Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer nur dem Mitmieter gegenüber erklärten und zugegangenen Kündigung; Unzulässigkeit eines Rechtsentscheids
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Trotz des grundsätzlichen Erfordernisses der Einheitlichkeit der Kündigung gegenüber einer Mehrheit von Mietern kann es bei Vorliegen besonderer Umstände nach Treu und Glauben ausnahmsweise zulässig sein, daß die Auflösung eines mit Eheleuten geschlossenen Mietvertrages durch Kündigung des Vermieters schon dann wirksam ist, wenn die Kündigung nur dem in der Mietwohnung verbliebenen Mitmieter gegenüber erklärt worden und diesem zugegangen ist.
2. Die Frage, ob und wann dies der Fall ist, richtet sich nach den jeweils umfassend zu würdigenden Umständen des Einzelfalles und ist daher einem Rechtsentscheid nicht zugänglich.
(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)
3. Grundsätzlich muß bei einem Mietverhältnis, an dem mehrere Vermieter oder Mieter beteiligt sind, wegen seiner Einheitlichkeit die Kündigung von sämtlichen Personen der einen Vertragsseite gegenüber allen Personen der anderen Vertragsseite erklärt werden (vergleiche RG, 1917-06-19, Rep III 25/17, RGZ 90, 328; RG, 1919-11-01, III 191/19, RGZ 97, 79; RG, 1932-11-28, VIII 371/32, RGZ 138, 183; BGH, 1957-11-26, VIII ZR 92/57, BGHZ 26, 102; BGH, 1963-12-19, V ZR 177/62, MDR 1964, 308; BGH, 1971-12-01, VIII ZR 88/70, NJW 1972, 249; BGH, 1985-11-27, VIII ZR 316/84, BGHZ 96, 302 und OLG Düsseldorf, 1987-07-02, 10 U 23/87, NJW-RR 1987, 1369). Ausnahmsweise gilt dieser Grundsatz jedoch nicht, wenn im Einzelfall das Festhalten an dem Erfordernis, daß die Auflösung eines mit Eheleuten abgeschlossenen Mietvertrages gegenüber beiden erklärt und zugegangen sein muß, zB deshalb überspitzt formalistisch erscheint, weil einer der beiden Mitmieter die Wohnung seit Jahren endgültig verlassen und aufgegeben hat, ohne dem Vermieter dies anzuzeigen und seine neue Adresse mitzuteilen. Bei Vorliegen besonderer Umstände nach Treu und Glauben kann die Kündigung des Vermieters auch dann zulässig sein, wenn sie nur dem in der Wohnung verbliebenen Mitmieter gegenüber erklärt und diesem zugegangen ist.
4. Sind aber Gesichtspunkte von Treu und Glauben für die zu treffende Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung, steht ersichtlich die umfassende Prüfung und Würdigung aller Umstände des Einzelfalls im Vordergrund. Dann besteht kein Anlaß, einen Rechtsentscheid wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage herbeizuführen (vergleiche OLG Karlsruhe, 1981-07-07, 9 RE-Miet 2/81, WuM 1981, 271; BayObLG München, 1984-12-11, RE-Miet 10/83, WuM 1985, 51 und OLG Hamm, 1981-10-01, 4 Re Miet 6/81, NJW 1982, 341).
Normenkette
BGB §§ 242, 425, 564, 566
Fundstellen