Normenkette

BGB §§ 1835-1836, 1836a, 1908i Abs. 1, §§ 1846, 1897 Abs. 1, § 1899 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Aktenzeichen 3 T 323/01)

AG Hanau (Aktenzeichen 20 XVII 313/01)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das AG Hanau bestellte mit Beschluss vom 15.5.2001 die Beteiligte zu 1) als Berufsbetreuerin für die mittellose Betroffene mit den Aufgabenkreisen der Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über unterbringungsähnliche Maßnahmen. Auf Empfehlung der Betreuungsbehörde erteilte die Betreuerin einer von ihr ausgewählten Vertreterin Vollmacht, sie während ihrer urlaubsbedingten Abwesenheit in der Zeit vom 8. bis zum 22.7.2001 bei allen im Rahmen der Betreuung der Betroffenen notwendig werdenden Geschäften zu vertreten und teilte dies dem VormG mit Schreiben vom 2.7.2001 mit. Die Vertreterin wurde während der urlaubsbedingten Abwesenheit der Betreuerin wegen eines Notfalls für die Betroffene tätig und stellte der Betreuerin hierfür absprachegemäß fünf Arbeitsstunden zu je 60 DM sowie Telefonkosten und Fahrtkosten mit einem Gesamtbetrag von 371,10 DM einschl. Mehrwertsteuer in Rechnung.

Die Betreuerin beantragte unter dem 31.8.2001 für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 19.5.2001 bis zum 30.8.2001 Vergütung und Aufwendungsersatz unter Einschluss des ihr von der Vertreterin in Rechnung gestellten Betrages in einer Gesamthöhe von 1.780,42 DM einschl. Mehrwertsteuer.

Das AG setzte mit Beschluss vom 24.10.2001 einen Gesamtbetrag von 1.732,08 DM fest, wobei die von der Vertreterin in Rechnung gestellten Arbeitsstunden im Rahmen der Vergütung und deren Auslagen bei den Aufwendungen im Wesentlichen berücksichtigt wurden; eine Erstattung abgelehnt wurde für eine Arbeitszeit von 40 Minuten und 14 Telefoneinheiten, die sich auf Besprechungen wegen der Vertretungsübergabe bezogen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2) und die Anschlussbeschwerde der Betreuerin setzte das LG mit Beschluss vom 26.11.2001 unter Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung den von der Betreuerin begehrten Gesamtbetrag von 1.780,42 DM fest, wobei es den von der Vertreterin in Rechnung gestellten Gesamtbetrag im Rahmen des Aufwendungsersatzes der Betreuerin berücksichtigte. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit welcher sie weiterhin die Auffassung vertritt, Vergütung und Aufwendungsersatz für die Vertreterin und die diesbezüglichen Übergabetätigkeiten könnten nicht bewilligt werden, da die Übertragung der Betreuungsgeschäfte durch die Betreuerin auf eine Vertreterin unzulässig sei.

II. Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss statthafte (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Sie führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Die Berücksichtigung der der Betreuerin durch die von ihr bevollmächtigte Urlaubsvertretung in Rechnung gestellten Kosten im Rahmen des gem. §§ 1908i Abs. 1, 1835 Abs. 1 und 4 BGB aus der Staatskasse zu erstattenden Aufwendungsersatzes erweist sich aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles i.E. als zutreffend.

Allerdings kann dem LG nicht gefolgt werden, soweit dieses die rechtsgeschäftliche Bestellung eines Vertreters durch den Betreuer während dessen urlaubsbedingter Abwesenheit für die Dauer von mehreren Wochen generell für zulässig erachtet. Vielmehr ergibt sich aus dem in § 1897 Abs. 1 BGB hervorgehobenen Grundsatz der persönlichen Betreuung, dass die Übertragung von Aufgaben des Betreuers an Dritte grundsätzlich unzulässig ist (vgl. Jürgens, BtPrax 1994, 10 [11] und Betreuungsrecht, 2. Aufl., § 1902 BGB Rz. 22; Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1897 Rz. 333; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1897 BGB Rz. 33). Denn die Entscheidung über die Person des Betreuers ist dem VormG vorbehalten, das hierbei die gesetzlichen Vorgaben des § 1897 BGB und die hierzu ergangenen Verfahrensvorschriften zu beachten hat. Eine Delegation der Betreuungsaufgaben im Wege der Bevollmächtigung eines Dritten ist hiermit nicht vereinbar. Vielmehr hat der durch das VormG ausgewählte und bestellte Betreuer die ihm im Rahmen der gerichtlich bestimmten Aufgabenkreise zugewiesene rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten grundsätzlich selbst zu erledigen. Die Delegation der gesamten Betreuung oder kompletter Aufgabenkreise durch den Betreuer auf dritte Personen widerspricht dem gesetzlichen Leitbild der persönlichen Betreuung und stellt sich als dessen Umgehung dar. Deshalb darf sich die Bevollmächtigung Dritter zur Wahrnehmung von Betreuungsaufgaben nur auf einzelne Tätigkeiten beziehen, durch die sich der Betreuer nicht der ihm übertragenen Entscheidungskompetenz und Verantwortung für den Betreuten entzieht. Andere Personen darf der Betreuer somit nur als untergeordnete „Hilfskraft”, etwa zur Erledigung überschaubarer einzelner Verwaltungsaufgaben ode...

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