Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweis des Umstands, dass einzige Kind zu sein, durch eidesstattliche Versicherung
Leitsatz (amtlich)
Ist im Grundbuchverfahren zum Zweck des Nachweises der Erbenstellung durch eidesstattliche Versicherung nachzuweisen, dass jemand das einzige Kind seiner Eltern ist, so ist die eidesstattliche Versicherung in erster Linie durch die Eltern bzw. den überlebenden Elternteil abzugeben. Nur wenn beide Eltern verstorben sind, kommt der Nachweis durch eidesstattliche Versicherung des Kindes selbst in Betracht.
Normenkette
GBO § 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Groß-Gerau (Verfügung vom 02.04.2019) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die angefochtene Zwischenverfügung wird abgeändert.
Zur Beseitigung des in der angefochtenen Zwischenverfügung aufgezeigten Hindernisses wird der Beteiligten aufgegeben, innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses entweder einen Erbschein oder eine in der Form des § 29 Abs. 1 GBO abgegebene eidesstattliche Versicherung des Herrn Vorname1 Nachname1 darüber, dass sie das einzige gemeinschaftliche Kind des Herrn Vorname1 Nachname1 und der verstorbenen Frau Vorname2 Nachname1, geb. Nachname2, ist, vorzulegen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Herr Vorname1 Nachname1 und seine Ehefrau Vorname2 Nachname1, geb. Nachname2 (im Folgenden: Erblasserin), ließen am 24.01.1978 ein gemeinschaftliches Testament notariell beurkunden (UR-Nr. .../1978, Notar A in Stadt1; in Akte nicht paginiert). In dem Testament setzten sich die Eheleute gegenseitig zu befreiten Vorerben ein. Nacherben des Erstversterbenden und Erben des Längstlebenden sollten die "gemeinschaftlichen Abkömmlinge" zu gleichen Teilen sein. Die Nacherbfolge sollte beim Tod des Vorerben "und, sofern gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden sind, auch bei einer Wiederverheiratung des Vorerben" eintreten.
Die Erblasserin war als Eigentümerin des oben bezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Sie verstarb am XX.XX.2007. Aufgrund des Testaments wurden daraufhin Herr Vorname1 Nachname1 als Eigentümer und ein Nacherbenvermerk eingetragen.
Herr Vorname1 Nachname1 heiratete am 30.11.2016 erneut (vgl. die Eheurkunde des Standesamts Stadt2 vom 01.02.2019; in Akte nicht paginiert).
Die Beteiligte ist Tochter des Herrn Vorname1 Nachname1 und der Erblasserin und als solche bereits in dem Testament erwähnt (vgl. auch die beglaubigte Kopie aus dem Familienbuch; in Akte nicht paginiert). Sie versicherte in notarieller Urkunde (UR-Nr. .../2018 ihres jetzigen Bevollmächtigten vom 23.05.2018) an Eides statt, der einzige gemeinschaftliche Abkömmling der Eheleute zu sein.
Die Beteiligte hat mit Schreiben vom 23.05.2018, vorgelegt mit notariellem Schriftsatz vom 15.03.2019, beantragt, das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass sie anstelle des Herrn Vorname1 Nachname1 als Nacherbin der Erblasserin als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen werde (in Akte nicht paginiert).
Mit Zwischenverfügung vom 02.04.2019 (in Akte nicht paginiert) hat das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins verlangt. Die Voraussetzungen für den Eintritt des Nacherbfalls seien in einem Erbscheinsverfahren zu prüfen, dies könne nicht Gegenstand eines Grundbuchverfahrens sein.
Hiergegen richtet sich die mit notariellem Schriftsatz vom 24.03.2020 eingereichte Beschwerde der Beteiligten (in Akte nicht paginiert). Sie meint, der Nacherbfall sei eingetreten. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs sei in öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen und ihre Berechtigung belegt. Ein Erbschein sei in entsprechender Anwendung des § 35 Abs. 3 GBO nicht erforderlich.
Mit Beschluss vom 07.04.2020 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen (in Akte nicht paginiert). Die Voraussetzungen für den Eintritt des Nacherbfalls und die Prüfung, wer die gemeinsamen Abkömmlinge seien, seien in einem Erbscheinsverfahren zu prüfen.
Der Notar hat mit Schriftsatz vom 23.07.2020 "als Notar und auch im Namen der [Beteiligten zu 2]" Beschwerde eingelegt (in Akte nicht paginiert). Der Beschwerde hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 26.08.2020 nicht abgeholfen (in Akte nicht paginiert).
II. Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 71 ff. GBO zulässig. Auch eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO ist eine der Beschwerde unterliegende Entscheidung im Sinne des § 71 Abs. 1 GBO (Senat v. 18.08.2020 - 20 W 197/20, Juris-Rn. 25; OLG München NJW-RR 2021, 42, 43; KG RNotZ 2021, 96, 97).
Die Beschwerde ist insoweit begründet, als die Zwischenverfügung zu ergänzen ist.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO sind erfüllt. Der von der Beteiligten beantragten Eintragung steht das Hindernis entgegen, dass sie nicht nachgewiesen hat, der einzige Abkömmling ihrer Eltern zu sein.
Das Grundbuch ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO zu berichtigen, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird.
Unrichtig und im Sinne der Beteiligten zu berichtigen ist das Grundbuch im vorliegenden Fall, wenn nic...