Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsbeschwerde im Umgangsrechtsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Zulässigkeit der Untätigkeitsbeschwerde in Umgangsregelungsverfahren
Normenkette
ZPO § 567
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1000 EUR festgesetzt (§ 3 ZPO).
Gründe
Mit seinem Schreiben vom 1.7.2009 macht der Antragsteller geltend, dass das AG das von ihm eingeleitete Umgangsrechtsverfahren nicht ordnungsgemäß betreibe. Die zuständige Richterin weigere sich trotz mehrerer Anträge einen neuen Termin zu bestimmen und in der Sache eine Entscheidung zu treffen, obwohl er ihr deutlich gemacht habe, wie wichtig es sei, dass er wieder einen normalen Umgangskontakt mit seinem Sohn habe. Hinderungsgründe würden nicht angegeben.
Der Senat legt die von dem Beschwerdeführer als "Beschwerde aus allen rechtlichen Gründen" eingereichte Eingabe als Untätigkeitsbeschwerde aus, da das Begehren sich nicht gegen eine Entscheidung richtet, sondern gegen ein Nichttätigwerden.
Ob eine solche Untätigkeitsbeschwerde überhaupt statthaft ist, ist streitig. Die Rechtsmittelsysteme der ZPO und des FGG gehen davon aus, dass ein Rechtsmittel den Erlass einer Entscheidung voraussetzt, die angefochten und deren Richtigkeit überprüft werden soll. Demgemäß entsprach es der bisherigen überwiegenden Meinung, dass bei Verweigerung oder Verzögerung der Rechtsgewährung nicht der Rechtsmittelweg eröffnet, sondern die Dienstaufsicht anzurufen ist (vgl. hierzu Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 567 Rz. 21 m.w.N.). Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung des BVerfG (FamRZ 2001, 753; NJW 2003, 2672) und des EuG H MR (NJW 2001, 2694; FamRZ 2009, 1037 LS) scheint allerdings fraglich, ob diese Auffassung noch uneingeschränktaufrecht zu erhalten ist. Die nicht abgeschlossenen Überlegungen des Gesetzgebers zur Frage, ob durch eine Ergänzung des GVG ein Rechtsinstitut der Untätigkeitsbeschwerde für den Fall kodifiziert werden solle, dass ein gerichtliches Verfahren ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist vom Gericht gefördert wird, sind allerdings zwischenzeitlich insoweit modifiziert, dass statt eine Handlungslösung nunmehr nur noch eine Entschädigungslösung angestrebt wird, nach der ein gesetzlicher Anspruch auf Ausgleich des durch die überlange Dauer des Gerichtsverfahrens entstandenen materiellen und immateriellen Schadens geschaffen werden soll, soweit der Betroffene zuvor bei dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig war, erfolglos eine Beschleunigung des Verfahrens verlangt hat. Dass eine solche Lösung einen effektiven Rechtsschutz gewähren kann, erscheint allerdings zweifelhaft. Es lässt sich jedenfalls bislang zumindest ein praktisches Bedürfnis für einen effektiven Rechtsschutz gegen überlange Verfahrensdauer feststellen, sofern man eine mangelnde zeitgerechte Förderung des Verfahrens konventions- und verfassungskonform einer Aussetzung des Verfahrens gleichsetzt, die sowohl nach § 252 ZPO als auch nach § 21 II FamFG der Anfechtbarkeit unterliegt (vgl. Anm Rixe zu EuGHMR, Urteil vom 4.12.2008, Nr. 44036/02 in FamRZ 2009, 1037).
Während teilweise eine Untätigkeitsbeschwerde weiterhin abgelehnt wird (vgl. BVerwG, Beschl. vom 5.12.2006 - 10 B 68/06; LSG Berlin, Beschl. v. 9.11.2006 -...), haben der 3., 4. und 5. Senat für Familiensachen des OLG Frankfurt die Möglichkeit der Zulässigkeit einer Untätigkeitsbeschwerde dann gesehen, wenn besondere Umstände vorliegen, insbesondere Anlass zu der Annahme besteht, dass ein Fall völlig unzumutbarer und auf Rechtsverweigerung hinauslaufender Verzögerung vorliegt. Dies ist dann zu bejahen, wenn die Art der Behandlung des Verfahrens zu einer über das Normalmaß hinausgehenden, unzumutbaren Verzögerung einer Entscheidung führt, die im Ergebnis einer durch Untätigkeit verursachten willkürlichen Rechtsverweigerung bzw. einer Art stillschweigender Aussetzung des Verfahrens gleichkommt (Vgl. OLG Frankfurt vom 31.1.2006 Az 3 WF 295/05, vom 30.1.2007 FamRZ 2007, 1030 vom 10.8.2007 4 WF 72/07 und vom 20.11.2008 5 WF 199/08, so wohl auch Baumbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 127 Rz. 34 f. m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 127 Rz. 11 m.w.N.; Schneider, MDR 1968, 254; 1998, 1368; OLG Zweibrücken NJW-RR 2003, 1653). Versteht man es demgemäß als ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit, in derartigen Fällen die Beschwerde zu eröffnen, so kann es aber keinesfalls als zulässig erachtet werden, wenn die Untätigkeitsbeschwerde darauf gerichtet wird, das Familiengericht aufzufordern, eine inhaltlich bestimmte Entscheidung zu treffen. Ziel der Beschwerde kann nur sein, die Vorinstanz anzuweisen, dem Verfahren Fortgang zu geben, wobei zu beachten sein wird, dass durch die Zulässigkeit der Untätigkeitsbeschwerde das Verfahren nicht insgesamt weiter verzögert wird (vgl. hierzu Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 567 Rz. 21a).
Die Beschwerde hat vorliegend keinen Erfolg.
Das Verfahren vor dem AG gibt keine Veranl...