Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Aktenzeichen 7 T 153/96)

AG Herborn (Aktenzeichen 6 UR II 1/95)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 04.03.1998; Aktenzeichen VIII ZB 25/97)

 

Gründe

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist vorerst begründet. Sie führt schon deswegen zur Aufhebung und Sprungzurückverweisung, weil beide Vorinstanzen die übrigen Wohnungseigentümer nicht am Verfahren beteiligt haben (§§ 43 I Nr. 1, IV Nr. 1 WEG; 27 I 2 FGG; 550, 551 Nr. 5 ZPO).

Die Antragsteller machen einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Teileigentumsräume des Antragsgegners als Gaststätte geltend (§§ 15 III WEG, 1004 BGB). In einem solchen unter § 43 I Nr. 1 WEG fallenden Verfahren sind gemäß § 43 IV Nr. 1 WEG alle Wohnungseigentümer einer Anlage am Verfahren materiell beteiligt und auch formell zu beteiligten, weil eine Entscheidung gemäß § 45 II 2 WEG für und gegen alle Wohnungseigentümer wirksam werden soll (OLG Frankfurt OLGZ 80, 76; 82, 16/18). Die Beteiligung aller Wohnungseigentümer ist außerdem ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung (§ 12 FGG).

Beide Vorinstanzen haben die materiell beteiligten Wohnungseigentümer nicht formell am Verfahren beteiligt. Alle Schriftsätze, Terminsladungen und Entscheidungen sind nur den Antragstellern und dem Antragsgegner über deren Verfahrensbevollmächtigte bekanntgemacht worden. Dieser Verfahrensfehler muß zur Aufhebung und Zurückverweisung führen, da die nicht beteiligten Wohnungseigentümer das Verfahren auch nicht ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt haben. Die Aufhebung hat auch unabhängig von der Kausalität des Verfahrensmangels für die getroffene Entscheidung zu erfolgen (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., § 43 Rn. 120; BayObLG WuM 89, 36).

Für das weitere Verfahren und für den Fall, daß sich das bisherige Ermittlungsergebnis nicht ändert, bemerkt der Senat, der die Teilungserklärung als Teil des Grundbuchinhalts auch selbständig auslegen kann (BayObLG VVE 94, 18), beiläufig, daß er in der Sache dazu neigt, dem Auslegungsergebnis der Vorinstanzen zu folgen. Der Antragsgegner übersieht, daß es bei der Auslegung der für die Zweckbestimmung von Sondereigentumseinheiten maßgeblichen Teilungserklärung und des dazugehörigen Aufteilungsplanes nicht darauf ankommt, welche Vorstellungen der teilende Eigentümer mit den Begriffen „Laden” und „gewerblich genutzte Räume” verbunden hat, also nicht auf seinen Willen, sondern auf Wortlaut und Sinn, wie er sich objektiv für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt (OLG Frankfurt WuM 90, 316; Senatsbeschluß 20 W 512/94 vom 29.8.1995).

Eine objektive Auslegung der Teilungserklärung und des damit übereinstimmenden Aufteilungsplans ergibt jedoch, daß die Zweckbestimmung auf ein an die Ladenschlußzeiten gebundenes Verkaufsgeschäft (= Laden) gerichtet ist. Dies ist nicht nur der Aufteilung in I § 1 der Teilungserklärung zu entnehmen, sondern auch dem Eintragungsantrag (Blatt 38 der Akten (und der Übertragung der Miteigentumsanteile auf die Erwerber in II (Blatt 40 der Akten), wonach diesen das Teileigentum gemäß I § 1 der Teilungserklärung zugeteilt wird.

Dieser klaren Zuordnung steht auch die Ausdrucksweise in der Vorbemerkung der Teilungserklärung vom 26.8.1993 („sowie drei Läden und gewerblich genutzte Räume im Teileigentum”) nicht widersprüchlich mit der Folge entgegen, daß die weitergehende Nutzung zulässig wäre. Denn auch die Nebenräume der Läden werden gewerblich genutzt, und es ist weder vorgetragen noch festgestellt, daß außer den drei Läden zusätzliche Gewerberäume vorhanden sind, in denen eine Gaststätte betrieben werden könnte.

Die Vorinstanzen haben im übrigen verkannt, daß die Vollstreckung eines Unterlassungsanspruchs nach den §§ 15 III WEG, 1004 BGB sich nach den Vorschriften der §§ 45 III WEG, 890 ZPO richtet, so daß nicht – wie geschehen – Zwangsgeld nach § 33 FGG, sondern Ordnungsgeld nach § 890 ZPO angedroht werden kann.

Schließlich wird zu beachten sein, daß zwar die Gerichtskosten nach dem Verfahrensausgang auferlegt werden können, die außergerichtlichen Kosten in einem Fall wie dem vorliegenden aber nicht erstattungsfähig sein dürften. Wenn es um die Auslegung der Rechtsgrundlagen der Gemeinschaft geht, muß es bei dem Grundsatz bleiben, daß die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 47 WEG).

Auch die Wertfestsetzung der Vorinstanzen war zu Korrigieren. Nicht das Abwehrinteresse des Antragsgegners, sondern das Interesse der Antragsteller an der Beseitigung von Störungen ist maßgebend (Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 48 Rn. 40; KG ZMR 93, 346), das der Senat in angemessener Erhöhung des Regelschätzwertes (§ 30 II KostO) mit 50.000,– DM annimmt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1172139

IPuR 1998, 43

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