Leitsatz (amtlich)
Die Zurückweisung eines das Verfahren betreffenden Gesuches, welche keiner mündlichen Verhandlung bedarf, unterliegt in Ehe- und Familienstreitsachen nicht der Anfechtung mittels der (sofortigen) Beschwerde.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 567 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 02.06.2012; Aktenzeichen 536 F 17/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.
Beschwerdewert: EUR 2.000,00
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1. Die Beteiligten betreiben in vorliegendem Verfahren die Scheidung ihrer am 4.8.2006 geschlossenen Ehe. Der Antragsgegner ist im Verfahren bisher anwaltlich nicht vertreten.
In einer mündlichen Verhandlung vom 4.5.2012 erschien der Antragsgegner in Begleitung einer Rechtsanwältin, bevollmächtigt nur zum Abschluss eines Vergleiches. In dieser Verhandlung beabsichtigten die Beteiligten, eine umfassende Scheidungsfolgenvereinbarung protokollieren zu lassen, die der Antragsschrift bereits beigefügt war.
Das Familiengericht lehnte diese Protokollierung - mit Ausnahme des den Versorgungsausgleich der Beteiligten betreffenden Teiles - zunächst mündlich und dann in dem angefochtenen Beschluss mit ausführlicher Begründung ab. Dieser wurde der Antragstellerin am 9.7.2012 zugestellt. Hiergegen richtet sich ihre sofortige Beschwerde vom 12.7.2012, mit der sie erstrebt, das Familiengericht zur Durchführung der Protokollierung zu verpflichten.
Am 24.9.2012 und 12.11.2012 war seitens des Senates auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen worden; am 12.11.2012 erfolgte in (entsprechender) Anwendung von § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO seitens des berufenen Einzelrichters die Übertragung der Entscheidung auf den Senat.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin war zu verwerfen, da selbige nicht statthaft ist, §§ 113 I 2 FamFG, 572 II 2 ZPO bzw. § 68 II 2 FamFG.
Die Unstatthaftigkeit des Rechtsmittels als Beschwerde i.S.d. §§ 58 ff. FamFG ergibt sich - in Übereinstimmung mit der Antragstellerin - daraus, dass diese keine Endentscheidung des Familiengerichts i.S.v. § 38 FamFG, sondern eine Zwischenentscheidung desselben anficht.
Aber auch als sofortige Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung des Familiengerichts vom 2.6.2012, die Protokollierung der umfassenden Scheidungsfolgenvereinbarung - mit Ausnahme des den Versorgungsausgleich der Beteiligten betreffenden Teiles - abzulehnen, ist nicht statthaft, da das FamFG - auch in Verbindung mit der ZPO - ein solches Rechtsmittel nicht eröffnet.
Nach § 1 FamFG findet selbiges Anwendung auf Familienverfahren, wobei § 111 Nr. 1 FamFG auch Ehesachen hierzu zählt. Nach § 113 I 1 FamFG finden diverse Vorschriften des Allgemeinen Teils des FamFG keine Anwendung; nach § 113 I 2 FamFG gelten (stattdessen) die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den LG entsprechend, also die §§ 1 - 494a ZPO. Einen sonstigen Verweis auf Erkenntnis- und Rechtsmittelverfahrensvorschriften der ZPO enthält das FamFG für Ehe- und Familienstreitsachen nur in § 117 FamFG in Bezug auf die Ausgestaltung der Beschwerde nach den §§ 58 ff. FamFG. Eine ausdrückliche Verweisung auf § 567 I Nr. 2 ZPO, wonach die sofortige Beschwerde in den Fällen eröffnet ist, in denen erstinstanzlich ein das Verfahren betreffendes Gesuch (Protokollierung des Vergleiches) in einer eine mündliche Verhandlung nicht erfordernder Weise zurückgewiesen wurde, enthält das FamFG nicht.
Insofern ist auch keine Analogie geboten; es fehlt bereits an einer Regelungslücke.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das FamFG - mit Ausnahme der Stellen, die eine entsprechende Anwendung der §§ 567 ff. ZPO ausdrücklich vorsehen, z.B. §§ 6 II, 21 II, 76 II FamFG - Rechtsmittel gegen gerichtliche Zwischenentscheidungen nicht vorsieht. Zwar werden diese Vorschriften nach § 113 I FamFG weitestgehend durch Vorschriften der ZPO verdrängt, durch die genannte beschränkte Verweisung auf die §§ 1 - 494a ZPO erfolgt jedoch zunächst nur eine Substitution der Verfahrens-, nicht der Rechtsmittelvorschriften. Für Letzteres enthalten die in § 113 I 2 FamFG in Bezug genommenen ZPO-Vorschriften eigene Anknüpfungspunkte, z.B. §§ 46 II, 91a II, 99 II, 127, 252 ZPO, die eine Anfechtbarkeit mittels der sofortigen Beschwerde zulassen. Dies betrifft somit die Regelung des § 567 I Nr. 1 ZPO. Obgleich in § 113 I 2 FamFG nicht die Geltung der §§ 567 ff. ZPO in diesen Fällen angeordnet wird, ist hierin ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers zu erblicken. Der BGH (NJW 2011, 2434 ff., Rz. 8 f.) dazu folgendes ausgeführt:
"...
Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG sind in Familienstreitsachen (hier: Unterhaltssache nach §§ 112 Nr. 1, 231 Nr. 1 FamFG) die Vorschriften des FamFG über die Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 bis 78 FamFG) nicht anzuwenden. Stattdessen gelten gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Allgemeinen Vorschriften der ZPO, mithin auch die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, welche a...