Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenansatz gegen Zweitschuldner

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG ist dahin zu verstehen, dass ein Kostenansatz gegen einen anderen Kostenschuldner erst dann erfolgen darf, wenn hinsichtlich aller Entscheidungsschuldner eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint (im Ergebnis Anschluss an OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3.8.2011 - 2 W 77/10; entgegen Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 02. April 2009 - l-10 W 23/09).

2. Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG ist ein Kostenansatz gegen einen Zweitschuldner erst dann möglich, wenn die Voraussetzungen dieser Norm hinsichtlich aller Erstschuldner gegeben sind.

3. Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG (Erfolglosigkeit oder Aussichtslosigkeit der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen) sind bei einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt ist, nicht gegeben.

 

Normenkette

GKG § 22 Abs. 1 S. 1, § 29 Nr. 1, § 31 Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 3 S. 1; ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.01.2021; Aktenzeichen 2-09 T 328/20)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 31.01.2021 gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.01.2021 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren zur Entscheidung über die weitere Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit Klageschrift vom 12.07.2016 (Bl. 1 bis 3 d. A.) erhob der Kläger eine Klage auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung gegen den Beklagten zu 1. und die Beklagte zu 2. Nachdem das Amtsgericht zunächst mit Beschluss vom 17.10.2016 (Bl. 67 d. A.) beiden Beklagten für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, verurteilte es die Beklagten gemäß dem Klageantrag und bestimmte, dass die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben. Mit Beschluss vom 10.07.2018 (Bl. 116, 117 d. A.) hob das Amtsgericht die den Beklagten zu 1. betreffende Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf. Dieser ist amtsbekannt pfandlos.

Sodann hat das Amtsgericht mit Kostenrechnung vom 30.06.2020 (Vorbl. XII) Gerichtskosten in Höhe von EUR 610,10 gegen den Kläger festgesetzt. Auf die Erinnerung des Klägers vom 02.07.2020 (Bl. 126 d. A.) hat das Amtsgericht die Kostenrechnung mit Beschluss vom 10.08.2020 (Bl. 130, 131 d. A.) aufgehoben. Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 18.08.2020 (Bl. 133 d. A.) erhobene Beschwerde hat das Landgericht nach mit Beschluss vom 08.01.2021 (Bl. 143, 144 d. A.) erfolgter Übertragung auf die Kammer mit Beschluss vom 11.01.2021 (Bl. 145 bis 149 d. A.) zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen.

Mit Schriftsatz vom 14.01.2021 (Bl. 151 d. A.) hat die Beschwerdeführerin weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 11.01.2021 eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 17.02.2021 (Bl. 155, 156 d. A.) nicht abgeholfen hat.

II. 1. Die weitere Beschwerde ist zulässig, weil das Landgericht sie im angefochtenen Beschluss zugelassen hat, § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG.

2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die mit dem angefochtenen Beschluss getroffene Entscheidung des Landgerichts, die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 10.08.2020 zurückzuweisen, nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 66 Abs. 4 Satz 2 GKG.

Denn die Beschwerde ist unbegründet gewesen.

Das Amtsgericht hat die Kostenrechnung vom 30.06.2020 zu Recht auf die Erinnerung des Klägers vom 02.07.2020 aufgehoben, weil der mit der Kostenrechnung vom 30.06.2020 erfolgte Kostenansatz zu Unrecht ergangen ist.

Zwar haftet der Kläger gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG als sogenannter Veranlassungsschuldner für die Gerichtskosten.

Seiner Inanspruchnahme steht jedoch § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG entgegen. Nach dieser Regelung soll in Fällen, in denen ein Kostenschuldner aufgrund von § 29 Nr. 1 oder 2 GKG haftet (sog. Erstschuldner), die Haftung eines anderen Kostenschuldners (sog. Zweitschuldner) nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Auch wenn es sich bei § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG um eine Ordnungsvorschrift handelt, folgt aus ihr für die Staatskasse eine Amtspflicht (Toussaint/Toussaint, 51. Aufl. 2021, GKG § 31 Rnrn. 14 und 15, m. w. N.), so dass der Zweitschuldner nur bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen in Anspruch genommen werden darf.

a) § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG ist einschlägig. Mit dem Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. sind zwei Kostenschuldner vorhanden, die gemäß § 29 Nr. 1, 1. Var. GKG als Entscheidungsschuldner haften.

b) Bezüglich des Beklagten zu 1. erscheint die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen aufgrund dessen Pfandlosigkeit aussichtslos, sodass insoweit die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG gegeben sind.

Ausgehend vom Wortlaut dieser Regelung wäre damit eine Inanspruchnahme des Kläger...

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