Leitsatz (amtlich)
1. Im Abschiebungshaftverfahren wird die Entscheidung des Erstbeschwerdegerichts erst mit der Rechtskraft wirksam. Daher kann das Erstbeschwerdegericht nicht die sofortige Vollziehbarkeit seiner Entscheidung aussetzen, sondern nur die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung anordnen.
2. Bei Minderjährigen sind die Voraussetzungen für eine Haftanordnung nur gegeben, wenn mildere Mittel als Haft nicht in Frage kommen.
Normenkette
FGG § 24 Abs. 3, § 26 Sätze 1-2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.12.2005; Aktenzeichen 2-28 T 155/05) |
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 934-XIV 2277/05) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen wird der in der Hauptsache ergangene Beschluss des LG dahin ergänzt, dass der Antrag der Antragstellerin, gegen die Betroffene Abschiebungshaft für die Dauer von drei Monaten anzuordnen, zurückgewiesen wird. Die außergerichtlichen Kosten der Betroffenen für das gesamte gerichtliche Verfahren hat die Antragstellerin zu tragen.
Gründe
Mit Schriftsatz vom 6.12.2005 beantragte die Antragstellerin, gegen die Betroffene, die am 25.6.2004 mit einem bis zum 2.7.2004 befristeten spanischen Schengenvisum eingereist ist, Abschiebungshaft für die Dauer von drei Monaten anzuordnen. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt:
"Am 6.12.2005 wurde Frau A. von Polizeibeamten des ... Polizeireviers, im Rahmen einer Personenkontrolle, in der Bstraße, in O1 in der Gaststätte "Z" im Beisein ihrer Mutter wegen des Verdachtes auf Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz vorläufig festgenommen.
Ein milderes Mittel als Abschiebehaft, um die Zeitnahe Rückführung der Frau A. nach Russland zu gewährleisten sehe ich nicht, da Frau A. über keinerlei soziale Kontakte in Deutschland verfügt wo sie sicher untergebracht werden könnte. Jugendhilfeeinrichtungen in Hessen gibt es leider nicht, die sicher dafür sorgen könnten, dass Frau C. für Maßnahmen der Ausländerbehörde zur Verfügung steht. Die Mutter der Frau A. scheint auch kein wirkliches Interesse an ihrer Tochter zu haben, da die Mutter bei der Festnahme nicht bereit war für ihre Tochter eine Sicherheitsleistung zu bezahlen und somit eine Haft für ihre Tochter zu vermeiden ...."
Mit Beschl. v. 6.12.2005 hat das AG gegen die Betroffene zunächst eine einstweilige Freiheitsentziehung bis zum 13.12.2005 und mit Beschl. v. 12.12.2005 Abschiebungshaft bis zum 6.3.2006 angeordnet. Auf die sofortige Beschwerde der Betroffenen hat das LG den Beschluss des AG vom 12.12.2005 aufgehoben. Der Beschluss wurde im Anschluss an die mündliche Anhörung der Betroffenen am 28.12.2005 verkündet. Zur Begründung führt das LG in der schriftlichen Fassung des Beschlusses aus, dass der vom AG angenommene Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AufenthG nicht mehr bestehe, weil die Betroffene bei ihrer Mutter in der X.-Straße 3 in O1 wohne. Weil die Betroffene noch minderjährig sei, müssten durch die Ausländerbehörde mildere Mittel als die Haft zunächst geprüft und versucht werden; hierzu könnten Meldeauflagen oder auch die Stellung einer Kaution dienen.
Gegen den landgerichtlichen Beschluss legte die Antragstellerin noch am 28.12.2005 per Fax sofortige Beschwerde ein und beantragte die sofortige Aussetzung der Vollziehbarkeit. Zur Begründung führte die Antragstellerin an, dass eine Befragung durch Polizeibeamte ergeben habe, dass die Betroffene und ihre Mutter nicht in der X.-Straße leben, sondern in der Y.-Straße anzutreffen seien.
Mit einem weiteren Beschl. v. 28.12.2005 hat das LG daraufhin die Vollziehbarkeit seiner vorausgegangenen Entscheidung unter Bezugnahme auf § 24 Abs. 3 FGG ausgesetzt.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 30.12.2005 wendet sich die Betroffene mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde gegen die Beschlüsse des LG vom 28.12.2005.
Die Rechtsmittel der Antragstellerin und der Betroffenen sind zulässig. Allerdings ist nur das Rechtsmittel der Betroffenen begründet. Sie ist durch die landgerichtlichen Entscheidungen insoweit beschwert, als das LG den Haftantrag nicht zurückgewiesen hat.
Das LG und die Antragstellerin haben - offensichtlich in der Annahme, die landgerichtliche Entscheidung sei sofort wirksam - verkannt, dass die Entscheidung des Beschwerdegerichts in den Fällen, in welchen - wie hier - die sofortige weitere Beschwerde stattfindet, erst mit der Rechtskraft wirksam wird (§ 26 S. 1 FGG). Dementsprechend sieht das Gesetz auch nur die Möglichkeit für das Beschwerdegericht vor, die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung anzuordnen (§ 26 S. 2 FGG), nicht aber, die sofortige Vollziehbarkeit auszusetzen.
Entgegen der Auffassung des LG lagen die Voraussetzungen für die Haftanordnung von Anfang an nicht vor.
Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. OLG Frankfurt v. 30.8.2004 - 20 W 245/04, OLGReport Frankfurt 2004, 409, dokumentiert bei Melchior, und OLG Frankfurt, Beschl. v. 29.12.2005 - 20 W 562/05) ist davon auszugehen, dass der Anordnung der Sicher...