Leitsatz (amtlich)

In einer nichtstreitigen Familiensache wird ein Beschluss im Sinne des § 38 FamFG dadurch erlassen, dass die Entscheidungsformel den anwesenden Beteiligten verlesen wird oder aber eine Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle erfolgt. Eine Verkündung der Entscheidung unter Abwesenheit der Beteiligten ist weder nötig noch hinreichend. Die Geschäftsstelle hat das maßgebliche Datum auf dem Beschluss zu vermerken.

Auch gegen eine von Amts wegen durch einstweilige Anordnung getroffene Verbleibensanordnung ist die Beschwerde nach Maßgabe von § 57 S. 2 FamFG statthaft.

Zu den Voraussetzungen des Erlasses einer Verbleibensanordnung bei einem Wechsel der Pflegestelle.

 

Normenkette

FamFG §§ 38, 40-41, 57; BGB § 1632 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Hanau (Beschluss vom 10.09.2015; Aktenzeichen 60 F 1494/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Mutter vom 28.09.2015 und des Vaters vom 23.09.2015 wird der auf den 10.09.2015 datierte Beschluss des AG - Familiengerichts - Hanau, Az. 60 F 1494/15 eAHK, im Ausspruch über den vorläufigen Verbleib des Kindes ... (1. Absatz des Tenors der Entscheidung) dahingehend abgeändert, dass keine Veranlassung zu einer gerichtlichen Regelung besteht.

Hinsichtlich der Kosten und des Wertes des Verfahrens erster Instanz bleibt es bei dem angefochtenen Beschluss. Für das Beschwerdeverfahren werden ebenfalls keine Gerichtskosten erhoben und wird von einer Anordnung der Auslagenerstattung abgesehen.

Beschwerdewert: EUR 1.500,00

Die Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfeanträge der Eltern bleibt vorbehalten; dem Vater wird aufgegeben, bis 10.02.2016 eine (erneute) Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen zur Akte zu reichen.

 

Gründe

I. Die Eltern begehren mit ihren Beschwerden die Aufhebung eines vom Familiengericht im Wege einstweiliger Anordnung bestimmten Verbleibs ihrer Tochter ... bei den aktuellen (Bereitschafts-)Pflegeeltern.

Im Dezember 2014 nahm das Jugendamt ... nach § 42 SGB VIII in Obhut und brachte diese bei einer Bereitschaftspflegefamilie unter. Da die Eltern der Inobhutnahme widersprachen, regte das Jugendamt am 16.12.2014 die Einleitung von Verfahren zur Prüfung von Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für das Wohl ... s und ihres ca. 3 Jahre jüngeren Bruders O. an. Das Familiengericht leitete daraufhin parallel das zu Az. 60 F 2221/14 eASO geführte einstweilige Anordnungs- und das zu Az. 60 F 2226/14 SO geführte Hauptsacheverfahren mit diesem Prüfungsgegenstand ein. Mit Beschluss vom 18.12.2014 entzog es den Eltern die ihnen bis dahin gemeinsam zustehende elterliche Sorge für ... in Teilbereichen, richtete Ergänzungspflegschaft ein und bestellte das Jugendamt der Stadt Hanau zum Ergänzungspfleger. Nach persönlicher Anhörung der Beteiligten und Erörterung mit ihnen am 14.01.2015 erweiterte das Familiengericht den Entzug der elterlichen Sorge betreffend ... und entzog den Eltern auch ihre gemeinsame Sorge für den Bruder O. in Teilbereichen, ordnete insoweit ebenfalls Ergänzungspflegschaft an und bestellte ebenso das Jugendamt der Stadt ... zum Pfleger. Dieser Beschluss wurde bestandskräftig; O. wurde ebenfalls aus der Familie, in der auch ein älterer Halbbruder und zwei jüngere Vollgeschwister der hier betroffenen Kinder leben, herausgenommen und bei der Pflegefamilie, in der ... schon lebte, untergebracht.

Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens entzog das Familiengericht mit bestandskräftig gewordenem Beschluss vom 10.09.2015 hinsichtlich beider Kinder den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, richtete Pflegschaft insoweit ein und bestellte nunmehr endgültig das Jugendamt der Stadt ... als Pfleger.

Bereits am 24.08.2015 hatte der in beiden Verfahren tätige Verfahrensbeistand darauf hingewiesen, dass der Wechsel beider Kinder von der (bereitschafts-)Pflegefamilie in eine Kleinstheimeinrichtung vom Pfleger beabsichtigt sei, dem er in Bezug auf ... und deren Ablehnung eines Umzugs und ihrer ambivalenten Beziehung zu ihrem Bruder nicht zustimmen könne. Das Familiengericht leitete hinsichtlich ... unmittelbar vorliegendes einstweiliges Anordnungsverfahren zur ggf. Bestimmung eines Verbleibs ... in der Pflegefamilie ein und gewährte dem Jugendamt rechtliches Gehör. Mit Beschluss vom 28.08.2015 ordnete das Familiengericht unter Bestimmung eines Anhörungstermins auf den 10.09.2015 den vorläufigen Verbleib ... in der Pflegefamilie bis dahin an.

Nach Anhörung und Erörterung mit den Beteiligten ordnete das Familiengericht mit einem auf den 10.09.2015 datierten, unter Abwesenheit der Beteiligten an diesem Tage durch Bezugnahme verkündeten und spätestens am 10.09.2015 zur Geschäftsstelle gelangten Beschluss den weiteren vorläufigen Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie an; zugleich leitete es ein Hauptsacheverfahren mit diesem Prüfungsgegenstand ein sowie ordnete dort die Einholung eines Sachverständigengutachtens an, welches seit Dezember 2016 auch dem Senat vorliegt.

Hinsichtlich beider Kinder arbeiten die Eltern an der Verbesserung ihrer Erzieh...

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