Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage, ob und inwieweit Ergänzungen und Zusätze im Testament von der Unterschrift des Testierenden umfasst sind.

 

Normenkette

BGB § 2247

 

Verfahrensgang

LG Fulda (Beschluss vom 01.08.1994; Aktenzeichen 3 T 128/94)

AG Hünfeld (Aktenzeichen VI F 6/93)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Prüfung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 150.000,– DM.

 

Gründe

Die Erblasserin, die ihren am 13. Februar 1988 vorverstorbenen Ehemann … auf Grund gemeinschaftlichen Testaments vom 28. August 1978 allein beerbt hat, hinterließ ein undatiertes eigenhändig geschriebenes Testament. Darin sind Anordnungen hinsichtlich der mit ihrer Beerdigung und einer künftigen Grabpflege im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten enthalten. Zur Erbfolge enthält das Testament folgende Bestimmung: „Von … und … die Angehörigen + Enkel bekommen gar nichts”. Links unter ihrer mit „…” gezeichneten Unterschrift befindet sich der Zusatz: „Wer zuletzt mich pflegt u. sorgt bekommt das Haus, Schmuck und alles.”

Der Antragsteller stellte am 6./14. Dezember 1993 den Antrag, einen ihn als Alleinerben ausweisenden Erbschein nach der Erblasserin zu erteilen. Zur Begründung führte er an, daß er der Lebensgefährte der Erblasserin gewesen sei und daß er sie in den letzten vier Jahren vor ihrem Tode umfassend betreut und schließlich auch gepflegt habe.

Das Amtsgericht Hünfeld hat die Erteilung des beantragten Erbscheins durch Beschluß vom 18. Mai 1994 abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Beide Vorinstanzen halten den Zusatz für eine formunwirksame letztwillige Verfügung.

Mit der weiteren Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die landgerichtliche Entscheidung. Sein Rechtsmittel ist zulässig und hat in der Sache in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

Mit den Vorinstanzen geht auch der Senat davon aus, daß die Unterschrift des Erblassers Voraussetzung für die Gültigkeit eines eigenhändig geschriebenen Testaments ist (vgl. dazu § 2247 BGB) und daß Ergänzungen, auch wenn sie sich auf demselben Blatt Papier befinden, von der Unterschrift aber räumlich gesehen nicht gedeckt werden, grundsätzlich gleichfalls gesondert unterschrieben werden müssen (vgl. dazu BGH NJW 1974, 1083 = MDR 1974, 742 = BB 1975, 813; OLG Köln OLG-Report Köln 1994, 326 = MDR 1993, 1210 = FuR 1993, 356 = NJW-RR 1994, 74 = FamRZ 1994, 330). Zutreffend hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch ausgeführt, daß Ergänzungen ausnahmsweise von der auf dem Testament bereits befindlichen Unterschrift gedeckt werden, wenn die Auslegung des Testaments ergibt, daß sie von der vorhandenen Unterschrift nach dem Willen des Erblassers noch gedeckt sein sollen, und daß dies z. B. zutrifft, wenn das Testament ohne die vorgenommenen Ergänzungen lückenhaft, unvollständig oder nicht durchführbar wäre, wenn der wirkliche Wille des Erblassers nur aus beiden vom Erblasser niedergeschriebenen Erklärungen ersichtlich wird.

Das Landgericht hat sich nicht mit der Frage befaßt, ob die Unterschrift der Erblasserin hier ausnahmsweise auch den Zusatz deckt, weil der über der Unterschrift befindliche Teil des Testaments unvollständig ist. Das ist nach Auffassung des Senats jedoch der Fall. Gerade die vom Landgericht für seine Meinung angeführte Tatsache, daß der Zusatz der einzige Anhaltspunkt für die Frage ist, wer Erbe des Vermögens sein soll, spricht für den Senat. Die Anordnungen der Erblasserin stellen sich ohne den Zusatz nur als Fragment eines Testaments dar. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den von der Erblasserin verfügten Ausschluß aller Angehörigen, auch der Angehörigen ihres vorverstorbenen Mannes. Ob die Frage anders zu beurteilen wäre, wenn der über der Unterschrift stehende Teil des Testaments ausschließlich Anordnungen hinsichtlich der Beerdigung und der künftigen Grabpflege oder irgend eine testamentarische Zuwendung enthielte oder Anhaltspunkte dafür bestünden, daß der Fiskus Erbe werden soll, kann hier offenbleiben; denn dies ist ersichtlich nicht der Fall.

Danach kann die mit der weiteren Beschwerde angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist vielmehr an das Landgericht zurückzuverweisen.

Bei seiner neuen Entscheidung wird das Landgericht auch zu prüfen haben, ob der fragliche Zusatz mit § 2065 Abs. 2 BGB in Einklang steht. Danach kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht einem anderen überlassen (vgl. dazu BGHZ 15, 199; BGH NJW 1965, 2201; BayObLG FamRZ 1991, 610). Der Senat hatte sich in der Sache 20 W 250/91 (= NJW-RR 1992, 72 = OLGZ 1992, 271 = MDR 1992, 162 = FamRZ 1992, 226 = MittRhNotK 1992, 51) mit der Verfügung „Ich setze denjenigen als Erben ein, der mich im Alter pflegt und die Beerdigung übernimmt.” zu befassen, konnte aber die Frage, ob e...

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