Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 10.04.1989; Aktenzeichen 5 T 1244/88)

AG Langen (Hessen) (Aktenzeichen 4 UR II 7/88)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsgegnerinnen zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 50.000,– DM.

 

Gründe

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerinnen ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluß beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung. Die Vorinstanzen haben rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Antragsgegnerinnen ihr Teileigentum nicht als Gaststätte nutzen oder nutzen lassen dürfen und die Antragsteller den – nicht verwirkten – Anspruch aus den §§ 15 III WEG, 1004 BGB nicht rechtsmißbräuchlich geltend machen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (OLG Frankfurt OLGZ 81, 156; 87, 49; Senatsbeschluß 20 W 102/88 vom 21.06.1988) und anderer Oberlandesgerichte (OLG Celle DWE 83, 59; OLG Hamm Rpfleger 78, 60; BayObLG Rpfleger 80, 348) wie auch der Literaturmeinung (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl., § 10 Rdnr. 45; Weitnauer, WEG, 7. Aufl., § 15 Rdnr. 13), daß die Teilungserklärung in Verbindung mit der Gemeinschaftsordnung und dem Aufteilungsplan Festlegungen enthalten kann, die für die Zweckbestimmung der Sondereigentumseinheiten bedeutsam sind und denen die Wirkung einer – ersten – Vereinbarung (§ 15 I WEG) zukommt. Deshalb kann jeder Wohnungseigentümer gemäß § 15 III WEG die Nutzung des Sondereigentums entsprechend der Teilungserklärung und die Unterlassung eines dieser widersprechenden Gebrauchs gemäß § 1004 BGB verlangen, der entgegen dem Vortrag der weiteren Beschwerde auch im Verfahren nach § 43.WEG geltend gemacht werden kann (Palandt-Bassenge, BGB, 49. Aufl., § 15 WEG Anm. 5).

Da die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung durch zulässige Bezugnahme im Eintragungsvermerk Inhalt des Grundbuchs sind, gelten für ihre Auslegung die für Grundbucheintragungen anzuwendenden Grundsätze. Danach ist auch für die vorliegend vom Rechtsbeschwerdegericht selbständig vorzunehmende Auslegung (OLG Zweibrücken ZMR 87, 228 m.w.N.) nicht darauf abzustellen, welche Vorstellungen der teilende Eigentümer mit dem Begriff „Laden, bestehend aus Ladenlokal und WC” verbunden hat, sondern entgegen dem Vortrag der weiteren Beschwerde auf Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (BayObLG NJW-RR 86, 317; Senatsbeschluß 20 W 102/88 vom 21.06.1988). Unter Beachtung dieser Grundsätze haben die Vorinstanzen die hier umstrittene Zweckbestimmung der Teilungserklärung zutreffend dahin ausgelegt, daß unter einem Laden, bestehend aus Ladenlokal und WC, eine Gaststätte nicht verstanden werden kann, sondern nur ein an die Ladenschlußzeiten gebundenes Verkaufsgeschäft (OLG Frankfurt MEZ 87, 54 LS; DWE 86, 64; Senatsbeschluß 20 W 102/88 vom 21.06.1988; BayObLG NJW-RR 86, 317).

Da, wie eine im Rahmen der Auslegung erforderliche Einsicht in die Grundakten (Blatt 11165, 11166 des Grundbuchs von Sprendlingen) ergeben hat, hinsichtlich der Bezeichnung des Teileigentums keine Differenzen zwischen Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung und Aufteilungsplan bestehen, liegt ein Fall nicht vor, der das OLG Stuttgart (DWE 90, 30; Rpfleger 89, 345) wegen einer Abweichung von einer Entscheidung des OLG Zweibrücken (ZMR 87, 228) zur Vorlage an den BGH veranlaßt hat. Nach einer dem Senat erteilten Auskunft des OLG Stuttgart hat der BGH im übrigen in der Sache nicht entschieden, sondern nach … Rückgabe durch den BGH das OLG Stuttgart in eigener Zuständigkeit im Sinne seines Vorlagebeschlusses. Der Senat mußte daher mit einer Entscheidung nicht länger zuwarten.

Die als vereinbart anzusehende Nutzungsbeschränkung auf einen Laden ist auch nicht etwa dadurch aufgehoben, daß die Gemeinschaftsordnung im Gegensatz zur Teilungserklärung und zum Aufteilungsplan keine Regelung der Zweckbestimmung des Teileigentums enthält. Der von der weiteren Beschwerde zitierte § 2 II der Gemeinschaftsordnung ist nicht einschlägig, da er sich mit der Verwalterzustimmung zur Gewerbeausübung in der Eigentumswohnung befaßt. Eine – stillschweigende – Abänderung der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung dadurch, daß die Wohnungseigentümer im Eigentümerversammlungen (16.06.1984, 15.05.1985, 9.10.1985, 5.08.1987) sich nur gegen die von der Gaststätte ausgehenden Belästigungen ausgesprochen haben, liegt nicht vor. Hierzu wäre eine mit Zustimmung aller Miteigentümer getroffene Vereinbarung erforderlich, die von dem Villen getragen sein müßte, eine bisher nach der Teilungserklärung nicht zulässige Nutzung nunmehr zu ermöglichen. Davon kann nicht ausgegangen werden.

Auch die weitere Feststellung der Vorinstanzen, daß der Anspruch der Antragsteller aus den §§ 15 III WEG, 1004 BGB nicht verwirkt ist und seine Geltendmachung nicht rechtsmißbräuchlich erfolgt, ist rechtlich nicht zu beanstanden (§ 242 BGB).

Schon das Amtsgericht hat zutreffend darauf hingewi...

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