Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewöhnlicher Aufenthalt nach Art. 21 EuErbVO - deutsch-chinesischer Erbfall
Leitsatz (amtlich)
1. Sind langjährige berufliche und soziale Bindungen des Erblassers an seinen neuen tatsächlichen Aufenhaltsort vorhanden, muss der Begründung eines gewöhlichen Aufenthalts nach Art. 21 EuErbVO am Ort des tatsächlichen Aufenthalts nicht zwingend entgegenstehen, dass von dem Erblasser eine Rückkehr in sein früheres Heimatland beabsichtigt und ins Werk gesetzt worden war.
2. Umfasst der Nachlass eines Erblassers mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in der Volksrepublick China auch inländisches Grundvermögen, ist die von dem IPR der Volksrepublik China hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens angeordnete Anwendung des Erbrechts am inländischen Belegenheitsort zugleich gemäß Art. 34 Abs. 1 EuErbVO als Nachlassspaltung beachtlich.
3. Haben die Eheleute in dem gesetzlichen Güterstand einer Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Ehegüterrecht der Volksrepublik China gelebt, kann der überlebende Ehegatte bei Anwendung deutschen Erbstatus einen nach § 1371 Abs. 1 BGB erhöhten Erbteil weder aufgrund einer international-privatrechtlichen Substitution des ausländischen Güterstands zur inländischen Zugewinngemeinschaft noch aufgrund einer international-privatrechtlichen Anpassung beanspruchen, sondern bleibt grundsätzlich auf den gemäß § 1931 Abs. 1 BGB nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil beschränkt.
Normenkette
BGB §§ 1371, 1931; EuErbVO Art. 4, 21, 34
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht mitgeteilt.
Der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Hanau vom 18.07.2019 wird teilweise abgeändert.
Unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Beteiligten zu 1) und der weitergehenden Beschwerde werden die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 1) beantragten Fremdrechts- und Teilerbscheins beantragten Tatsachen für festgestellt erachtet, wonach der Erblasser
a) hinsichtlich seines in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens
- aufgrund gesetzlicher Erbfolge
- gemäß Rückverweisung des chinesischen Rechts nach deutschem Erbrecht
von der Beteiligten zu 1) zu × beerbt worden ist,
b) hinsichtlich seines übrigen im Inland befindlichen Vermögens
- gleichfalls aufgrund gesetzlicher Erbfolge
- in Anwendung chinesischen Erbrechts
von der Beteiligten zu 1) zu 1/2 beerbt worden ist.
Das Nachlassgericht wird zur Erteilung eines entsprechenden Erbscheins angewiesen.
Von einer Erhebung der im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten wird abgesehen. Eine Erstattung der den Beteiligten im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der am XX.XX.1958 geborene Erblasser ist deutscher Staatsangehöriger und am XX.XX.2017 in Stadt1/China verstorben. Die im Jahre 1985 geborene Beteiligte zu 1) ist aus einer früheren Beziehung des Erblassers zu der Zeugin Vorname1 A hervorgegangen und von ihm mit Jugendamtsurkunde vom 04.12.1985 (Bl. 72 d.A.) als Kind anerkannt worden. Die Mutter des Erblassers ist im Jahre 1990, der Vater im Jahre 2005 vorverstorben. Der Erblasser hielt sich seit 2004 aus beruflicher Veranlassung den überwiegenden Teil des Jahres in China auf und kehrte von dort nur während seines Urlaubs nach Deutschland zurück. Am 19.11.2007 wurde der Erblasser als Eigentümer eines von ihm zu einem Kaufpreis von rd. 175.000,00 EUR erworbenen Hausgrundstücks in Stadt2/Deutschland eingetragen, wo er sich sodann während seiner Urlaube aufhielt. Am XX.XX.2014 schloss der Erblasser mit der Beteiligten zu 2), einer chinesischen Staatsangehörigen, die er im Verlauf seines Aufenthalts in China kennen gelernt hatte, während eines kurzen Deutschlandurlaubs die standesamtliche Ehe (Eheregister von Stadt2, Nr. .../2014, Bl. 19 d.A.). Sodann kehrten die Eheleute nach China zurück, wo sie bis zum Ableben des Erblassers einen gemeinsamen Hausstand unterhielten.
Die Beteiligte zu 1) hat mit notariellem Antrag vom 28.08.2017 (Bl. 63 d.A.) sowie zu Protokoll des Nachlassgerichts vom 04.09.2017 (Bl. 116 d.A.) mit ihrem Hauptantrag die Erteilung eines Teil-Erbscheins beantragt, wonach der Erblasser von ihr aufgrund gesetzlichen Erbrechts unter Beschränkung auf die in Deutschland befindlichen Nachlassgegenstände und in Anwendung deutschen Rechts zu × beerbt worden sei.
Mit ihrem Hilfsantrag (Bl. 64 d.A.) hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach sie
a) hinsichtlich des in Deutschland belegenen beweglichen Nachlasses unter Beschränkung auf die in Deutschland befindlichen Nachlassgegenstände von der Beteiligten zu 1) in Anwendung chinesischen Rechts zu 1/2 Erbin des Erblassers geworden sei
und
b) hinsichtlich des in Deutschland belegenen unbeweglichen Nachlasses des Erblassers kraft Rückverweisung aus dem chinesischen Recht in Anwendung deutschen Rechts zu × Erbin des Erblassers geworden sei.
Der Erblasser habe seit dem Jahre 2007 den festen...