Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Gebrauchsüberlassung von Wohnungseigentum an Asylbewerber
Verfahrensgang
AG Fulda (Aktenzeichen 6 II 2/92 (WEG)) |
LG Fulda (Aktenzeichen 3 T 192/93) |
Tenor
Unter Zurückweisung der weiteren Beschwerde im übrigen werden der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Fulda vom 1.7.1993 wie folgt abgeändert und neu gefaßt:
Die Antragsgegner haben es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 1.000,– DM, ersatzweise 5 Tage Ordnungshaft, zu unterlassen, die in ihrem Sondereigentum stehenden Wohnungen an mehr als je zwei familiär nicht verbundene Asylbewerber oder an je eine Asylbewerberfamilie mit mehr als fünf Personen zu vermieten oder vermieten zu lassen.
Die Gerichtskosten aller Instanzen werden geteilt; außergerichtliche Kosten sind in allen Instanzen nicht zu erstatten.
Wert: 5.000,– DM.
Gründe
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nach Maßgabe der Beschlußformel begründet, im übrigen unbegründet.
Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (KG ZMR 92, 507; OLG Stuttgart ZMR 92, 508; BayObLG NJW 92, 917; OLG Hamm NJW 92, 184), die die Vorinstanzen nicht ausdrücklich herangezogen haben, ist die Vermietung von Wohnraum an Aussiedler oder Asylanten nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen, weil Miteigentümer regelmäßig keinen Anspruch auf die Wahrung einer bestimmten sozialen Zusammensetzung eines Wohnumfeldes haben.
Davon ausgehend haben Amts- und Landgericht ein zulässiges Maß der Wohnnutzung festzulegen versucht, das sie gegenüber der gegenwärtigen Nutzung der fünf Wohnungen der Antragsgegner durch je maximal fünf Asylbewerber dann als eingehalten ansehen, wenn die Antragsgegner oder ihr Zwischenvermieter die Wohnungen nicht mehr als je zwei Einzelpersonen oder je einer Familie mit bis zu vier Personen überlassen.
Den Vorinstanzen ist darin zu folgen, daß bei der zahlenmäßigen Belegung einer Wohnung wegen der ungleichen Belastung zwischen der Unterbringung von untereinander fremden Personen und der Unterbringung einer Familie als sozialer Einheit zu unterscheiden ist; die zulässige Höchstzahl für Einzelpersonen muß niedriger sein (OLG Stuttgart ZMR 92, 508). Im Hinblick darauf, daß jeweils ein Zimmer der Zwei-Zimmer-Wohnungen mit insgesamt ca. 50 qm nur eine Größe von 6 qm aufweist, ist die Festlegung auf zwei Einzelpersonen, die familiär untereinander nicht verbunden sind, nicht zu beanstanden.
Bei der Belegung mit einer Familie hat das Landgericht die von den Antragsgegnern zitierte Entscheidung des KG (a.a.O.) nicht berücksichtigt. Der Senat folgt dieser Entscheidung, die mangels zivilrechtlicher Maßstäbe zur Frage der Überlegung auf vorhandene öffentlich-rechtliche Bestimmungen zurückgreift (§ 7 I Wohnungsaufsichtsgesetz Berlin i.d.F. vom 3.4.1990 – GVBl. 90, 1081) und hier bei einer ca. 52 qm großen Ein-Zimmer-Wohnung die Belegung mit fünf Personen einer Familie für zulässig hält. Da auch das Hessische Wohnungsaufsichtsgesetz vom 4.9.1974 (GVBl. I 395) in § 7 I eine mit dem Berliner Gesetz vergleichbare Regelung enthält (mindestens 9 qm Wohnfläche pro Person), hat der Senat die Beschlüsse der Vorinstanzen wie aus dem Tenor ersichtlich abgeändert.
Im übrigen ist der angefochtene Beschluß rechtlich nicht angreifbar. Innerhalb des gesteckten Rahmens liegt eine vertretbare Wohnnutzung vor, der die antragstellenden Wohnungseigentümer bzw. der Verwalter zustimmen müssen (§ 5 III der Gemeinschaftsordnung), während bei einer höheren Belegung die Grenze zur Ausübung eines Gewerbes hin überschritten würde (vgl. zur pensions- oder heimähnlichen Nutzung: KG ZMR 92, 107). Die Zustimmung zur gewerblichen Nutzung aber haben sich die Wohnungseigentümer vorbehalten (§ 5 II der Gemeinschaftsordnung) und sie könnte auch gerichtlich nicht ohne weiteres ersetzt werden.
Der Senat hat den titulierten Unterlassungsanspruch neu gefaßt, weil die Unterlassungsverpflichtung auch die Beseitigung des gegenwärtigen rechtswidrigen Zustandes umfaßt und nicht nach § 33 FGG, sondern nach den §§ 45 III WEG, 890 ZPO zu vollstrecken ist (Ordnungsgeld statt Zwangsgeld). Die Antragsgegner können sich auch trotz der Zwischenvermietung nicht auf eine Unmöglichkeit der Erfüllung berufen, weil sie als Eigentümer das Mietverhältnis jedenfalls beeinflussen können (OLG Hamm OLGZ 90, 34/41; 90, 42/49; NJW 92, 184/186).
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 47, 48 II WEG.
Fundstellen
Haufe-Index 555705 |
OLGZ 1994, 532 |