Entscheidungsstichwort (Thema)
Natürliche Handlungseinheit bei Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Unterlassungspflichten
Leitsatz (amtlich)
Das Weiterbetreiben verbotener Geschäfte (hier: bezahlte Rezensionen im Internet) durch den Schuldner auf zwei verschiedenen Portalen kann sich als einheitliches, zusammengehöriges Tun darstellen, so dass nicht von zwei selbstständigen Zuwiderhandlungen ausgegangen werden kann.
Normenkette
UWG § 5a Abs. 6; ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.11.2021; Aktenzeichen 3-10 O 92/19) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Gegen den Antragsgegner wird wegen schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt vom 29.5.2019 in der Fassung des Berufungsurteils des OLG Frankfurt vom 28.1.2020 ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 EUR festgesetzt, sowie ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 1.000 EUR ein Tag Ordnungshaft.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gebühr nach Ziff. 2121 KV-GKG wird nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Ordnungsmittelverfahrens erster Instanz hat der Antragsgegner zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert der Beschwerde wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Landgericht hat dem Antragsgegner mit Beschluss - einstweiliger Verfügung - vom 29.5.2019 bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, geschäftlich handelnd
1. auf www.amazon.de Kundenrezensionen, die von Personen erstellt wurden, die hierfür bezahlt werden und/oder andere vermögenswerte Vorteile erhalten, zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Kundenrezession beauftragt wurde und der Rezensent hierfür eine Bezahlung und/oder einen anderen vermögenswerten Vorteile erhalten hat;
und/oder
2. Vertragspartner der B LLC, Straße1, Stadt1, Land1, in die Lage zu versetzen, auf www.amazon.de von diesen angebotene Waren mit Kundenrezensionen zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, die von Personen hergestellt werden, die hierfür bezahlt werden und/oder andere vermögenswerte Vorteile erhalten, ohne dass darauf hingewiesen wird;
und/oder
3. Vertragspartner der B LLC, Straße1, Stadt1, Land1, in die Lage zu versetzen, ihre Verkäufer-Accounts auf www.amazon.de mit Verkäufer-Rezensionen zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, die von Personen hergestellt werden, die hierfür bezahlt werden und/oder andere vermögenswerte Vorteile erhalten, ohne dass darauf hingewiesen wird.
Der Beschluss ist dem Antragsgegner unter dem 29.5.2019 zugestellt worden. Auf seinen Widerspruch hat das Landgericht die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 19.6.2020 bestätigt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 28.1.2020 die Berufung des Antragsgegners gegen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer 1. - 3. der einstweiligen Verfügung vom 29.5.2019 um folgenden Zusatz ergänzt werden: "wie geschehen durch das Angebot auf der Internetseite b.com, Anlagen ASt 6-12."
Auf Antrag der Antragstellerin hat das Landgericht gegen den Antragsgegner mit Beschluss vom 18.11.2021 wegen Zuwiderhandlung gegen das ausgesprochene Verbot ein Ordnungsgeld in Höhe von 20.000 EUR verhängt. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde, mit der er die Aufhebung des Ordnungsgeldes und die Zurückweisung des Ordnungsmittelantrags anstrebt.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Die Vollstreckung ist nicht verjährt. Der Eintritt der Verjährung ist von Amts wegen zu prüfen (Zöller/Seibel, ZPO, 33. Aufl., § 890 Rn. 23). Für die Ordnungsmittel des § 890 ZPO gilt die Regelung des Art. 9 EGStGB. Hinsichtlich der hier allein in Frage stehenden Verfolgungsverjährung bestimmt Art. 9 Abs. 1 EGStGB, dass die - in der Regel - zweijährige Verjährungsfrist beginnt, sobald die Handlung beendet ist, und dass die Verjährung die Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft ausschließt. Die mit dem Ordnungsmittelantrag vom 17.10.2019 angegriffenen Handlungen in Gestalt des Betreibens eines auf das Generieren von "gekauften" Amazon-Bewertungen gerichteten Geschäftsmodells waren nicht zwei Jahre vor dem Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts vom 18.11.2021 bereits beendet. Der Antragsgegner hat die Internetportale "E" und "F" bis ins Jahr 2021 weiterbetrieben (vgl. Anlagen ZV 27 - 30). Nach dem Vortrag in der Beschwerdeschrift hat er seine Anteile an der F GmbH am 31.5.2021 veräußert.
2. Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Das Ordnungsmittel wurde angedroht (§ 890 Abs. 2 ZPO).
3. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsgegner dem Verbot nach Ziff. 1 des Tenors, das durch den Zusatz im Berufungsurteil lediglich konkretisiert, nicht inhaltlich geändert wurde, schuldhaft zuwidergehandelt hat.
a) Die ...