwecken als in der Teilungserklärung vorgeschrieben."
Zu TOP 5 und 6 wurden diese Beschlussanträge in der Eigentümerversammlung vom 4.8.1999 mit den Stimmen der Antragsgegner und gegen die Stimmen der Antragstellerin angenommen. Wegen des Protokollinhalts wird auf Bl. 41-49 d.A. Bezug genommen.
Diese Beschlüsse hat die Antragstellerin angefochten und ihren Antrag darauf gestützt, dass der zu TOP 5 gefasste Beschluss so zu verstehen sei, dass eine gewerbliche Nutzung generell untersagt werde. Darin liege aber ...