Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Spielothek als Zweckbestimmung "gewerbliche Einheit für Verkaufszwecke" sowie Streitverkündung

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Aktenzeichen 7 II 8/83)

LG Darmstadt (Aktenzeichen 5 T 1078, 1079/84)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Streithelferin zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 120.000,– DM.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde der Streithelferin ist zulässig. Da das Verfahren nach dem WEG ein echtes Streitverfahren ist, können die ZPO-Vorschriften entsprechend angewendet werden. Dies gilt auch für die Streithilfe (§ 66 ZPO), wobei der Beitritt auch zum Zwecke der Einlegung eines Rechtsmittels erfolgen kann (Bärmann-Pick-Merle, WEG, 5. Aufl., vor § 43 Rdnr. 31; Weitnauer, WEG, 6. Aufl., Anhang § 43 Rdnr. 15). Die Streithelferin hat auch ein rechtliches Interesse dargelegt, weil sie einen Rückgriff des Beteiligten zu 1. befürchten muß (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 44. Aufl., § 66 Anm. 2 Da), wenn dieser gezwungen ist, das Mietverhältnis mit dem Betreiber der Spielothek zu kündigen.

Die weitere Beschwerde ist aber nicht begründet. Der angefochtene Beschluß beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung.

Das Landgericht und auch das Amtsgericht sind zutreffend davon ausgegangen, daß die Zweckbestimmung des Teileigentums sich aus der Teilungserklärung (TE) – der ersten Vereinbarung der Wohnungseigentümer – ergibt. Hier ist die Zweckbestimmung aus A. 1. der TE („gewerbliche Einheit für Verkaufszwecke”) und aus der Beschreibung des Teileigentums als „Laden” zu entnehmen. Mit dieser Zweckbestimmung ist das Betreiben einer Spielothek nicht zu vereinbaren, weil sie eine Nutzungsänderung darstellt, die nicht einmal durch einen Mehrheitsbeschluß genehmigt werden könnte (OLG Frankfurt Rpfleger 81, 148). Denn die Nutzung des Teileigentums als Spielsalon ist wegen der Unabhängigkeit vom Ladenschluß und der naheliegenden größeren Belastung der Miteigentümer mit der Nutzung zu Verkaufszwecken nicht vergleichbar. Der Wohnungseigentumserwerber muß sich nicht nur für die Zeit seiner Mitgliedschaft in der Gemeinschaft auf diese Zweckbestimmung verlassen können, sondern kann auch eine Wertminderung der Eigentumswohnung annehmen, weil nicht ausgeschlossen ist, daß sich potentielle Käufer von Sondereigentum in diesem Haus deswegen gegen einen Erwerb entscheiden, weil sie eine Nutzung vorfinden, die von der Zweckbestimmung der TE nicht gedeckt ist (OLG Frankfurt a.a.O.).

Deswegen ist es auch unabhängig vom Nachweis einer konkreten Beeinträchtigung und der Frage der Zumutbarkeit der Nutzungsänderung geboten, die Zweckbestimmung der TE genau einzuhalten. Dies hat der Senat schon in seinem – nicht veröffentlichten – Beschluß vom 20.3.1978 (20 W 1024/77) für den Fall entschieden, in dem ein Teileigentümer den „Laden” zum Lebensmittelverkauf mit Ausschank und Verzehr an Ort und Stelle nutzen wollte. Zur Spielothek ist, soweit ersichtlich, noch keine obergerichtliche Rechtsprechung ergangen. Der Vergleich mit den entschiedenen Fällen (Pilsstube, Cafe mit Bierbar, Cafe-Eisdiele; vgl. die Nachweise bei Deckert, ETW 5, 66 t) ist jedoch nicht ungerechtfertigt. Der Unterlassungsantrag der Antragstellerin ist danach begründet (§§ 15 III WEG, 1004 BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 Satz 1 WEG. Beim Streit um Rechtsfragen ist die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht angezeigt (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Wertfestsetzung erfolgte nach § 48 II WEG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI555713

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