Verfahrensgang

LG Darmstadt (Entscheidung vom 08.03.1985; Aktenzeichen 17 S 331/84)

AG Darmstadt (Aktenzeichen 38 C 1772/83)

 

Tenor

Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt für die an die Beklagte vermietete Wohnung einen höheren Mietzins als bisher. Das Erhöhungsverlangen hat sie mit dem Hinweis auf entsprechende Entgelte für 3 vergleichbare Wohnungen begründet (§ 2 Abs. 2 Satz 4 MHG). Das Amtsgericht hat der Klane teilweise stattgegeben; materiellrechtlich stützt es seine Entscheidung auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, die Klägerin mit der Begründung, das der Entscheidung des Amtsgerichts zugrundeliegende Sachverständigengutachten sei mangelhaft; anstelle einer Einzelfallbetrachtung habe der Rutachter die ortsübliche Miete durch Fortschreibung des zudem unzulänglichen Darmstädter Mietspiegels ermittelt. Das Landgericht, das den Darmstädter Mietspiegel als ein „durchaus geeignetes Instrument für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete” betrachtet möchte sich, was den materiell-rechtlichen Erhöhungsanspruch angeht, dem Sachverständigengutachten anschließen, sieht sich hieran aber durch den Rechtsentscheid den OLG Hamburg vom 12.11.1982 – 4 U 174/82 – gehindert und legt den Senat – auch für den Fall, daß der genannte Rechtsentscheid des OLG Hamburg das Landgericht nicht binde – folgende Rechtsfrage vor:

Ist die Fortschreibung eines veralteten Mietspiegels durch einen am Bundesmietenindex bzw. dem Mietenindex eines Bundeslandes orientierten Zuschlag auch dann unzulässig, wenn diese Fortschreibung von einem Sachverständigen in Rahmen eines vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens erfolgt?

Der Erlaß eines Rechtsentscheids war abzulehnen, weil die Vorlage unzulässig ist.

1. Nach Artikel III Abs. 1 Satz 1 des 3. MietRÄndG ist die Vorlage einer Rechtsfrage zum Rechtsentscheid statthaft, wenn das Landgericht in einer Wohnraummietsache bei der Entscheidung einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines Oberlandesgerichts abweichen will. Zu Unrecht sieht das Landgericht diese Voraussetzung als erfüllt an; denn der Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Hamburg vom 12.11.1982 – 4 U 174/82 – (NJW 1983, 1803; MDR 1983, 230; WM 1983, 11; ZMR 1983, 135) befaßt sich nur mit der Frage, wann mittels Mietspiegel die Höhe der ortsüblichen Niete für die streitbefangene Wohnung bewiesen werden kann. Der Rechtsentscheid stellt fest, daß ein Zahlenwerk, das die Verwaltungsbehörde aufgestellt, von anderer Seite aber verändert oder fortgeschrieben worden ist, in dieser fortgeschriebenen Form nicht als Mietspiegel im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG zu betrachten ist. Dieser Rechtsentscheid würde das Landgericht binden, wenn es seine Entscheidung auf einen fortgeschriebenen Mietspiegel stützen wollte. Das ist jedoch nicht der Fall. Es will seine Entscheidung hinsichtlich der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiste vielmehr auf ein anderes, neben dem Mietspiegel vom Gesetz hierfür für gleichwertig erklärtes Beweismittel stützen, nämlich auf ein Sachverständigengutachten. Ein solches ist mit einem Mietspiegel nicht vergleichbar. Während der Mietspiegel eine Übersicht über die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten 3 Jahren vereinbart oder geändert worden sind, enthält, die von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MHG) und dadurch Rückschlüsse auf die Hohe der ortsüblichen Miete für die streitbefangene Wohnung ermöglicht, hat der Sachverständige die ortsübliche Miete allein für die streitbefangene Wohnung zu ermitteln, sofern ihm nicht ausnahmsweise der Auftrag erteilt worden ist, die Richtigkeit und Aussagekraft des Mietspiegels als solchen zu überprüfen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Der Sachverständige ist nicht genötigt, sein Gutachten an einem vorliegenden Mietspiegel zu orientieren oder das Gutachten auf diesem aufzubauen. Wenn er sich mit dem Zahlenwerk eines vorliegenden Mietspiegels befaßt, weil auch dieser zu den von ihn zu benutzenden Erkenntnisquellen, die Aufschluß über die Hohe der ortsüblichen Miete geben, gehören kann, darf er dies ohne Rücksicht darauf tun, ob dieses Zahlenwerk den an einen Mietspiegel zu stellenden Anforderungen genügt oder nicht. Selbst wenn der Mietspiegel den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist der Sachverständige rechtlich nicht gehindert, die ortsübliche Miete anders als der Mietspiegel zu beziffern. Sind Mietspiegel und Sachverständigengutachten aber nicht vergleichbar, können Anforderungen, die an einen Mietspiegel zu stellen sind, nicht auch auf die Erstellung eines Sachverständigengutachtens erstreckt werden. Das Landgericht ist bei der ihm obliegenden Würdigung des Sachverständigengutachtens daher rechtli...

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