Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einen Ausschluss des Sachverständigen kraft Gesetzes kennt die Zivilprozessordnung nicht. Ein in Bezug auf den Sachverständigen vorliegender Ausschließungsgrund muss daher durch einen Befangenheitsantrag unter Beachtung der dafür gesetzlich vorgesehenen Frist geltend gemacht werden.

2. Wer von einem befristeten Rechtsbehelf (wie einem gegen einen Sachverständigen gerichteten Ablehnungsgesuch) bewusst keinen Gebrauch macht, ist nicht im Sinne des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO, "verhindert, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen". Auch das Bekanntwerden neuer gerichtlicher Entscheidungen oder eine andere Bewertung vermögen ein fehlendes Verschulden im Sinne des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht zu begründen.

 

Normenkette

StPO § 41 Nr. 8, § 44 S. 1; ZPO § 406 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.04.2017; Aktenzeichen 2-04 O 521/13)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 bis 3 vom 3. Mai 2017 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. April 2017 in Verbindung mit dem Beschluss vom 6. November 2017 über die Nichtabhilfe wird zurückgewiesen.

Die Beklagten zu 1 bis 3 haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu je einem Drittel zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf EUR 3.333,33 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Bezug auf eine aus seiner Sicht fehlerhafte ärztliche Behandlung.

Dem gerichtlichen Verfahren ist ein Verfahren vor der Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen bei der Landesärztekammer X vorausgegangen. In jenem Verfahren hat Herr A unter dem 2. November 2012 ein Gutachten erstellt. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf die als Anlage K 7 zu den Akten gereichten Kopie (Bl. 20 ff. d. A.) Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2014 (Bl. 117 ff. d. A.) wies das Landgericht darauf hin, dass "für den Fall einer wahrscheinlichen Einholung eines Gutachtens erwogen" werde, "den Gutachter aus dem Schlichtungsverfahren zu bestellen".

Mit Beweisbeschluss vom 22. Oktober 2014 (Bl. 136 f. d. A.) ordnete das Landgericht u. a. an, dass über dort näher bezeichnete Behauptungen des Klägers durch "Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens" Beweis erhoben werden soll und bestellte Herrn A zum Sachverständigen. Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 bis 3 am 31. Oktober 2014 zugestellt (Bl. 142 d. A.).

Unter dem 8. Januar 2015 legte der Sachverständige A sodann sein schriftliches Gutachten vor, das am 2. März 2015 (Bl. 242 d. A.) beim Landgericht einging. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sachverständigengutachten (Bl. 190 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 4. März 2015 (Bl. 244 f. d. A.) setzte das Landgericht den Parteien gemäß § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme zu dem Gutachten von "vier Wochen nach Zugang des Gutachtens". Dieser Beschluss sowie das Gutachten wurden dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 bis 3 am 11. März 2015 (Bl. 250 d. A.) zugestellt.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 8. April 2015 nahmen die Beklagten zu 1 bis 3 Stellung zu dem Gutachten (Bl. 267 ff. d. A.). Sie beantragten die Einholung eines neuen Gutachtens gemäß § 412 ZPO, hilfsweise die Ergänzung des eingeholten Gutachtens.

Mit Beschluss vom 18. Mai 2015 (Bl. 283 d. A.) ordnete das Landgericht sodann die Einholung eines Ergänzungsgutachtens an, das der Sachverständige unter dem 17. August 2015 vorlegte. Das Landgericht setzte den Parteien mit Beschluss vom 28. September 2015 (Bl. 321 d. A.) gemäß § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme von "vier Wochen nach Zugang des Ergänzungsgutachtens". Dieser Beschluss sowie das Ergänzungsgutachten wurden dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1 bis 3 am 30. September 2015 (Bl. 323 d. A.) zugestellt.

Nachdem das Landgericht antragsgemäß die Frist zur Stellungnahme mit Beschluss vom 28. Oktober 2015 (Bl. 335 d. A.) bis zum 18. November 2015 verlängert hatte, nahmen die Beklagten zu 1 bis 3 mit Anwaltsschriftsatz vom 18. November 2015 Stellung zu dem Ergänzungsgutachten (Bl. 347 ff. d. A.).

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. September 2016 (Bl. 368 f. d. A.) wiederholten die Parteien ihre Anträge aus einer früheren mündlichen Verhandlung. Das Landgericht bestimmte für den 19. Oktober 2016 einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung.

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2016 (Bl. 375 d. A.) bestimmte das Landgericht "Termin zur Sachverständigenanhörung vor der Berichterstatterin als beauftragte Richterin" auf den 30. November 2016.

Nachdem dieser Termin zunächst auf den 8. Februar 2017 und sodann auf den 15. März 2017 verlegt worden war, hob die Berichterstatterin diesen Termin mit Beschluss vom 14. Februar 2017 (Bl. 406 d. A.) wieder auf, wies auf die Entscheidung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes in der Rechtssache V...

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