Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Reisekosten für Beteiligten, dem Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde
Leitsatz (amtlich)
Ist einem Beteiligten Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, so sind seine Reisekosten für einen Gerichtstermin, zu dem sein persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, von der Staatskasse zu erstatten. Sowohl die Höhe als auch das Verfahren richten sich in entsprechender Anwendung nach den Vorschriften des JVEG.
Verfahrensgang
AG Dieburg (Beschluss vom 16.05.2022; Aktenzeichen 51 F 529/21 EASO) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der Antragsgegner nahm am 22.09.2021 im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahren zum Sorgerecht einen Anhörungstermin vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Dieburg wahr, zu dem sein persönliches Erscheinen angeordnet war. Der Antragsgegner hat eine von Stadt1 392 km entfernt liegende Wohnung in Stadt2 und verfügt zum Zwecke der Wahrnehmung von Umgangskontakten über eine weitere ca. 9km von Stadt1 entfernt liegende Wohnung in Stadt3-Stadtteil1, die über Leistungen nach dem SGB II finanziert wird.
Bereits mit Schriftsatz vom 02.09.2021 hat der Antragsgegner beantragt, ihm die aufgrund der Anreise mit dem PKW aus Stadt2 zum Gerichtstermin entstandenen Kosten für eine Anreise zu ersetzen und diesen Antrag sodann für den zwischenzeitlich auf den 22.09.2021 verlegten Termin wiederholt. In der Folgezeit erinnerte der Antragsgegner mehrfach an die Bescheidung des Antrags auf Fahrtkostenerstattung, während das Amtsgericht seinerseits wiederholt einen Nachweis für die entstandenen Fahrtkosten verlangte.
Mit Beschluss vom 23.09.2021 wurde dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A bewilligt.
Am 23.03.2022 wurden dem Antragsgegner Fahrtkosten in Höhe von 100,25 Euro ausgezahlt, wobei entsprechend der zuvor angeforderten Stellungnahme der Bezirksrevisorin nur Fahrtkosten für die Anreise aus Stadt3 und die Rückreise nach Stadt2, mithin für insgesamt 401 km erstattet wurden.
Den mit Schriftsatz vom 09.04.2022 erhobenen Einwand des Antragsgegners, dass es an einer rechtsmittelfähigen Entscheidung fehle, legte die zuständige Kostenbeamtin als Erinnerung aus, der sie nicht abhalf und das Verfahren der zuständigen Richterin zur Festsetzung der Fahrtkosten gemäß § 4 JVEG vorlegte.
Mit Beschluss vom 16.05.2022 hat das Amtsgericht - Familiengericht - die Fahrtkosten des Antragsgegners in Höhe von 100,25 Euro gerichtlich festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kosten nach § 4 JVEG gerichtlich festzusetzen seien, nachdem der Antragsgegner dies beantragt habe. Anspruch auf Festsetzung höherer Fahrtkosten habe der Antragsgegner nicht, da er am 20.09.2021 Akteneinsicht am Amtsgericht Dieburg wahrgenommen habe und nicht nachgewiesen habe, dass die Rückreise nach Stadt2 vor dem Gerichtstermin notwendig gewesen sei. Da er über Wohnraum in Stadt3 verfüge, könne nur die Anreise von dort zum Gericht in Stadt1 erstattet werden.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde vom 31.05.2022. Er macht geltend, dass er nach der wahrgenommenen Akteneinsicht am 20.09.2022 nach Stadt2 zurückgefahren sei, um Stellungnahmen zu fertigen und an das Gericht zu faxen.
Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde unter Hinweis auf das Nichterreichen des Beschwerdewertes nach § 4 Abs. 3 JVEG nicht abgeholfen.
II. Die in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 3 S. 1 JVEG statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist unzulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro nicht übersteigt.
Die Beschwerde gegen die Entschädigungsentscheidung des Gerichts über die Reisekosten des Antragsgegners richtet sich in entsprechender Anwendung nach § 4 Abs. 3 JVEG.
§ 4 JVEG ist zunächst nicht unmittelbar anwendbar, da der Antragsgegner als Beteiligter nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 1 Abs. 1 bis 4 JVEG gehört.
Mangels einer anderweitigen Rechtsgrundlage finden die Bestimmungen des JVEG in verfahrensrechtlicher Hinsicht entsprechende Anwendung.
Bei der Entscheidung über die Gewährung einer Reiseentschädigung handelt es sich nicht um einen Justizverwaltungsakt, sondern um einen Akt der Rechtsprechung, der nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO beschwerdefähig ist (Gottschalk/Schneider, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe Beratungshilfe, 10. Auflage, § 11 Rn. 741 ff.). Reisekosten eines Beteiligten zum Gerichtstermin stellen notwendige Auslagen im Sinne des § 122 ZPO dar, insbesondere dann, wenn das persönliche Erscheinen oder die persönliche Anhörung des Beteiligten angeordnet ist. Wurde einem Beteiligten Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ist er zu einem Gerichtstermin geladen worden, folgt der Auslagenerstattungsanspruch bereits aus dem Umstand der Bewilligung. Eine besondere VKH-Bewilligung für die Auslagen ist nicht erforderlich, vielmehr ist diese bereits in der allgemeinen VKH-Bewilligung enth...