Entscheidungsstichwort (Thema)
OWi-Recht. Durch Messverfahren "Provida 2000 Modular" festgestellter Geschwindigkeitsverstoß
Leitsatz (amtlich)
Auch bei dem Messverfahren "Provida 2000 Modular" reicht es aus, darzulegen, dass ein sog. standardisiertes Verfahren zum Einsatz gekommen ist, die Messung ordnungsgemäß durchgeführt wurde, sowie die gewonnenen Messergebnisse und die in Ansatz gebrachte Messtoleranz mitzuteilen.
Sollte die konkrete Verwendung des Messgeräts einen anderen als vom Amtsgericht zugrunde gelegten Toleranzwert notwendig machen, bedarf es einer Verfahrensrüge, in der der Betroffene konkret darlegen muss, in welcher Art und Weise die Messanlage in Einsatz gebracht worden ist und welcher anderer, als der festgestellte Toleranzwert sich daraus ergibt.
Normenkette
StVG §§ 25, 24; StVO §§ 49, 41
Verfahrensgang
AG Kassel (Entscheidung vom 09.10.2012; Aktenzeichen 9863 Js 31407/12) |
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 09. Oktober 2012 wird verworfen, weil die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf das Rechtsbeschwerdevorbringen hin keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat.
2. Der Betroffene hat die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Kassel hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 240,- EUR festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde in der er Fehler des formellen und sachlichen Rechts rügt.
Die erhobenen Verfahrensrügen genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen. Auf Sachrüge weist das Urteil keine Rechtsfehler auf.
Ausführungen bedarf es aufgrund der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft nur zu Folgendem:
Die vorliegende Geschwindigkeitsmessung nach der der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nach Abzug eines Toleranzwertes von 5 % um 52 km/h überschritten hatte, ist mit einer Verkehrsüberwachungsanlage des Typs ProVida 2000 Modular erfolgt. Nach den Feststellungen arbeitet das Messgerät nach einem standardisierten Messverfahren, das Messgerät war geeichte und hat ordnungsgemäß gearbeitet. Die konkrete Einsatzart des für verschiedene Einsatzmöglichkeiten (Auto1, Auto2, MAN, Spilt) konzipierten Geräts wird nicht mitgeteilt.
Soweit der Tatrichter, wie vorliegend, die Voraussetzungen eines sog. standardisierten Verfahrens für das zum Einsatz gekommene Messverfahren darlegt und sich von der ordnungsgemäßen Durchführung der Messung überzeugt hat, bedarf es über die Mitteilung der gewonnenen Messergebnisse und der in Ansatz gebrachten Toleranz hinaus in der Regel keiner weiteren Ausführungen. Die amtliche Zulassung von Geräten und Messmethoden verfolgt insoweit -ebenso wie die Reduzierung des gemessenen Wertes um einen, die systemimmanenten Messfehler erfassenden Toleranzwert - gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von den Sachverständigengutachten und Erörterungen des Regelfalls freizustellen (vgl. st. Rspr. BGHSt 39, 291; OLG Bamberg DAR 2012, 154 Rn. 17). Fehlerquellen sind nur zu erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Entgegen der Ansicht des Betroffenen bedarf es einer zulässigen Verfahrensrüge, wenn er die vom Gericht getroffenen Feststellungen angreifen will. Auf Sachrüge sind neben den Verfahrensvoraussetzungen nur Rechtsfehler beachtlich, die sich aus der Urteilsurkunde selbst ergeben, oder gerichtsbekannt sind. Ziel der Sachrüge ist nämlich die Kontrolle der zutreffenden Anwendung des materiellen Rechts auf den festgestellten Sachverhalt. Umstände, die abweichend vom Regelfall dem Vertrauen in die Zuverlässigkeit von Messungen entgegenstehen, die aber in den Feststellungen keinen Niederschlag gefunden haben, können deshalb nicht im Wege der allgemeinen Sachrüge, sondern nur mit einer entsprechenden Verfahrensrüge gerichtlicher Kontrolle zugängig gemacht werden (so ausdrücklich BGHSt 39, 291 Rn. 30).
Das Amtsgericht ist vorliegend von einem standardisierten Messverfahren mit einem Toleranzwert von 5 % ausgegangen. Damit sind die Voraussetzungen der Tatsachendarlegung zur Nachvollziehbarkeit des vom Tatrichter gezogenen Beweisschlusses ausreichend. Sollte die konkrete Verwendung des Messgeräts vorliegend einen anderen als vom Amtsgericht zugrunde gelegten Toleranzwert notwendig machen (was vorliegend nicht der Fall ist), bedarf es einer Verfahrensrüge in der der Betroffene konkret darlegen muss, in welcher Art und Weise die Messanlage in Einsatz gebracht worden ist und konkret darlegen, welcher anderer, als der festgestellte Toleranzwert sich daraus ergibt. Dies stellt auch keine überzogenen Anforderungen an die Verteidigung dar, da dem Betroffenen durch das Verfahren alle notwendigen Anknüpfungstatsachen bekannt werden, die eine eigene Überprüfung ermöglichen.
Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde nicht gerecht. Es reicht nicht aus, allgem...