Leitsatz (amtlich)

1. Ist bei einer Sicherungsgrundschuld nicht das dingliche Recht selbst, sondern die zugrunde liegende Forderung auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt, findet § 23 GBO keine, auch keine entsprechende Anwendung.

2. Ist die Vermutung des § 891 BGB, die auch für das Grundbuchamt gilt, widerlegt, ist zur Löschung eines eingetragenen Rechts die Bewilligung des Buchberechtigten nicht ausreichend, sondern der wahre Berechtigte muss bewilligen.

 

Normenkette

BGB §§ 891, 1163, 1177; GBO §§ 22-23

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Löschungsantrag vom 28.4.2010 nicht aus den Gründen der Zwischenverfügung vom 3.5.2010 zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Antragsteller sind seit Mai 1999 als Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen, das sie mit Kaufvertrag vom 30.12.1998 zu UR-Nr .../1998 des Notars A, O1, (Bl. 33 ff. d.A.) nach Teilung gem. § 8 WEG von dem teilenden Eigentümer B erworben haben.

In Abteilung III lfde. Nr. 1 des betroffenen Grundbuchs ist eine Sicherungshypothek bis zum Höchstbetrag von 5.000 DM für die ledige C in O1 eingetragen, zur Sicherung des in § 8 des Kaufvertrages vom 16.12.1954 bewilligten Leibgedings, soweit es das Wohnungsrecht und die Reallast übersteigt. Die Antragsteller haben dieses Recht übernommen.

Bewilligt worden war die am 22.4.1955 erfolgte Eintragung der Sicherungshypothek durch D als Übernehmerin des bis 1972 im Grundbuch von O1 Bezirk ... Band ... Blatt ... eingetragenen Grundstücks X-Straße ... im Zusammenhang mit einem Wohnrecht und einer Reallast zugunsten der Übergeberin E und ihrer Tochter C. In § 8 dieses Vertrages vom 16.12.1954, für dessen Inhalt auf S. 204 ff. des Grundbuchs von O1 Bezirk ... Band ... Blatt ... Bezug genommen wird, sind Regelungen betreffend eine eventuelle Vormundschaft für C im Fall des Vorversterbens ihrer Mutter getroffen worden. Falls der Vormund dies wünschte, sollte die Übernehmerin verpflichtet sein, für den vollständigen Unterhalt von C aufzukommen, soweit die Erträgnisse aus dem Wohnungsrecht und der Leibrente nicht ausreichten. Dies sollte auch für die Kosten eines Krankenhaus-, Anstalts- oder Altersheimaufenthalts von C gelten. Nach dem Tod von C am -.-. 1958 und E am -.-. 1964 wurden das Wohnrecht und die Reallast am 19.11.1964 gelöscht.

Mit Vertrag vom 28.2.1972 (UR-Nr .../1972 des Notars F, O1) schenkte D das Grundstück X-Straße ... ihrem Neffen B, der am 9.10.1972 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Über die Sicherungshypothek ist in dem Vertrag keine Regelung getroffen worden, außer dass das Grundstück lastenfrei zu verschaffen sein sollte. Die im Grundbuch von O1 Bezirk ... Band ... Blatt ... in Abt. III lfde. Nr. 11 eingetragene Sicherungshypothek für C wurde am 9.10.1972 mit dem belasteten Grundstück nach Band ... Blatt ... übertragen. Ein von D und B am 30.4.1973 gestellter Antrag auf Löschung der Sicherungshypothek wurde am 25.4.1975 wieder zurückgenommen, nachdem in einer Zwischenverfügung vom 30.7.1973 der Nachweis der Erbfolge nach C und die Löschungsbewilligung des Erben verlangt worden waren.

Durch Teilungserklärung vom 24. 04.1996 -UR-Nr .../1996 des Notars G, O1, wurde das Grundstück X-Straße ... gem. § 8 WEG in 12 Wohnungseigentumsrechte aufgeteilt. Die Sicherungshypothek für C wurde bei der Bildung des Wohnungseigentums in alle Wohnungseigentumsblätter (Blatt ... -...) übertragen, so auch am 17.6.1996 als Recht Abt. III Nr. 1 in dem hier betroffenen Wohnungsgrundbuch der Antragsteller eingetragen.

Die Antragsteller haben mit Antrag vom 28.4.2010 die Löschung dieses Rechts als gegenstandslos beantragt (Bl. 48-50 d.A.) unter Beifügung einer öffentlich beglaubigen Sterbeurkunde, wonach die am -.-. 1899 geborene C am -.-. 1958 verstorben ist.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 3.5.2010 (Bl. 52 d.A.) die Vorlage einer Löschungsbewilligung der Erben bzw. Erbeserben nebst Erbnachweis nach C in der Form des § 29 GBO verlangt, da eine Löschung wegen Gegenstandslosigkeit nicht in Betracht komme.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, mit der sie die Auffassung vertreten, auch wenn es sich bei der streitgegenständlichen Sicherungshypothek nicht um ein auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränktes dingliches Recht handele, sondern nur die Forderung, zu deren Sicherung das Recht bestellt wurde, auf die Lebenszeit des Berechtigen beschränkt sei, müsse § 23 Abs. 1 Satz 1 GBO entsprechend angewendet werden. Sie berufen sich insoweit auf eine Entscheidung des KG vom 10.7.1930 (HRR Band 7, 1931, Nr. 29), wonach in § 23 GBO ein allgemeiner Grundsatz zum Ausdruck komme, der eine entsprechende Anwendung auch auf die Löschung einer Hypothek erlaube. Nach Ansicht der Antragsteller ist dieser Auffassung der Vorzug zu geben ggü. der von einem Teil der Kommentarliteratur vertretenen Auffassung, dass wegen des Übergangs der Hypothek bei Erlöschen der Forderung auf den Eigentümer als Eigentümergrundschuld (§§ 1163 Abs. 1 ...

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