Leitsatz (amtlich)
Für die Entscheidung, ob sich ein Strafgefangener für den offenen Vollzug eignet, ist nicht die Vollstreckungsbehörde, sondern die Vollzugsbehörde zuständig, der ein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum einzuräumen ist.
Verfahrensgang
StA Darmstadt (Aktenzeichen 10 Js 20310/98) |
StVoll StA/OLG Ffm. (Aktenzeichen Zs 10071/01) |
Tenor
Die Ladungen des Verurteilten zum Strafantritt vom 30. August 2000 und 26. Januar 2001 durch die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Darmstadt sowie der Bescheid der Staatsanwaltschaft vom 18. Januar 2001 und der Beschwerdebescheid der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 21. März 2001 werden aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Darmstadt wird verpflichtet, über die Ladung des Verurteilten zum Strafantritt unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der weitergehende Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die notwendigen Auslagen des Antragstellers werden nicht aus der Staatskasse erstattet.
Der Geschäftswert wird auf 5. 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wurde am 8. Oktober 1999 vom Landgericht Darmstadt wegen gemeinschaftlichen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung, gemeinschaftlicher sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Er hatte sich in dieser Sache vom 21. Mai 1998 bis zum 16. Oktober 1998 in Untersuchungshaft befunden. Das Urteil ist seit dem 3. Mai 2000 rechtskräftig. Der Antragsteller ist nicht vorbestraft.
Mit Verfügung vom 19. Juli 2000 hatte die Staatsanwaltschaft die Vollstreckungsunterlagen zunächst der Justizvollzugsanstalt Dieburg offener Vollzug zur Prüfung der Eignung des Verurteilten für den offenen Vollzug mit folgender Stellungnahme übersandt: Der Verurteilte erscheine für den offenen Vollzug nicht geeignet, weil er eine Strafe wegen grober Gewalttätigkeit gegen Personen zu verbüßen habe (Nr. 2 Abs. 3 VV zu § 10 StVollzG) und weil eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung vorliege (Nr. 2 Abs. 3 VV zu § 10 StVollzG).
Nachdem der Leiter der Justizvollzugsanstalt Dieburg einer Direkteinweisung in die Abteilung des offenen Vollzuges nicht zugestimmt hatte, weil diese Anstalt bis Ende d. J. voll belegt und so nicht aufnahmefähig sei und er deswegen die Vollstreckungsunterlagen an den Leiter der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main IV weitergeleitet hatte, sandte dieser unter dem 18. August 2000 die Vollstreckungsunterlagen der Staatsan- waltschaft unter Bezugnahme auf den Runderlaß des Hessischen Ministers der Justiz vom 19. Juni 2000 (4516-III/6-101/00) mit dem Hinweis zurück, daß hiernach Sexualstraftäter, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten oder einer Jugendstrafe verurteilt worden seien und sich auf freiem Fuß befänden, grundsätzlich in die zuständige Einrichtung des geschlossenen Vollzugs zu laden seien, weshalb der Aufnahme in den offenen Vollzug dieser Anstalt nicht zugestimmt werde.
Der vorgenannte Ministererlaß enthält folgende Regelung:
1. Personen, die wegen einer Straftat nach §§ 174 bis 180, 182 des Strafgesetzbuches oder nach § 323 a des Strafgesetzbuches, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder einer Jugendstrafe verurteilt worden sind und sich auf freiem Fuß befinden, sind künftig grundsätzlich in die zuständige Einrichtung des geschlossenen Vollzugs zu laden.
In diesen Fällen ist wie folgt zu verfahren:
Die Vollstreckungsbehörde übersendet spätestens 14 Tage vor dem beabsichtigten Strafantritt die erforderlichen Vollstreckungsunterlagen (§§ 29, 31 der Strafvollstreckungsordnung) der zuständigen Einrichtung des geschlossenen Vollzugs und nimmt aus ihrer Sicht zu der Frage der Eignung für den offenen oder geschlossenen Vollzug Stellung. Auf ein gegebenenfalls bereits vorhandenes Sachverständigengutachten kann die Vollstreckungsbehörde hierbei Bezug nehmen; das Sachverständigengutachten ist in Ablichtung beizufügen.
Die Vollzugsbehörde prüft unverzüglich, ob die verurteilte Person für den offenen Vollzug geeignet ist.
2. Von einer Ladung in die zuständige Einrichtung des geschlossenen Vollzugs ist nur dann abzusehen, wenn im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für die An- nahme vorliegen, dass die verurteilte Person für den offenen Vollzug geeignet ist und keine Flucht- oder Missbrauchsgefahr besteht.
In diesen Fällen sowie bei Verurteilungen wegen der genannten Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten ist sofern nicht aus anderen Gründen eine Ladung in den geschlossenen Vollzug geboten ist wie folgt zu verfahren:
Die Vollstreckungsbehörde übersendet spätestens 14 Tage vor dem beabsichtigten Strafantritt die erforderlichen Vollstreckungsunterlagen (§§ 29, 31 der Strafvollstreckungsordnung) der zuständig...