Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung von § 273 IV 1 AktG auf Bestellung von GmbH-Nachtragsliquidator

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendung von § 273 Abs. 4 Satz 1 AktG auf die Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine GmbH, die sich bereits zum Zeitpunkt ihrer Löschung aus dem Handelsregister - nach vorheriger Anmeldung der Beendigung der Liquidation - in einem auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten, rechtshängigen Passivprozess befand, der noch immer rechtshängig ist.

 

Normenkette

AktG §§ 273, 273 Abs. 4 S. 1; FamFG § 375 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Offenbach (Beschluss vom 20.07.2012; Aktenzeichen HRB.)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss des AG wird aufgehoben.

Das AG wird angewiesen, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Bestellung eines Nachtragsliquidators nicht aus dem in dem aufgehobenen Beschluss genannten Grund zurückzuweisen.

Das weitere Verfahren der Bestellung des Nachtragsliquidators bleibt dem AG vorbehalten.

 

Gründe

I. Mit Beschluss der A GmbH (eingetragen im Handelsregister des AG Frankfurt/M., HRB.; eingetragener Liquidator: B) - der ehemaligen einzigen Gesellschafterin der Gesellschaft - vom 11.12.2003 ist die Auflösung der Gesellschaft mit Ablauf des 31.12.2003, die Abberufung deren Geschäftsführers C sowie die Bestellung von B und D zu deren einzelvertretungsberechtigten Liquidatoren beschlossen worden. Diese Umstände sind am ... 2004 in das Handelsregisterblatt der Gesellschaft eingetragen worden.

Am ... 2005 ist im Handelsregisterblatt der Gesellschaft außerdem eingetragen worden, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen mit Beschluss des AG Frankfurt/M. (Az. 810 IN./04) mangels Masse abgelehnt worden ist.

Aufgrund Antrages des Liquidators B vom 17.8.2006, in dem dieser insbesondere mitgeteilt hat, dass kein Gesellschaftsvermögen mehr existiere, und dessen späterer Ergänzung um den Zusatz "Die Liquidation ist beendet", ist am ... 2006 im Handelsregisterblatt der Gesellschaft die Beendigung deren Liquidation mit dem Zusatz "Die Gesellschaft ist gelöscht" eingetragen worden.

Mit Schreiben an das Registergericht vom 25.5.2011 (Bl. 162 der Registerakte) hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass unter dem Aktenzeichen 38 C 229/2006 bei dem AG Offenbach am Main ein Regressprozess gegen die Gesellschaft anhängig sei, in der dieser von der Beschwerdeführerin steuerliche Falschberatung vorgeworfen werde. Die Gesellschaft sei haftpflichtversichert gewesen, so dass ihr noch ein vermögensrechtlicher Anspruch zustünde, mit der Folge, dass sie als fortbestehend gelte. Es werde darum gebeten, Nachtragsliquidation anzuordnen.

Das AG hat daraufhin die entsprechende Akte des AG Offenbach am Main - die sich noch immer bei der Registerakte befindet und auf deren Inhalt Bezug genommen wird - beigezogen. Aus dieser ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin - eingegangen bei dem AG Offenbach am Main am 18.5.2006 - mit Schriftsatz ihres hiesigen Verfahrensbevollmächtigten vom 17.5.2006 Klage gegen die Gesellschaft erhoben hat auf Schadensersatz i.H.v. Euro 4.090 nebst Zinsen. Die Gesellschaft habe es als umfassende steuerliche Beraterin der hiesigen Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Verweigerung der Eigenheimzulage durch das Finanzamt für das Jahr 2003 mit Bescheid vom 20.3.2003 pflichtwidrig unterlassen, gegen diese Verweigerung Rechtsmittel einzulegen, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass das Objekt in O1 auch im Jahr 2003 von der hiesigen Beschwerdeführerin und deren Familie bewohnt und genutzt worden sei. Der Schadensersatzanspruch sei bereits mit getrennten Schreiben vom 19.7.2005 gegenüber den beiden Liquidatoren der Gesellschaft geltend gemacht worden, ohne dass diese reagiert hätten. Diese Klage ist der Gesellschaft am 17.6.2006 zugestellt worden, und deren dortige Verfahrensbevollmächtigte haben mit Schriftsatz vom 31.7.2006 beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen und mit weiterem Schriftsatz vom 21.11.2006 die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister mitgeteilt. Mit dortigem Schriftsatz vom 13.9.2010 hat der Verfahrensbevollmächtigte der hiesigen Beschwerdeführerin dann mitgeteilt, die Haftpflichtversicherung der Gesellschaft habe sich geweigert, zu regulieren und meine zu Unrecht, dass der geltend gemachte Anspruch verjährt sei; im Übrigen werde beantragt, der Gesellschaft einen Pfleger zu bestellen. Diesen Antrag hat das AG Offenbach am Main mit Beschluss vom 22.9.2010 zurückgewiesen, da die Voraussetzungen nicht vorlägen; auch § 86 ZPO helfe nicht weiter. Mit Schreiben vom 25.5.2011 hat der Verfahrensbevollmächtigte der hiesigen Beschwerdeführerin dem AG Offenbach am Main dann mitgeteilt, er habe mit gleicher Post eine Nachtragsliquidation für die Gesellschaft beantragt.

Nach dem oben bereits dargelegten entsprechenden Antragseingang hat ein Rechtspfleger des Registergerichts den Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.7.2011 u.a. aufgefordert, dem Registergericht eine zur Amtsübernahme bereite Person vorzu...

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