Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Nichterhebung von Gerichtskosten mangels Postulationsfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Reicht eine nicht anwaltlich vertretene Partei Klage beim Landgericht ein und nimmt sie später zurück, ist die Gerichtsgebühr entstanden.
2. Unter den Voraussetzungen des § 21 GKG kann in diesem Fall von einer Erhebung abgesehen werden.
Normenkette
GKG-KV Nr. 1211; GKG §§ 6, 21, 66
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 09.09.2020; Aktenzeichen 23 O 375/18) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 9.9.2020 wird zurückgewiesen.
Gemäß § 21 GKG werden die Gerichtskosten für die Klage vom 4.12.2018 in Form der Kostenrechnung vom 8.8.2019 nicht erhoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Kläger reichte unter dem 4.12.2018 ohne anwaltliche Vertretung vor dem Landgericht Darmstadt eine Klage über 15 Millionen EUR gegen die X AG ein. Nach Anforderung eines Vorschusses i.H.v. 167.208 EUR stellte er am 23.1.2018 Antrag auf Prozesskostenhilfe.
Das Landgericht hat die Prozesskostenhilfe unter dem 3.4.2019 abgelehnt und auf den Einspruch des Klägers der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Senat hat unter dem 12.7.2019 (.../19) die Beschwerde zurückgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger unter dem 31.7.2019 (eingegangen am 6.8.2019) die Klage zurückgenommen. Er erhielt deshalb unter dem 8.8.2019 eine Kostenrechnung über 55.736 EUR, was einer Gerichtsgebühr aus einem Streitwert von 15 Millionen EUR entspricht.
Gegen den Beschluss des Senats vom 12.7.2019 hat der Kläger weitere Rechtsbehelfe eingelegt, die sämtlich ohne Erfolg geblieben sind. Auch eine Verfassungsbeschwerde wurde unter dem 14.5.2020 zurückgewiesen.
Zwischenzeitlich erfolgte eine Pfändung in das Vermögen des Klägers wegen der Gerichtskostenrechnung, gegen die er sich mit Schreiben vom 8.7.2020 (Bl. 151 der Akte), 9.12.2020 (Bl. 235 der Akte) und 7.1.2021 (Bl. 242 der Akte) wandte. Die zuständige Richterin am Landgericht vermerkte unter dem 16.7.2020, dass sich der Kläger gegen die Gerichtskostenrechnung wende (Bl. 153 der Akte). Daraufhin hat der Kostenbeamte unter dem 20.7.2020 der Erinnerung des Klägers gegen die Kostenrechnung IV nicht abgeholfen. Dies wurde bestätigt durch das Schreiben der Bezirksrevisorin vom 20.7.2020, wonach auch ein prozessual unwirksamer Antrag die Verfahrensgebühr auslöse.
Unter dem 6.9.2020 stellte der Kläger einen neuen Antrag auf Prozesskostenhilfe, der unter dem 27.10.2020 durch das Landgericht zurückgewiesen wurde. Zuvor hatte das Landgericht mit Schreiben vom 9.9.2020 die Erinnerung des Klägers gegen die Gerichtskostenrechnung gemäß § 66 GKG zurückgewiesen (Bl. 165 der Akte).
Gegen die erneute Ablehnung der Prozesskostenhilfe hat der Kläger wiederum Einspruch eingelegt, seine Beschwerde wurde durch den Senat unter dem 20.11.2020 zurückgewiesen, weitere Rechtsbehelfe dagegen ebenfalls (.../20).
Der Kostenbeamte legte die Eingabe des Klägers vom 7.1.2021 dem Landgericht vor, mit der Bitte um Prüfung, ob diese als Beschwerde gegen den Beschluss vom 9.9.20 angesehen werden könnte. Das Landgericht hat unter dem 20.1.2021 die Akten dem Senat vorgelegt und zugleich mitgeteilt, einer eventuellen Beschwerde gegen den Beschluss vom 9.9.2020 werde nicht abgeholfen.
II. Das Schreiben des Klägers vom 7.1.2021 (Bl. 242 der Akte) ist als statthafte Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 9.9.2020 (Bl. 165 der Akte) anzusehen (§ 66 Abs. 2 GKG), mit dem dieses das als Erinnerung gemäß § 66 GKG zu wertende Schreiben des Klägers vom 10.7.2020 gegen die Kostenrechnung vom 8.8.2019 zurückgewiesen hat.
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft (§ 66 Abs. 2 GKG), die formlos und auch ohne Beteiligung eines Rechtsanwalts eingelegt werden kann und auch keinen Fristen unterliegt.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Senat hält allerdings die Anwendung des § 21 GKG für geboten und beschließt, die Gerichtskosten für die Klage nicht zu erheben.
1. Kostenrechnung vom 8.8.2019
Das Landgericht hat zutreffend die Erinnerung des Klägers gegen die Kostenrechnung zurückgewiesen.
Durch die vom Kläger eingereichte Klage über eine Forderung von 15 Mio. EUR ist eine Verfahrensgebühr fällig geworden, die sich durch die Rücknahme der Klage gemäß Nr. 1211 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG auf die in Rechnung gestellte einfache Gerichtsgebühr ermäßigt hat.
Daran ändert nichts, dass der Kläger selbst für ein Verfahren vor dem Landgericht ohne Beistand eines zugelassenen Rechtsanwalts überhaupt nicht postulationsfähig war, mithin gar keine Klage erheben konnte.
Gem. § 6 Abs. 1 GKG wird die Verfahrensgebühr gem. Nr. 1210 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG mit der Einreichung der Klageschrift fällig. Klageschrift im vorgenannten Sinn ist jedes Schriftstück, in dem die Absicht der Klageerhebung zum Ausdruck kommt (vgl. Musielak/Foerste, ZPO, § 253 Rdz. 6). Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 GKG entsteht die Ve...