Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchfähigkeit der Markgenossenschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Glaubhaftmachung des Eigenbesitzes einer Gemeinde, die auch satzungsmäßige Vertreterin der im Grundbuch eingetragenen Eigentümerin ist
2. Eine altrechtliche Markgenossenschaft ist grundbuchfähig. Ein zu ihrem Ausschluss als Eigentümerin eingeleitetes Aufgebotsverfahren ist nur unter den Voraussetzungen des § 927 Abs. 1 Satz 3 BGB zulässig.
Normenkette
BGB §§ 872, 900, 927 Abs. 1 S. 3; FamFG §§ 443-444
Tenor
Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 114.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
In Abteilung l des Grundbuchs von O1, Blatt ... ebenso in Abteilung I des Grundbuchs von O2 Blatt ... und in Blatt ... des Grundbuchs von O3 lautet die Eintragung:
"Markgenossenschaft zu O4, O5, O1 und O6 und zwar:
A. Die Markgenossen zu O4 zu 57/100 Anteile
B. Die Markgenossen zu O5 zu 71/300 Anteile,
C. Die Markgenossen zu O1 zu 15/100 Anteile,
D. Die Markgenossen zu O6 zu 13/300 Anteile".
Im Folgenden sind die Markgenossen zu O5 und O6 und mittlerweile auch zu O1 im Einzelnen namentlich im Grundbuch aufgeführt.
Die Markgenossenschaft zu O4, O5, O1 und O6 gab sich am 31.1.2008 eine neue Satzung, mit erstmaliger Änderung vom 26.3.2010, für deren Inhalt im Einzelnen auf Blatt 3 - 14 d.A. Bezug genommen wird.
In deren Satzungs-Präambel heißt es, dass die Markgenossenschaft auf eine Schenkung des Landgrafen Heinrich des II. im Jahre 1360 zurückgehe, sich seit dem die Rechtsverhältnisse verändert hätten und erhebliche Unsicherheiten im Rechtsverkehr mit Dritten sowie untereinander eingetreten seien. Zur Schaffung klarer Rechtsverhältnisse der Markgenossen untereinander und im Rechtsverkehr mit Dritten sollte die neue Satzung dienen.
In § 1 der Satzung ist bestimmt:
"1. Die "Markgenossenschaft zu O4, O5, O1 und O6" bilden den zur ordnungsgemäßen, nutzbringenden und nachhaltigen Verwaltung des gemeinsamen Waldes erfolgten Zusammenschluss aller Markgenossen an dem in § 2 näher bezeichneten Grundeigentum in den Gemarkungen von O5, O1, O2 und O3.
Entsprechend der bestehenden Rechtslage hat die Markgenossenschaft selbständige Rechte und Pflichten.
2. Sie kann insbesondere vor Gericht klagen und verklagt werden ..."
4In § 2 der Satzung heißt es unter der Überschrift "Betroffenes Grundeigentum":
"Das gemeinschaftliche Grundeigentum besteht aus folgenden Grundstücken:..."
In § 4 heißt es unter der Überschrift "Markgenossen-Miteigentümer":
"1. Alle Markgenossen der Markgenossenschaft zu O4, O5, O1 und O6 sind Miteigentümer des in § 2 bezeichneten Grundeigentums.
2. Alle Markgenossen von O4, die im Einzelnen nicht bekannt sind, sind Miteigentümer und werden bis auf weiteres von der Stadt O4 vertreten. Insoweit wird auf die Sonderregelung des § 12 dieser Satzung verwiesen ..."
§ 12 der Satzung enthält eine Sonderregelung für die Markgenossen von O4 und lautet:
"1. Die Markgenossen von O4 sind im Einzelnen nicht bekannt. Die Rechte dieser unbekannten Miteigentümer werden durch diese Satzung nicht beeinträchtigt.
2. Es besteht weiterhin das Recht, das Miteigentum formgerecht nachzuweisen und in das Grundbuch eintragen zu lassen.
3. Die unbekannten Markgenossen von O4 werden bis zu deren rechtskräftiger Feststellung als Miteigentümer von der Stadt O4 vertreten. Die Stadt O4 übt die Stimmrechte für die unbekannten Markgenossen von O4 aus.
4. Die Inhaber der sog. Burgmannensitze im Ortsteil O4 werden allen anderen Markgenossen gleichgestellt, d.h. sie können insoweit ebenfalls ihre Eigentumsrechte nachweisen.
5. Die Stadt O4 stellt die "Markgenossenschaft zu O4, O5, O1 und O6" von Ausgleichsansprüchen eventuell Berechtigter für die Vergangenheit im Innen- und Außenverhältnis frei.
6. Soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, ist die Stadt O4 berechtigt, die unbekannten Markgenossen von O4 im Weg des Aufgebotsverfahrens nach Ablauf von 2 Jahren mit ihren Rechten ausschließen zu lassen.
Der anschließenden Eintragung der Stadt O4 als Markgenosse von O4 wird bereits jetzt zugestimmt. Soweit ein zurzeit unbekannter Markgenosse den Nachweis gem. § 12 Ziff. 2 bis zum Ende des Aufgebotsverfahrens erbracht hat, wird dessen Eintragung ins Grundbuch bereits jetzt zugestimmt.
Mit am 21.6.2010 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat die Antragstellerin die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens gemäß den §§ 434, 443 FamFG, 927 BGB zum Ausschluss von weiteren Miteigentümern der Markgenossenschaft zu O4, O5, O1 und O6, die Grundstücke von O1 Blatt ..., O2 Blatt ... und O3 Blatt ... betreffend begehrt.
Diesen Antrag hat sie auf Hinweis der Rechtspflegerin durch Schreiben vom 29.9.2010 auf den Ausschluss der unbekannten Markgenossen von O4 beschränkt, da die Markgenossen von O5, O1 und O6 namentlich bekannt und im Grundbuch eingetragen sind.
Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, dass die Rechte der unbekannten Markgenossen von O4 in Ermanglung auffindbarer Eigentümer als ungeschriebenes Recht seit unvordenklich...