Leitsatz (amtlich)
1. Werden in einem Gewaltschutzverfahren Maßnahmen nach § 1 GewSchG und eine Wohnungszuweisung nach § 2 GewSchG beantragt, sind die in § 49 FamGKG genannten Werte für Gewaltschutzsachen nach § 1 und 2 GewSchG bei der Wertfestsetzung zu addieren.
2. Die Zahl der vom Antragsteller begehrten Schutzanordnungen nach § 1 GewSchG ist für die Wertfestsetzung ohne Bedeutung.
Normenkette
FamGKG §§ 49, 41, 33 Abs. 1 S. 1; GewSchG §§ 1-2
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.07.2014; Aktenzeichen 472 F 18215/14) |
Tenor
Die Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluss wird unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde abgeändert. Der Verfahrenswert wird für den ersten Rechtszug festgesetzt auf 2.500 EUR.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes ist zulässig; der Beschwerdewert ist erreicht, weil die vom Beschwerdeführer begehrte Wertfestsetzung eine Erhöhung der ihm zustehenden Vergütung um mehr als 200 EUR zur Folge hätte (§§ 59 Abs. 1, 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG, § 32 Abs. 2 S. 1 RVG).
Die Beschwerde ist in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen zurückzuweisen.
Entgegen der Auffassung des AG sind in Gewaltschutzverfahren, deren Gegenstand Anträge nach §§ 1 und 2 GewSchG sind, die in § 49 Abs. 1 FamGKG für beide Anträge genannten Werte zu addieren. Dies folgt aus § 33 Abs. 1 Satz 1 FamGKG, wonach in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrere Verfahrensgegenstände zusammengerechnet werden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Für die vom AG vertretene Auffassung, ein Antrag nach § 2 GewSchG beinhalte immer auch einen Antrag nach § 1 GewSchG, weshalb dessen Wert in dem für Anträge nach § 2 GewSchG vorgesehenen Wert aufgehe, findet sich im Gesetz keine Stütze (so auch OLG Bamberg, Beschl. v. 16.2.2011? 7 UF 37/11, BeckRS 2011, 22302; Thiel in Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, 1. Aufl. 2009, § 49 Rz. 10).
Für das vorliegende einstweilige Anordnungsverfahren ist der Verfahrenswert daher gem. §§ 49 Abs. 1, 41 FamGKG auf die Hälfte der Summe der für Gewaltschutzverfahren nach §§ 1 und 2 GewSchG vorgesehenen Werte von 2.000 bzw. 3.000 EUR und damit in der Summe auf 2.500 EUR festzusetzen.
Die vom Beschwerdeführer im Hinblick auf die Vielzahl der von ihm beantragten Schutzanordnungen nach § 1 GewSchG begehrte Festsetzung eines darüber hinausgehenden Werts kommt hingegen nicht in Betracht. Bei dem Antrag nach § 1 GewSchG handelt es sich um einen verfahrenseinleitenden Antrag i.S.d. § 23 Abs. 1 FamFG. Eine Konkretisierung der gewünschten Schutzanordnungen im Antrag ist nicht erforderlich. Ebenso wenig ist das Gericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte, vom Antragsteller begehrte Schutzmaßnahmen beschränkt. Vielmehr trifft es im Rahmen der ihm nach § 26 FamFG obliegenden Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl. 2014, § 1 GewSchG, Rz. 2). Eine Vielzahl vom Antragsteller begehrter Schutzanordnungen führt daher nicht dazu, dass Gegenstand des Verfahrens mehr als ein Antrag nach § 1 GewSchG wäre.
Da auch eine mit der Festsetzung des Regelwerts nach den besonderen Umständen des Einzelfalls verbundene Unbilligkeit, welche nach § 49 Abs. 2 FamGKG eine abweichende Wertfestsetzung rechtfertigen würde, weder vorgetragen noch ersichtlich ist, bleibt es bei dem sich aus §§ 49 Abs. 1, 41 FamGKG ergebenden Wert.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren ist kraft gesetzlicher Anordnung gebührenfrei; Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet (§ 59 Abs. 3 FamGKG).
Fundstellen
AGS 2014, 522 |
FF 2015, 130 |
FamRB 2015, 183 |
NJW-Spezial 2014, 733 |
NZFam 2015, 84 |