Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsausschlagung durch Eltern für ihre minderjährigen Kinder
Leitsatz (amtlich)
Schlägt ein vertretungsberechtigter Elternteil eine Erbschaft für sich als Vorerbe aus und schlagen dann die Eltern die Erbschaft für die als Nacherben vorgesehenen minderjährigen Kinder aus, so besteht für die Ausschlagung keine Genehmigungspflicht.
Normenkette
BGB § 1643
Verfahrensgang
LG Marburg (Beschluss vom 12.11.2009; Aktenzeichen 6 T 48/04) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Beschwerde der Beteiligten zu 4) - 6) zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) -3) sind die aus der ersten (geschiedenen) Ehe der Erblasserin hervorgegangenen Kinder. Die Erblasserin ist am -.-. 2002 verstorben, ihr zweiter Ehemann war bereits am -.-. 1988 vorverstorben. Die Beteiligten zu 4) bis 6) sind die Abkömmlinge des Beteiligten zu 1).
Die Erblasserin hat mehrere Verfügungen von Todes wegen errichtet, die nach ihrem Tod eröffnet worden sind.
Durch notarielles Testament vom 29.12.1988 (Bl. 5 ff Testamentsakte) hat sie den Beteiligten zu 1) zum befreiten Vorerben und dessen Abkömmlinge als Nacherben zu gleichen Teilen eingesetzt. Außerdem hat sie zugunsten der Beteiligten zu 2) und 3) Vermächtnisse ausgesetzt.
Am 7.9.1990 haben die Erblasserin und der Beteiligte zu 1) notariell unter Bezugnahme auf die vorgenannte Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) erklärt, dass sie diese Erbeinsetzung vertraglich vereinbaren (Bl. 7 ff Testamentsakte). Die Erblasserin hat darüber hinaus erklärt, dass es bei dem sonstigen Inhalt des vorgenannten Testamentes insbesondere den genannten Vermächtnissen verbleiben solle. Der Beteiligte zu 1) war bei dem Vertragsschluss nicht persönlich zugegen. Er ist durch eine vollmachtlose Notargehilfin vertreten worden und hat deren Erklärungen am 28.9.1990 durch eine notarielle Erklärung genehmigt.
In einem ergänzenden notariellen Testament vom 5.5.1993 (Bl. 12 ff Testamentsakte) hat die Erblasserin zugunsten der Beteiligten zu 3) verfügt, dass diese unter Anrechnung auf die Erb- und Pflichtteilsansprüche eine näher bezeichnete Eigentumswohnung erhalten solle.
Am 29.7.1999 haben die Erblasserin und die Beteiligten zu 1) bis 3) einen notariellen Überlassungsvertrag mit Erbverzicht geschlossen (Bl. 13 ff d.A.). Neben der Erblasserin waren die Beteiligten zu 1) und 3) persönlich anwesend. Der Beteiligte zu 2) wurde durch eine vollmachtlose Notarfachangestellte vertreten und hat deren Erklärungen am 21.8.1999 notariell genehmigt. In diesem Vertrag hat die Erblasserin dem Beteiligten zu 1) ihre ideelle Hälfte an einem näher bezeichneten Hausgrundstück in O1 übertragen, der bereits Eigentümer der anderen ideellen Hälfte war. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben erklärt, dass sie insoweit für sich und ihre Abkömmlinge auf ihr gesetzliches Pflichtteilsrecht und auf etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche verzichten. Der Beteiligte zu 1) hat erklärt, dass er gegenüber der Erblasserin auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichte. Die Erblasserin hat diesen Verzicht angenommen.
Nach dem Tod der Erblasserin hat der Beteiligte zu 1) zusammen mit seiner Ehefrau, der Mutter der Beteiligten zu 4) - 6), am 5.8.2002 - eingegangen beim AG am 7.8.2002 - in einer notariellen Erklärung die Erbschaft vorsorglich für sich und seine Kinder ausgeschlagen. Er hat ausgeführt, bei der Beurkundung des Überlassungsvertrags am 29.7.1999 seien seiner Mutter und ihm die letztwilligen Verfügungen nicht mehr gegenwärtig gewesen. Sie hätten eine endgültige Regelung in Form des erklärten Erbverzichts treffen wollen. Seine Erbeinsetzung und die seiner Kinder sei deswegen überholt und gegenstandslos. Die familiengerichtliche Genehmigung für die vorsorglich erklärte Erbausschlagung ist jedoch nicht erteilt worden.
Der Beteiligte zu 2) hat am 12.8.2002 für sich und die Beteiligte zu 3) einen Erbschein beantragt, der sie zu Miterben je zur Hälfte ausweist (Bl. 6 ff d.A.). Der Beteiligte zu 2) weist auch darauf hin, dass der Verzicht in die Richtung umfassender Verzicht gegangen sei, wie aus einem seinerzeit gefertigten Vermerk des Notars (Bl. 29) ersichtlich sei. Wäre dem Notar auch nur angedeutet worden, dass noch irgendwelche testamentarischen Erbeinsetzungen vorhanden seien, wäre der Verzicht auf alle Berufungsgründe fixiert worden (Bl. 27).
Für die damals noch sämtlich minderjährigen Beteiligten zu 4) - 6) ist eine Ergänzungspflegerin zur Vertretung im Nachlassverfahren bestellt worden (Bl. 20). Die Ergänzungspflegerin hat die Auffassung vertreten, dass die Erklärung in Ziff. IV der Urkunde vom 20.7.1999 angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht dahingehend zu verstehen sei, dass auch auf das testamentarische Erbrecht verzichtet werden sollte. Darüber hinaus sei ein solcher Verzicht wegen der erbvertraglichen Bindung aber auch nicht wirksam. Aber auch ein etwaiger Verzicht des Beteiligten zu 1) auf sein testamentarisches Erbrecht könne keinen Wegfall d...