Tenor
Es wird festgestellt, dass die angefochtenen Verfügungen und die auf ihr basierende Ingewahrsamnahme des Angeklagten rechtswidrig waren.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Im Hauptverhandlungstermin vom 21.1.2003 ordnete der Vorsitzende die Ingewahrsamnahme des Angeklagten XXX "gem. § 231 I 2 StPO" bis zur Fortsetzung der Hauptverhandlung am übernächsten Tag, dem 23.1.2003, 9.00 Uhr an. Weder diese Entscheidung, noch die Nichtabhilfeentscheidung wurden vom Vorsitzenden - bis auf den Hinweis, dass seines Erachtens ein Rechtsmittel hiergegen nicht eröffnet sei- begründet. Lediglich in dem vom Vorsitzenden mitunterzeichneten Beschluss der Kammer vom 6.2.2003 (Nichtabhilfeentscheidung betreffend Meldeauflaufe und Sicherheitsleistung) findet sich der Hinweis, die Maßnahme sei "im Hinblick auf prozessverschleppendes Verhalten und naheliegende Entziehungshandlungen nötig" gewesen.
Gegen die Entscheidung vom 21.1.2003 legte der Verurteilte Beschwerde ein, die er in der Beschwerdebegründung vom 10.4.2003, also nach seiner am 23.1.2003 erfolgten Freilassung "aufrecht erhalten" hat, was dahin auszulegen ist, dass er nach Erledigung der unmittelbaren Beschwer nunmehr Feststellung, der Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme begehrt.
Das Rechtsmittel ist zulässig.
Die Entscheidung, den Angeklagten gem. § 231 I 2 StPO für die hier mehr als eintägige Unterbrechung der Hauptverhandlung in Gewahrsam zu nehmen, ist mit der Beschwerde anfechtbar (§ 304 I StPO). § 305 S.1 StPO steht nicht entgegen.
Die Vorschrift soll lediglich Verfahrensverzögerungen verhindern, die dadurch entstehen, dass Entscheidungen des erkennenden Gerichts sowohl auf eine Beschwerde als auch auf das Rechtsmittel gegen das Urteil überprüft werden müssen. Der Ausschluss der Beschwerde gilt mithin nur für solche Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die im inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung stehen, ausschließlich ihrer Vorbereitung dienen, bei der Urteilsfällung selbst der nochmaligen Überprüfung durch das Gericht unterliegen und keine wesentlichen weiteren (Verfahrens-)Wirkungen äußern (Senat, NStZ-RR 2001 374; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 305 Rn mzwN). Die Erfüllung dieser Voraussetzungen erscheint bereits zweifelhaft. In aller Regel, kann eine Revision auf eine fehlerhafte Ingewahrsamnahme des Angeklagten nicht gestützt werden, weil eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsmöglichkeiten mit ihr jedenfalls nicht zwangsläufig verbunden ist (vgl. BGH, NJW 1957, 271). Ihre Rechtsmäßigkeit wird vom Gericht in der Abschlussberatung auch nicht überprüft, die Maßnahme entäußert indes gravierende über die bloße Verfahrensleitung hinausgehende Wirkungen, nämlich die Entziehung der Freiheit.
Die Frage, ob es an der Erfüllung der Voraussetzungen des § 305 S. 1 StPO ermangelt, kann indes offen bleiben. Jedenfalls ist die Beschwerdemöglichkeit nach § 305 S. 2 StPO eröffnet. Hier kann dahin stehen, ob die Bestimmung schon deswegen anzuwenden ist, weil der Begriff der Verhaftung i.S. dieser Vorschrift weiter zu fassen ist, als in §§ 304 IV Nr.1, 310 II StPO (sowohl die überwiegende Meinung vgl. Tolksdorf, in:KK-StPO, 4. Aufl., § 231 Rn 15; Gollwitzer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 231 Rn 33; Julius, in: HK-StPO, 3. Aufl., § 231 Rn 3; Meyer-Goßner, § 231 Rn 24, § 305 Rn 7). Jedenfalls bei der vorliegend gegebenen Ingewahrsamnahme über die Frist der §§ 1281 1 StPO hinaus ist der Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des Art 2 II 2 GG so gravierend, dass er zumindest einer Verhaftung und den übrigen in § 305 S. 2 StPO aufgeführten Maßnahmen gleichkommt. Mithin muss in diesen Fällen jedenfalls mit Blick auf Art. 19 IV GG die Beschwerdemöglichkeit eröffnet sein (vgl. Paulus, in: KMR-StPO § 231 Rn 29, § 81a 52f., s. auch die inzwischen wohl einhellige Meinung [Senat, Beschl. v. 16.11.1998-3 Ws 1013/98; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1998, 337; OLG Düsseldorf, NStZ 1994, 356; Meyer-Goßner; § 81a Rn 30 - jew. mzwN; a.A. noch OLG Frankfurt, NJW 1957, 839] bei der vergleichbare Problematik im Rahmen des § 81a StPO). Aus diesem Grunde kann auch die gelegentlich - vor allem in der älteren Rechtsprechung vertretene- Qualifikation der Maßnahme als "äußere Verhandlungsleitung" (BGH, NJW 1957, 271) oder gar als sitzungspolizeiliche Maßnahme (§ 176 GVG) der Beschwerdemöglichkeit nicht entgegenstehen (vgl. BVerfGE 87, 334 = NJW 1992, 359 = NStZ 1993, 89, das wegen der Garantie des Art. 19 IV GG jedenfalls Zweifel an der Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit gegen sitzungspolizeiliche Maßnahmen [vgl. hierzu BGHSt 17, 201 und Meyer-Goßner, § 176 GVG Rn 16] anmeldet).
Die Möglichkeit, die Ingewahrsamnahme im Wege die Beschwerde zu überprüfen, ist durch die zwischenzeitliche prozessuale Entwicklung nicht entfallen. Allerdings ist die Freiheitsentziehung und damit die unmittelbare Beschwer des Angeklagten durch seine längst erfolgte Freilassung entfallen, Fener dient das Re...