Leitsatz (amtlich)
1.
Wenn bereits nach dem Sachverhalt des Vorlagebeschlusses eine Ausschließung des Verteidigers nicht in Betracht kommt, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
2.
Der Versuch der Strafvereitelung durch den Verteidiger beginnt im Falle der Herbeiführung einer unrichtigen Aussage eines Zeugen mit Beginn von dessen Aussage. Dies gilt auch dann, wenn der Verteidiger dem Gericht zuvor den nicht unterschriebenen Text einer angeblich von dem Zeugen stammenden - tatsächlich jedoch nicht mit ihm abgestimmten - unrichtigen eidesstattlichen Versicherung vorlegt.
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 06.02.2003; Aktenzeichen 951 Ls 3590 Js 206903/01) |
Tenor
Die Vorlage des Amtsgerichts - Jugendschöffengerichts - Frankfurt am Main vom 6.2.2003 betreffend die Ausschließung des Rechtsanwalts von der weiteren Mitwirkung an dem Strafverfahren wird verworfen.
Die Kosten des Ausschließungsverfahrens und die dem Verteidiger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Die durch den Beschluss vom 6. 2. 2003 begründete Vorlage zur Entscheidung über die Ausschließung des Verteidigers ist gemäß § 138 c Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO zulässig. Insbesondere genügt die Vorlage dem Erfordernis einer hinreichenden Mitteilung der Tatsachen, aus denen sich im Fall ihres Nachweises das die Ausschließung des Verteidigers rechtfertigende Verhalten ergeben soll, und der Beweismittel (vgl. Senatsbeschl. v. 15. 6. 1994-3 Ws 443/94 (Ausschl. ); Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl. 2003, § 138 c, Rz. 9 m. w. N. ).
Der Vorlagebeschluss ist jedoch nicht begründet. Die Vorlage ist unschlüssig, weil die angeführten Tatsachen - auch bei Unterstellung ihrer Richtigkeit - die Ausschließung des Verteidigers nicht zu rechtfertigen vermögen.
In einem derartigen Fall ist die Vorlage ohne mündliche Verhandlung als unbegründet zu verwerfen (vgl. OLG Karlsruhe NJW 1975, 943, 945; OLG Braunschweig StV 1984, 500, 502; OLG Bremen NJW 1981, 2711; LG Bamberg AnwBl 1980, 33; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1998, 336; Meyer-Goßner, aaO, § 138 d, Rz. 1). Das Erfordernis der mündlichen Verhandlung dient dem Schutz des Verteidigers, dem dadurch Gelegenheit gegeben werden soll, die ihn entlastenden Umstände darzulegen und die ihn belastenden Beweise zu entkräften, sofern eine Ausschließung in Betracht kommt. Wenn eine Ausschließung nach dem Inhalt des Vorlagebeschlusses - wie hier - jedoch von vornherein ausscheidet, gebietet der Grundsatz der Beschleunigung des Verfahrens, unter Verzicht auf eine mündliche Verhandlung das Zwischenverfahren so schnell wie möglich abzuschließen (vgl. OLG Karlsruhe, aaO, 945; OLG Bremen, aaO, 2711).
Der in dem Vorlagebeschluss zugrundegelegte Sachverhalt füllt den Ausschließungsgrund des § 138 a Abs. 1 Nr. 3 StPO nicht aus. Denn der Verteidiger ist danach nicht der Strafvereitelung verdächtig.
Die Vorschrift setzt voraus, dass der Verteidiger zumindestens hinreichend verdächtig ist, eine Handlung begangen zu haben, die für den Fall der Verurteilung des Angeklagten eine Strafvereitelung gem. § 258 StGB darstellte. Versuchte Strafvereitelung reicht aus (vgl. Senatsbeschlüsse v 13. 3. 1992 - (2) 3 Ws 136/92 (Ausschl. ) und v. 15. 6. 1994- (1) 3 Ws 443/94 (Ausschl. ); Meyer-Goßner, aaO, § 138 a Rz. 11). Im Zuge der Neufassung durch das EGStGB (BGBI. 1, 1974, 469) ist der Strafvereitelungstatbestand als Erfolgsdelikt ausgestaltet worden. Als Vereitelungserfolg reicht grundsätzlich jede Besserstellung des Täters aus (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl. 2003, § 258, Rz. 5). Dabei kommen auch Verteidigermaßnahmen als Vereitelungshandlung in Betracht, die darauf abzielen, in bewusst verfälschender oder verdunkelnder Weise auf die Wahrheitsfindung im Strafverfahren Einfluss zu nehmen.
Eine vollendete Strafvereitelung scheidet hier von vornherein aus. Das Jugendschöffengericht hält in seiner Vorlage die Aussage des Zeugen E. für glaubhaft und geht davon aus, dass ein unterschriebenes Original der eidesstattlichen Versicherung nie existierte und der Zeuge an der Erklärung nicht mitgewirkt hat. Danach fehlt es an einem Vereitelungserfolg in Form des Herbeiführens einer unrichtigen Zeugenaussage. Ein Vereitelungserfolg ergibt sich auch nicht aufgrund der eingetretenen Verfahrensverzögerung, da der Zeuge bereits 5 Tage nach dem Beweisantrag vernommen wurde und § 258 StGB eine nicht nur unerhebliche Verzögerung der Aburteilung erfordert (vgl. Tröndle/Fischer, aaO, § 258, Rz. 5 m. w. N. )
Das Verhalten des Verteidigers stellte aber auch keine versuchte Strafvereitelung gemäß den §§ 258 Abs. 1, Abs. 4, 22 StGB dar.
Der Verteidiger hat nicht durch den Antrag auf Vernehmung des Zeugen E. in der Hauptverhandlung vom 15. 1. 2003 i. S. d. § 22 StGB nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zur Strafvereitelung angesetzt. Der Antrag stellte vielmehr eine straflose bloße Vorbereitungshandlung dar. Nach der gem. § 22 StGB gebotenen subjektivobjektiven Betrachtung (vgl. Tröndle/Fischer, aaO, § 22 Rz...