Leitsatz (amtlich)
1. Durch Mehrheitsbeschluss kann der jeweilige Verwalter ermächtigt werden, rückständiges Wohngeld als Verfahrensstandschafter gerichtlich geltend zu machen.
2. Eine derartige bei Anhängigmachung eines Antrags der Gemeinschaft im WEG-Verfahren bestehende Ermächtigung gilt auch nach Abberufung des Verwalters weiter, es sei denn, sie wird durch einen Beschluss der Gemeinschaft widerrufen oder der neue Verwalter tritt in das Verfahren ein.
3. Die Gemeinschaft ist nicht deshalb gehindert, sich auf ein in der Teilungserklärung enthaltenes Verbot der Aufrechnung bzw. Zurückbehaltung ggü. Wohngeldforderungen zu berufen, weil auch andere Wohnungseigentümer außer dem Antragsgegner säumig sind.
Normenkette
WEG § 27 Abs. 2 Nr. 5, § 28 Abs. 2, § 43
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 01.09.2004; Aktenzeichen 19 T 395/2002) |
AG Offenbach (Aktenzeichen 41-II 129/2002) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Er hat der Antragstellerin ihre außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu erstatten.
Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 6.768,02 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten streiten um rückständiges Wohngeld nebst Zinsen für Dezember 2001 bis Juni 2002.
Nach § 10 Abs. 4 der Teilungserklärung der Gemeinschaft vom 29.2.1972 (auszugsweise vorgelegt auf Bl. 49-54 d.A.) ist das sich aus dem Wirtschaftsplan ergebende Wohngeld jeweils bis zum 3. des Monats im voraus zu entrichten, mit 4 % ü-ber dem jeweiligen Diskontsatz der ...-bank zu verzinsen und der Wohnungseigentümer darf weder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, noch aufrechnen. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 der Teilungserklärung ist der Verwalter ermächtigt, das Wohngeld und die sonstigen Zahlungen im Namen und für Rechnung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einzuziehen und diese ggü. einem säumigen Wohnungseigentümer geltend zu machen.
Zu TOP 7 der Erbbauberechtigtenversammlung vom 31.3.1993 wurde beschlossen, dass der jeweilige Verwalter im eigenen Namen insb. Wohngeldbeitreibungen gerichtlich geltend machen und entsprechende Klagen unter Hinzuziehung von Rechtsanwälten führen kann. Weiter wurde zu TOP 6 der selben Versammlung beschlossen, dass der jeweilige Wirtschaftsplan solange Fortbestand hat, bis ein neuer Wirtschaftsplan für die Gemeinschaft beschlossen wurde (Bl. 56, 57 d.A.). Nach dem Verwaltervertrag vom 23.11.1998 war die Antragstellerin ermächtigt, die Erbbauberechtigtengemeinschaft in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung gerichtlich im eigenen Namen zu vertreten, ohne dass es hierzu eines Mehrheitsbeschlusses bedurfte. In der Versammlung vom 15.12.1999 erfolgte die Beschlussfassung über den Wirtschaftplan 2000 mit der Maßgabe, dass dieser solange gilt, bis er durch einen neuen beschlossenen Wirtschaftsplan ersetzt wird. Ein Beschluss der Erbbauberechtigtenversammlung vom August 2000 über die Genehmigung des Wirtschaftsplans 2001 wurde auf Anfechtung hin wieder aufgehoben.
Die Antragstellerin wurde durch Beschluss der Erbbauberechtigtenversammlung vom 14.11.2001 (Bl. 135 d.A.) als gewählte Verwalterin abberufen. Diesen Abberufungsbeschluss setzte das AG in dem Anfechtungsverfahren 41-II 256/01 durch einstweilige Anordnung vom 4.12.2001 (Bl. 35-37 d.A.) außer Vollzug. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung verwarf die Kammer mit Beschluss vom 22.01.2002 als unzulässig (Bl. 38-41 d.A.). Die einstweilige Anordnung änderte das AG mit Beschl. v. 3.12.2002 ab und setzte die Abberufung der Antragstellerin wieder in Vollzug. Ferner wurde ab 1.1.2003 die Firma A. und B. GmbH als Verwalterin bis zur rechtskräftigen Entscheidung eingesetzt. Am 22.11.2003 erging der Beschluss des AG im Hauptsacheverfahren, durch den festgestellt wurde, dass die Verwalterbestellung der Antragstellerin zum 31.12.2002 endete. In einer einstweiligen Anordnung wurde verfügt, das die Fa. A. & B. die Gemeinschaft bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder bis zu einer anderen einstweiligen Anordnung weiter verwaltet.
Die Antragstellerin hat mit am 10.6.2002 bei Gericht eingegangenem und dem Antragsgegner am 14.6.2002 zugestelltem Antrag rückständiges Wohngeld von monatlich 966,86 EUR für Dezember 2001 bis Juni 2002i.H.v. 6.768,02 EUR nebst Zinsen und Kosten geltend gemacht. Zur Begründung ihrer Antragsbefugnis hat sie sich auf den Verwaltervertrag vom 23.11.1998, den § 13 Abs. 2 Nr. 2 der Teilungserklärung sowie auf den am 31.3.1993 zu TOP 7 gefassten Beschluss gestützt. Die Höhe der Wohngeldforderung hat die Antragstellerin aus dem am 15.12.1999 beschlossenen Wirtschaftsplan 2000 nebst der ebenfalls beschlossenen Fortgeltung hergeleitet.
Der Antragsgegner ist dem Zahlungsbegehren entgegengetreten, da kein rechtskräftiger Wirtschaftsplan für den beschlossenen Zeitpunkt vorliege, auch sei keine ordnungsgemäße Verwaltung durch die Antragstellerin gewährleistet. Er hat ein Zurück-behaltungsrecht...