Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe für im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren geschlossenen Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Verfahrenskostenhilfe kann zwar nicht für das Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren, wohl aber für einen im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren geschlossenen Vergleich bewilligt werden. Eine Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung findet dann nicht mehr statt, diese ergibt sich vielmehr aus dem Vergleich in seinem Umfang.
Normenkette
ZPO § 114; FamFG § 113
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren geschlossenen Vergleich bewilligt wird.
Im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe wird der Antragstellerin Rechtsanwalt RA1, Stadt01, zu den Bedingungen eines im Bezirk des AG ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Gründe
I. Die am ... 1982 geborene Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 7.10.2011 Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Geltendmachung von Ausbildungsunterhalt gegen ihre Eltern, die Antragsgegner, im Rahmen eines Stufenantrags.
Die Antragstellerin hatte 19 .../19 ... den Hauptschulabschluss absolviert und ist bislang ohne berufsqualifizierenden Abschluss. Sie schloss weder die 19 ... bis 19 ... besuchte Berufsfachschule noch die 2002 bis 2005 begonnenen Ausbildungen als ... bei drei unterschiedlichen Arbeitgebern ab, wobei sie während der Ausbildungsversuche durch die Antragsgegner unterstützt wurde.
Im August 2010 begann sie eine Ausbildung als ...
Nachdem die Antragsgegner außergerichtlich darauf hingewiesen hatten, dass aus ihrer Sicht ein Unterhaltsanspruch nicht mehr bestehe, da die Antragstellerin die Obliegenheit, eine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, nachhaltig während eines längeren Zeitraums verletzt habe, erklärten sie sich im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahrens bereit, die Antragstellerin ein letztes Mal finanziell zu unterstützen und ihr Zug um Zug gegen Vorlage der Verdienstabrechnungen monatlich 350 EUR für die Zeit der Ausbildung, längstens bis zum Ende der Regelausbildungszeit zu zahlen.
Ein entsprechender Vergleich wurde im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren am 22.11.2011 geschlossen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das AG den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zurück mit der Begründung, der Antrag habe in der Hauptsache keine Aussicht auf Erfolg. Der Antragstellerin stehe nach vielfachem Abbruch von Berufsausbildungen kein Ausbildungsunterhalt mehr zu, der geschlossene Vergleich beruhe allein auf der Großzügigkeit der Antragsgegner.
Gegen diesen am 29.11.2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 6.12.2011 bei Gericht eingegangenen Beschwerde, mit der Verfahrenskostenhilfe nur für den geschlossenen Vergleich und Beiordnung von Rechtsanwalt RA1 zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts begehrt wird.
II. Die nach § 113 FamFG i.V.m. § 127 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Verfahrenskostenhilfe kann zwar nicht für das Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren, wohl aber für einen im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren geschlossenen Vergleich bewilligt werden (vgl. BGH FamRZ 2004, 1708, OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.2.2007, OLGReport Frankfurt 2007, 804). Eine Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung findet dann aber nicht mehr statt, diese ergibt sich vielmehr aus dem Vergleich in seinem Umfang (OLG Köln, Beschluss vom 4.1.2000, FamRZ 2000, 1094, Geimer in Zöller ZPO, 29. Aufl. 2012 § 118 Rz. 8). Unabhängig von der rechtlichen Würdigung haben die Beteiligten mit dem Vergleich nämlich zu verstehen gegeben, dass im Umfang des Vergleichs eine Verpflichtung tituliert und dem Antrag Erfolg beschieden werden soll, so dass, soweit der Streitgegenstand wie vorliegend der Dispositionsbefugnis der Beteiligten unterliegt, wie auch im Fall eines Anerkenntnisses eine Prüfung der Schlüssigkeit durch das Gericht entfällt.
Da die finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin eine Zahlung von Raten auf die Verfahrenskostenhilfe nicht zulassen (die Unterhaltszahlungen werden auf die darlehensweise gewährten Grundsicherungsleistungen angerechnet), war antragsgemäß ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den geschlossenen Vergleich zu bewilligen.
Eine Kostenentscheidung ist aufgrund der gesetzlichen Regelungen nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 2954471 |
MDR 2012, 869 |