Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleich von im Anwartschaftsstadium statischen Versorgungsanrechten mit volldynamischen Anwartschaften gemäß der Barwertverordnung. Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes
Leitsatz (redaktionell)
Die Bewertung von betrieblichen Altersversorgungen mit Hilfe der BarwertVO 2006 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (anders OLG Oldenburg vom 28.7.2006 – 11 UF 61/01, OLGReport Oldenburg 2006, 672 = FamRZ 2006, 1389 = FamRB 2006, 266).
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 3; BarwertVO § 2 Abs. 2 S. 4
Verfahrensgang
AG Büdingen (Urteil vom 06.06.2006; Aktenzeichen 54 F 921/05) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich abgeändert.
Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Vers.-Nr. ..., werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Vers.-Nr. ..., Rentenanwartschaften von monatlich 147,09 EUR, bezogen auf den 31.12.2005 übertragen.
Zu Lasten der Anwartschaften des Antragsgegners auf Zusatzversorgung bei der VBL (Az. ...) werden auf dem o.g. Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund weitere Rentenanwartschaften von monatlich 17,79 EUR, bezogen auf den 31.12.2005 begründet.
Diese Monatsbeträge sind in Entgeltpunkte umzurechnen.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beteiligten werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 1.000 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die am 15.3.1991 geschlossene Ehe der Parteien ist durch das nur hinsichtlich des Ausgleichs der Zusatzversorgungen der Parteien im Versorgungsausgleich angefochtene Urteil des AG B. vom 6.6.2006 geschieden worden. Das AG hat den Versorgungsausgleich im Verbund durchgeführt und zugunsten der Antragstellerin monatliche Rentenanwartschaften von 147,09 EUR innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen sowie zu Lasten der Anwartschaften des Antragsgegners bei der VBL auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund weitere monatlich 15,11 EUR begründet. Dabei hat es die Zusatzversorgungen beider Parteien noch unter Anwendung der Barwertverordnung in der Fassung vom 26.5.2003, die jedoch mit Wirkung vom 1.6.2006 an erneut geändert worden ist, in eine volldynamische Rentenanwartschaft umgewertet.
Auf die zulässige Beschwerde der VBL ist das insoweit angefochtene Urteil deswegen hinsichtlich des Versorgungsausgleichs wie aus dem Tenor ersichtlich neu zu fassen.
Der Antragsgegner hat während der Ehezeit vom 1.3.1991 bis 31.12.2005 monatliche Rentenanwartschaften von 498,10 EUR bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erworben, die Antragsgegnerin solche von 203,92 EUR.
Die Hälfte des Differenzbetrags dieser beiderseitigen monatlichen Anwartschaften beträgt 147,09 EUR, die - wie vom AG zutreffend vorgenommen - gem. § 1587b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund auf das der Antragstellerin zu übertragen sind.
Die Antragstellerin hat darüber hinaus eine auf die Ehezeit bezogene, unverfallbare Anwartschaft bei der Zusatzversorgungskasse (ZVK) der Stadt F. i.H.v. monatlich 76,17 EUR, der Antragsgegner eine solche von monatlich 194,92 EUR bei der VBL.
Diese beiden noch nicht bezogenen Anrechte der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sind im Anwartschaftsstadium statisch (BGH, Beschl. v. 7.7.2004, XII ZB 277/03, FamRZ 2004, 1474 f. unter II.3.a), im Leistungsstadium dagegen als dynamisch zu beurteilen (BGH, Beschl. v. 7.7.2004, XII ZB 277/03, FamRZ 2004, 1474 f. unter II.3.b).
Um solche Versorgungsanrechte mit volldynamischen Anwartschaften vergleichbar zu machen, ist gem. § 1587a Abs. 3 BGB eine Umrechnung ihres jeweiligen Jahreswertes mit einem um 50 % erhöhten Faktor der Tabelle 1 der neuen Barwertverordnung vom 3.5.2006 vorzunehmen (§ 2 Abs. 2 Satz 4 BarwertVO) und der ermittelte Barwert mit den für das Ende der Ehezeit maßgeblichen Rechengrößen in Entgeltpunkte und sodann in eine dynamische monatliche Rente umzuwandeln.
Dabei folgt der Senat entgegen den Bedenken des OLG Oldenburg (Beschluss vom 28.7.2006, 11 UF 61/06 - veröff. in juris -, Anmerkung Hauß, FamRB 2006, 266 ff.) weiterhin der noch zur BarwertVO vom 26.5.2003 ergangenen Rechtsprechung des BGH (Beschlüsse vom 23.7.2003, FamRZ 2003, 1639 ff., 1640, und vom 25.5.2005, FamRZ 2005, 1464 ff., 1467), wonach eine verfassungsrechtlich relevante Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes bereits nach der seinerzeitigen Neufassung der BarwertVO unter Berücksichtigung aktualisierter biometrischer Wahrscheinlichkeiten bis auf weiteres nicht mehr festzustellen sei. Mit den zum 1.6.2006 nochmals um ca. 30 % erhöhten Werten der bis 30.6.2008 befristeten BarwertVO vom 3.5.2006 und der Veränderung des Rechnungszinses (4,5 %) ist neueren Entwicklungen Rechnung getragen worden, so dass jetzt erst recht trotz weiterhin noch möglicher Wertve...