Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 II GKG auch für die im Insolvenzverfahren entstehenden Gerichtsgebühren
Leitsatz (amtlich)
Die Wertobergrenze nach § 39 Abs. 2 GKG ist auch für die im Insolvenzverfahren entstehenden Gerichtsgebühren beachtlich.
Normenkette
GKG § 39 Abs. 2, § 58
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.02.2014; Aktenzeichen 2-9 T 415/13) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Landeskasse vom 7.3.2014 gegen den Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 21.2.2014 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf EUR 375.300 festgesetzt.
Gründe
I. Durch Beschluss des AG Frankfurt/M. vom 21.11.2006 (Az.: 810 IN) ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beschwerdegegnerin (Insolvenzschuldnerin) eröffnet worden. Mit Kostenrechnung vom 29.7.2010 (Kassenzeichen ..., Bl. XVII d.A.) hat das AG Gerichtskosten von EUR 652.464,89 angefordert, die es aus einem Gegenstandswert von EUR 71.700.00 ermittelt hat. Dieser Betrag ist von dem Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse geleistet worden. Mit Beschluss vom 25.10.2010 ist das Insolvenzverfahren im Hinblick auf die Durchführung eines Insolvenzplans aufgehoben worden. Unter dem 3.6.2013 (Bl. 2460 d.A.) hat die Beschwerdegegnerin Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 29.7.2010 eingelegt und die Neuberechnung der Verfahrenskosten auf der Basis eines Verfahrenswerts von EUR 30.000.000 begehrt. Das AG hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Beschluss vom 2.9.2013, Bl. 2518f d.A.) und die Akte auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdegegnerin vom 24.9.2013 (Bl. 2533 ff. d.A.) unter erneuter Nichtabhilfe (Beschluss vom 7.10.2013, Bl. 2536f d.A.) dem LG Frankfurt/M. als Beschwerdegericht vorgelegt. Mit Kammerbeschluss vom 21.2.2014 (Bl. 2551 ff. d.A.) hat das LG den Beschluss des AG vom 2.9.2013 aufgehoben und den Kostenbeamten angewiesen, den Kostenansatz unter Berücksichtigung der Streitwertobergrenze nach § 39 II GKG neu zu berechnen sowie ggf. überschüssig erbrachte Zahlungen zurückzuerstatten. Im Übrigen ist die Beschwerde zurückgewiesen und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die weitere Beschwerde zugelassen worden. Das LG hat zur Begründung ausgeführt, die Wertobergrenze des § 39 II GKG sei auch im Insolvenzverfahren zu beachten. Soweit die Beschwerdegegnerin die Auskehrung eines überschüssigen Betrags an sich selbst begehre, sei die Beschwerde ohne Erfolg. Denn insoweit seien die Bestimmungen des noch vollständig abzuwickelnden Insolvenzplans vorrangig. Die Bezirksrevisorin des AG als Vertreterin der Landeskasse hat unter dem 7.3.2014 weitere Beschwerde gegen den Beschluss vom 21.2.2014 eingelegt. Sie beantragt, den Beschluss vom 21.2.2014 unter vollständiger Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben sowie bis zu einer Entscheidung die aufschiebende Wirkung der weiteren Beschwerde anzuordnen. Sie ist der Auffassung, § 39 II GKG sei im Insolvenzverfahren nicht anzuwenden, u.a., weil es sich bei dem Insolvenzverfahren nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handele und § 58 GKG als abschließend regelnde Spezialvorschrift anzusehen sei (Bl. 2564 ff. d.A.). Das LG hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte vorgelegt (Beschluss vom 25.3.2014, Bl. 2570 ff. d.A.).
II. Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss vom 21.2.2014 ist nach § 66 IV S. 1 GKG als fristunabhängige weitere Beschwerde zulässig, da sie durch das LG als Beschwerdegericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen worden ist. An diese Zulassung ist der Senat gem. § 66 IV S. 4 i.V.m. III S. 4 GKG gebunden (z.B. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 3.8.2011 - 2 W 77/10 -, juris).
III. Bei der angegriffenen Entscheidung handelt es sich um einen Kammerbeschluss, so dass der Senat in vollständiger geschäftsplanmäßiger Besetzung zu entscheiden hat, § 66 VI S. 1 GKG.
IV. In der Sache ist die weitere Beschwerde nicht begründet, denn das LG hat der Beschwerde vom 24.9.2013 zu Recht teilweise abgeholfen.
1. Zutreffend hat das LG die Beschwerde der Insolvenzschuldnerin für zulässig gehalten. Denn nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gehen die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse sowie die Prozessführungs- bzw. Beschwerdebefugnis wieder auf die Beschwerdegegnerin als Insolvenzschuldnerin zurück, § 259 I InsO (OLG Frankfurt, Urt. v. 14.12.2011 - 15 U 273/10 -, juris). Auch der Umstand, dass die Insolvenzschuldnerin selbst die Beschwerde vom 24.9.2013 eingelegt hat, erzeugt keine Zulässigkeitsbedenken. Denn der vor den LG und OLG grundsätzlich geltende Anwaltszwang (§ 78 I ZPO) erstreckt sich gem. § 78 V ZPO nicht auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können. Dies ist bei der Einlegung einer Beschwerde gegen den Kostenansatz der Fall, § 66 V S. 1 GKG.
2. Das LG vertritt die Auffassung, die in dem Insolvenzverfahren entstehende Gerichtsgebühr sei nicht entsprechend dem Bericht des Insolvenzverwalters vom 18.5.2010 (Bl. 1473 ff. d.A.) aus einem...