Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 27.03.1986; Aktenzeichen 2/9 T 1281/85)

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 06.11.1985; Aktenzeichen 62 UR II 164/85)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 06.11.1985 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Antragsgegnerin dafür zu sorgen hat, daß ihre Pächterin keinen Getränkeausschank betreibt.

Die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Antragsgegnerin zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: je 5.000,– DM.

 

Gründe

wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen. Weil eine weitere Aufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat selbst abschließend entscheiden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der angefochtene Beschluß nicht bereits deswegen aufzuheben gewesen wäre, weil das Landgericht nicht mündlich verhandelt hat. Die mündliche Verhandlung (§ 44 WEG) hat grundsätzlich auch in der Beschwerdeinstanz stattzufinden, wenn es zur Aufklärung des Sachverhalts nötig – insofern kommt einem Verzicht, der hier auch nur für die erste Instanz erklärt war, keine Bedeutung zu – oder wegen einer nicht ausgeschlossenen gütlichen Einigung zweckmäßig erscheint. Auch um eine bestmögliche Gestaltung der rechtlichen Beziehungen der Beteiligten zu erreichen, hätte hier eine mündliche Verhandlung nahegelegen.

Das Landgericht hat übersehen, daß § 9 IV der Teilungserklärung auch für Teileigentümer gilt. Eine dem § 1 VI WEG nachgebildete Bestimmung ist in der Teilungserklärung (Abschnitt IV) enthalten. Die zusätzliche Nutzung des Teileigentums durch einen Getränkeausschank wird aber von § 9 IV der Teilungserklärung erfaßt, denn die Eröffnung einer Bewirtung von Gästen mit Getränken ist, auch wenn es sich nur um Kunden handelt, eine neue und die genehmigte Nutzung überschreitende Gewerbeausübung (§ 9 IV Satz 1, 2 der Teilungserklärung). An der hierfür erforderlichen Verwalterzustimmung fehlt es. Sie ist auch zu Recht nicht erteilt worden.

Die Bindung an die Verwalterzustimmung soll den Verwalter in die Lage versetzen zu prüfen, ob Bedenken gegen die gewerbliche Nutzung bestehen. Vorliegend ergeben sich begründete Bedenken daraus, daß die Zweckbestimmung der Teilungserklärung („Ladenraum”) nicht eingehalten wird. Unter einem Laden ist ein Raum zum Verkauf von Waren, nicht aber auch zum Verzehr von verkauften waren zu verstehen (Senatsbeschluß 20 W 1024/77 vom 20.03.1978). Daß unter diese Begriffsbestimmung schon der Wäschereibetrieb nicht fällt (vgl. Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, S. 60 Rdnr. 240), ist nicht Verfahrensgegenstand. Auch auf die Frage des Verkaufs muß nicht eingegangen werden, da die Antragsteller, wie in der weiteren Beschwerde nochmals ausdrücklich klargestellt, sich lediglich gegen den Verzehr (Ausschank) wenden. Dieser Anspruch ist jedoch begründet, da die Antragsgegnerin eine gewerbliche Nutzung zuläßt, die mit der Zweckbestimmung des Teileigentums „Laden” nicht vereinbar ist (vgl. für die Nutzung eines „Ladens” zum Lebensmittelverkauf mit Ausschank und Verzehr an Ort und Stelle: Senatsbeschluß 20 U 1024/77 vom 20.03.1978).

Da der somit nicht zulässige Betrieb eines Getränkeausschanks Kunden und Dritte erfaßt, bedarf es der Anordnung nicht mehr, daß auch keine Sitzgelegenheiten für „Ausschankkunden” geschaffen oder bereitgehalten werden dürfen. Da das Gericht im WEG-Verfahren an Anträge nicht gebunden ist (Bärmann-Pick-Merle, WEG, 5. Aufl., § 44 Rdnr. 12), konnte der Tenor des amtsgerichtlichen Beschlusses ohne teilweise Zurückweisung des Antrages abgeändert werden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 47, 48 II WEG.

 

Fundstellen

OLGZ 1987, 49

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