Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftserteilung unter Verwendung von gespeicherten Verkehrsdaten
Leitsatz (amtlich)
§ 101 Abs. 9 UrhG bildet einen Erlaubnistatbestand nur für die gem. § 96 TKG gespeicherten Verkehrsdaten, nicht für die allein auf Grund der Speicherungsverpflichtung nach § 113a TKG gespeicherten Daten.
Normenkette
TKG §§ 96, 113a; UrhG § 101 Abs. 9
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 33/09) |
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte gem. §§ 15, 16, 17 und 19a UrhG an dem Filmwerk "X".
Die Beschwerdeführerin ist ein Internet-Provider.
Die Antragstellerin trägt vor, sie habe festgestellt, dass das Werk "X" von IP-Adressen aus, die die Beschwerdeführerin vergeben habe, in einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten worden sei.
Die Antragstellerin hat beantragt, im Wege der einstweiligen Verfügung - wegen besonderer Dringlichkeit durch den/die Vorsitzende(n) allein - anzuordnen, der Beschwerdeführerin zu gestatten, ihr unter Verwendung der vorhandenen Verkehrsdaten i.S.d. § 3 Nr. 30 TKG Auskunft zu erteilen über Namen und Anschrift derjenigen Nutzer, denen zu den im Antrag bezeichneten Zeitpunkten die im Antrag aufgeführten IP-Adressen zugewiesen waren.
Das LG hat am 4.2.2009 wegen Dringlichkeit ohne Anhörung der Beschwerdeführerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Auskunftserteilung unter Verwendung von Verkehrsdaten antragsgemäß gestattet, die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt und den Streitwert auf 6.000 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss, der ihr durch den Gerichtsvollzieher im Parteiweg zugestellt worden ist, hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 25.2.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie begehrt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen. Sie macht geltend, es fehle an einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß, und behauptet, sie habe Verkehrsdaten allein auf Grund der Speicherungsverpflichtung nach § 113a TKG gespeichert.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und der Antragstellerin wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des Beschlusses des LG vom 4.2.2009 und Zurückverweisung der Sache an das LG zur anderweitigen Behandlung und erneuten Entscheidung.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
a) Die sofortige Beschwerde ist statthaft.
Dies folgt aus § 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG, der die sofortige Beschwerde gegen eine Anordnung, mit der die Zulässigkeit der Datenübermittlung gem. § 101 Abs. 9 UrhG ausgesprochen wird, eröffnet. Gegen eine nur vorläufige Entscheidung wäre das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde zulässig (Bassenge in Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 10. Aufl., § 19 FGG Rz. 6).
Der angefochtene Beschluss ist jedoch objektiv eine das Verfahren vor dem LG abschließende Entscheidung. Das LG hat zwar tenoriert, die Verwendung der Verkehrsdaten werde "im Wege der einstweilige Anordnung gestattet". Es ergeben sich jedoch weder aus der Begründung des Beschlusses noch aus der Verfahrensweise des LG Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um eine vorläufige Entscheidung handelt.
Dafür, dass das LG eine das Verfahren abschließende Entscheidung getroffen hat, spricht insbesondere, dass das LG eine Kostenentscheidung getroffen hat, für die im Rahmen einer lediglich vorläufigen Anordnung kein Raum gewesen wäre, und den Streitwert festgesetzt hat.
Vor allem aber hätte das LG der Beschwerdeführerin anlässlich der Bekanntmachung des Beschlusses Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen und das Verfahren dann fortsetzen müssen, wenn es nur eine Zwischenregelung hätte treffen wollen.
Die Entscheidung des LG kann auch nicht als eine isolierte einstweilige Anordnung angesehen werden. Darauf könnten zwar die Entscheidung ohne Anhörung der Beschwerdeführerin und die Verfahrensweise der Geschäftsstelle hindeuten, die - möglicherweise mit Blick auf die von der Antragstellerin beantragte Entscheidung im Wege einer einstweiligen Verfügung - die Zustellung des Gerichtsbeschlusses der Antragstellerin überlassen hat. Das - für die bis zum 1.9.2009 eingeleiteten Verfahren noch anzuwendende - Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kennt jedoch, anders als die Zivilprozessordnung, kein selbständiges Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das ohne ein anhängiges Hauptsacheverfahren geführt werden könnte (vgl. BGH NJW 2001, 2181; Bassenge, a.a.O., § 24 Rz. 13).
Als einstweilige Anordnung könnte die Entscheidung auch keinen Bestand haben, weil sie die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnähme (OLG Köln, Beschl. v. 21.10.2008 - 6 Wx 2/08, MMR 2008, 820).
b) Die Beschwerdeführerin ist beschwerdebefugt.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist die richterliche Anordnung der Auskunftspflicht über Verkehrsdaten die Voraussetzung für den Auskunftsanspruch des Rechtsinhabers ggü. dem Internet-Provider (vgl. BT-Drucks. 16/5048, 63; ebenso OLG Düsseld...