Leitsatz (amtlich)
§ 117 Abs. 1 FamFG findet im vereinfachten Unterhaltsverfahren keine Anwendung (vgl. BGH FamRZ 2018, 1347 zum vereinfachten Klauselerteilungsverfahren nach §§ 36 ff. AUG).
Wird die Beschwerde im vereinfachten Unterhaltsverfahren nicht begründet, fällt dem Rechtsmittelgericht die gesamte angefochtene Entscheidung zur Überprüfung an. In diesem Fall steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen, dass sie nicht auf eine der in § 256 FamFG genannten Einwendungen gestützt wird.
Normenkette
FamFG § 117 Abs. 1-2, §§ 256-257; FamGKG § 51 Abs. 1-2; ZPO § 522 Abs. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 474 FH 20024/18 VU) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners wird mit der Maßgabe auf seine Kosten zurückgewiesen, dass die angefochtene Entscheidung zu Ziffer 1. des Beschlusstenors klarstellend wie folgt neu gefasst wird:
Der von dem Antragsgegner an seinen Sohn X... (geboren am ...) für den Zeitraum vom 01.07.2018 bis zum 04.01.2019 einschließlich zu zahlende rückständige Unterhalt wird auf 1.676 EUR festgesetzt.
Der Verfahrenswert wird für beide Rechtszüge auf 1.676 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner ist Vater seines bei der Kindesmutter lebenden Sohnes X,... geb. am ..., für den das antragstellende Bundesland beginnend mit dem 1. Juli 2018 laufende Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erbracht hat. Mit Schreiben vom 06.11.2017 forderte die Unterhaltsvorschussstelle ... den Antragsgegner zur Auskunftserteilung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zur Vorbereitung der Geltendmachung von (übergegangenen) Unterhaltsansprüchen des Kindes auf. Auf die Mitteilungen des Antragsgegners vom 16.11.2017 und 05.07.2018, er sei arbeitslos und stehe im SGB II-Bezug, wurde er von der Unterhaltsvorschussstelle auf seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit hingewiesen und vergeblich um Darlegung seiner Bewerbungsbemühungen gebeten.
Mit seinem am 10.10.2018 beim Familiengericht eingegangenen Antrag vom 08.10.2018 beantragte das Bundesland im vereinfachten Verfahren gegen den Antragsgegner zunächst für den Zeitraum ab dem 01.11.2018 die Festsetzung des Mindestunterhaltes abzüglich des anzurechnenden vollen Kindergelds sowie die Festsetzung von Unterhaltsrückständen in Höhe von 1.092 EUR für den Zeitraum vom 01.07. bis zum 31.10.2018. Unter dem 15.01.2019 stellte das Bundesland den Antrag um auf Zahlung des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe abzüglich des vollen Kindergeldes ab dem 01.01.2019 sowie von 1.638 EUR an rückständigem Unterhalt für den Zeitraum vom 01.07.2018 bis zum 31.12.2018. (Auch) dieser zweite Antrag wurde dem Antragsgegner am 01.03.2019 mit den nach § 251 Abs. 1 S. 2 FamFG zu erteilenden Hinweisen zugestellt. Nachdem er darauf nicht reagiert hatte, erließ der Rechtspfleger bei dem Familiengericht am 27.05.2019 einen antragsgemäßen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Gegen die ihm am 07.06.2019 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seinem Schreiben vom 02.07.2019, Eingang beim Amtsgericht am 04.07.2019, mit dem er mitteilt, er lege gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss Beschwerde ein. Eine Begründung ist trotz Hinweises des Senatsvorsitzenden vom 29.08.2019 bis heute nicht erfolgt.
II. Das Rechtsmittel des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 64 FamFG.
Zwar hat der Antragsgegner seine Beschwerde nicht begründet. Dies führt entgegen der Regelung des § 117 Abs. 1 FamFG jedoch nicht zur Unzulässigkeit, sondern lediglich zur fehlenden Begründetheit des Rechtsmittels. § 117 Abs. 1 FamFG findet im vereinfachten Unterhaltsverfahren keine Anwendung. Zwar handelt es sich auch bei der Verfolgung von Kindesunterhaltsansprüchen im vereinfachten Verfahren formal um eine Familienstreitsache iSd. §§ 112 Abs. 1 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG, für die grundsätzlich die Vorschriften zur Einlegung und Begründung des Rechtsmittels in § 117 Abs. 1 FamFG mit ihrem Verweis auf § 522 Abs. 1 S. 1, 2 ZPO gelten. Dies gilt nach Überzeugung des Senats aber nicht für das vereinfachte Unterhaltsverfahren, das der Vorstellung des Gesetzgebers entsprechend durch die Übernahme in das FamFG aus dem zivilprozessualen Rechtsmittelsystem gerade herausgelöst werden sollte. Die in § 117 Abs. 2 FamFG in Bezug genommenen zivilprozessualen Vorschriften (insbesondere des § 514 ZPO) verdeutlichen, dass nur außerhalb des durch § 25 Nr. 2c RPflG bestimmten Zuständigkeitsbereichs des Rechtspflegers liegende Familienstreitsachen in § 117 FamFG näher geregelt werden sollten, also gerade nicht das vereinfachte Unterhaltsverfahren (vgl. Wendl/Dose/Schmitz, Unterhaltsrecht, 10. A., § 10, Rn. 681 mwN.). Auch würde es dem Ziel des Gesetzgebers zuwiderlaufen, wenn durch Verweisung auf Vorschriften des zivilprozessualen Berufungsverfahrens ein Rechtsmittelverfahren durchzuführen wäre, in dem der Unterhaltstitel nicht mehr in vereinfachter und beschleunigter Form, insbeson...