Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahren bei Teilerledigungserklärung mit Wirkung nur für die Zukunft

 

Leitsatz (amtlich)

Wird nach Erlass einer Unterlassungsverfügung im Widerspruchsverfahren eine die Wiederholungsgefahr beseitigende Erklärung abgegeben und erklären die Parteien daraufhin das Eilverfahren (nur) mit Wirkung für die Zukunft für erledigt, ist grundsätzlich über den nicht für erledigt erklärten Teil des Verfahrens, nämlich die Frage, ob der Unterlassungstitel für die Vergangenheit Bestand hat, durch Urteil zu entscheiden; in diesem Urteil ist im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung zugleich gemäß § 91a ZPO über die Kosten des für erledigten Teils zu befinden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Parteien hierzu ausdrücklich weitergehende Anträge gestellt haben; fehlt es daran, bleibt der Vollstreckungstitel für die Vergangenheit bestehen, und es ergeht nur eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO (Anschluss an BGH GRUR 2016, 421 [BGH 20.01.2016 - I ZB 102/14] - Erledigungserklärung nach Gesetzesänderung).

 

Normenkette

ZPO § 91a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 11.04.2017; Aktenzeichen 3-6 O 10/17)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 11.4.2017 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse des Antragsgegners.

II. Die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 18.1.2017 wird abgeändert. Der Streitwert des Eilverfahrens wird auf 50.000,- EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

zu I.:

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die prozessualen Voraussetzungen für die vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung nach § 91a ZPO liegen vor.

Allerdings weist der Antragsgegner mit Recht darauf hin, dass die Antragstellerinnen das Eilverfahren ausdrücklich nur ab Zugang (am 8.2.2017) der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 6.2.2017 für erledigt erklärt haben (Schriftsatz vom 8.2.2017) und sich der Antragsgegner demzufolge auch nur in diesem Umfang der Erledigungserklärung anschließen konnte (Schriftsatz vom 6.3.2017). Die übereinstimmende Erledigungserklärung betrifft daher nicht die Frage, ob die einstweilige Verfügung bis zum Erledigungszeitpunkt Bestand hatte und demzufolge noch Grundlage für eine Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO wegen bis dahin begangener Zuwiderhandlungen sein kann (vgl. hierzu BGH WRP 2004, 235 [BGH 23.10.2003 - I ZB 45/02] - Euro-Einführungsrabatt). Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass über diesen nicht für erledigt erklärten Teil durch Urteil zu entscheiden ist, wobei die einstweilige Verfügung entweder bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erledigung erklärt worden ist, bestätigt oder die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des Eilantrages insgesamt aufgehoben wird; in diesem Urteil ist im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung zugleich gemäß § 91a ZPO über die Kosten des für erledigt erklärten Teils zu befinden (vgl. Senat, Beschluss vom 2.10.2014 - 6 W 48/14 - juris; ebenso OLG Köln GRUR 2014, 1032 [OLG Köln 11.03.2014 - 6 W 217/13]). Nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. GRUR 2016, 421 [BGH 20.01.2016 - I ZB 102/14] - Erledigungserklärung nach Gesetzesänderung) gilt dies jedoch nur dann, wenn die Parteien hierzu ausdrücklich weitergehende Anträge zum Unterlassungsausspruch für die Vergangenheit gestellt haben; fehlt es daran, bleibt der Vollstreckungstitel für die Vergangenheit bestehen und es ergeht nur eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO (a.a.O. juris-Tz. 25).

Danach ist hier über die Kosten nach § 91a ZPO zu entscheiden, da Anträge zum Unterlassungsausspruch für die Vergangenheit nicht gestellt worden sind. Zwar hat der Antragstellervertreter zunächst mit Schriftsatz vom 22.3.2017 die Bestätigung der einstweiligen Verfügung für die Zeit bis zum 8.2.2017 beantragt. Für diesen Antrag war jedoch kein Raum, da der Antragsgegner keinen Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt hat und eine Bestätigung der Beschlussverfügung durch Urteil nur nach Widerspruch des Antragsgegners möglich ist (§§ 936 i.V.m. 925 ZPO). Das Landgericht hat daher die Antragstellerin mit Recht zur Rücknahme der zunächst mit Schriftsatz vom 22.3.2017 gestellten Anträge veranlasst.

2. Das Landgericht hat dem Antragsgegner mit Recht gemäß § 91a ZPO die Kosten des Eilverfahrens auferlegt, da das Eilbegehren bis zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung des Antragsgegners zulässig und begründet war. Der Antragstellerin zu 1) standen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche auf Grund der für sie eingetragenen Unionsmarke "A" (Art. 9 II b UMV), der Antragstellerin zu 2) standen diese Ansprüche aus ihrem Unternehmensschlagwort "A" (§§ 5, 15 II, IV MarkenG) zu.

Die neuen Tatsachenbehauptungen im Schriftsatz des Antragsgegnervertreters vom 3.7.2017 können im Rahmen der Entscheidung nach § 91a ZPO keine Berücksichtigung finden, da für...

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