Leitsatz (amtlich)

Bei der Prüfung, ob eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG vorliegt, kommt es dann, wenn die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen nicht auch notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruches selbst darstellen (doppelrelevante Tatsachen), nicht nur auf den Vortrag der Antragstellerseite, sondern auch auf das Verteidigungsvorbringen der Antragsgegnerseite an.

Bestreitet die Antragsgegnerseite das Vorliegen eines Verlöbnisses bzw. die zugrundeliegenden Tatsachen, so muss ggf. Beweis erhoben werden, um die Zuständigkeitsfrage zu klären. Die Beweislast trägt der Antragsteller.

An den Vortrag des Antragstellers zum Vorliegen eines Verlöbnisses, zur Beendigung des Verlöbnisses und zum Zusammenhang des Anspruchs mit der Beendigung des Verlöbnisses sind die üblichen Anforderungen einer substantiierten Darlegung zu stellen (§ 138 Abs. 1 ZPO, ggf. iVm § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG).

 

Normenkette

FamFG § 266 Abs. 1 Nr. 1; GVG § 17a Abs. 4 S. 3, Abs. 6; ZPO § 138 Abs. 1, § 567 ff.

 

Verfahrensgang

AG Friedberg (Hessen) (Aktenzeichen 700 F 990/18)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Friedberg (Hessen) vom 13.02.2019 - Nichtabhilfebeschluss vom 09.04.2019 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.

 

Gründe

I. In dem vorliegenden Verfahren macht der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin einen Rückzahlungsanspruch aus einem der Antragsgegnerin am 25.1.1999 gewährten Darlehen über damals 100.000 DM geltend.

Die Beteiligten waren und sind nicht miteinander verheiratet, führten aber eine Beziehung und lebten seit dem 15.12.1992 zusammen in einer Wohnung. Aus der Beziehung ist die gemeinsame Tochter ..., geb. ... 1995, hervorgegangen.

Das verfahrensgegenständliche Darlehen diente zum Erwerb einer Gastwirtschaft im Jahr 1999, welche in der Folge 4 Jahre gemeinsam betrieben wurde, nämlich von ... 1999 bis ... 2003. Den Darlehensbetrag hatte der Antragsteller nach seinem Vortrag von seiner Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbschaft erhalten.

Der Antragsteller, der den Antrag bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Friedberg anhängig gemacht hat, behauptet, die Beteiligten hätten geplant zu heiraten. Hierzu habe man sich schon verschiedene Kirchen angesehen. Im Beschwerdeverfahren legt er ein Schreiben der Steuerfachwirtin ... vom 27.2.2019 vor. Darin heißt es u.a.: "gerne bestätige ich Ihnen, dass Sie gemeinsam mit Ihrer damaligen Verlobten Frau ... mehrfach in unseren damaligen Büroräumen waren, um über die steuerlichen Auswirkungen Ihrer geplanten Eheschließung zu sprechen. Ich kann mich daran erinnern, dass die Gespräche in der Zeit von Ende 1998 bis Frühjahr 1999 stattfanden, da wir seinerzeit auch in Bezug auf die Eröffnung des Restaurants ... und der damit verbundenen steuerlichen Gestaltung sehr viele Gesprächstermine mit Ihnen und Frau ... hatten." Der Antragsteller trägt weiter vor, die Mutter der Antragsgegnerin habe als praktizierende Katholikin eine alsbaldige Heirat erwartet. Auch für sie sei ein Verlöbnis erkennbar gewesen.

Zum Beweis für seinen Vortrag des Bestehens eines Verlöbnisses bietet der Antragsteller "Zeugenbeweis des Steuerberaters ..." an. Im Beschwerdeverfahren benennt er zudem "die Zeugin ...".

Die Antragsgegnerin behauptet, eine Heirat sei nicht geplant gewesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Rechtsweg zu der Familienabteilung des Amtsgerichts für unzulässig erklärt und das Verfahren an die Zivilabteilung des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß §§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG, 567 ff. entsprechend ZPO und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt worden. Zwar fehlt es nach der anzuwendenden Verfahrensordnung des FamFG (vgl. § 17a Abs. 6 i.V.m. 4 S. 3 GVG) und auch im Rahmen der Regelung des § 17a Abs. 6 GVG selbst an einer konkreten Vorschrift im Sinne einer Verweisung auf die §§ 567 ff. ZPO. Insofern ist jedoch von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Diese ist, da es sich um einen Rechtsbehelf gegen eine anfechtbare Zwischenentscheidung handelt, zu schließen durch eine entsprechende Anwendung der über § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG geltenden Vorschriften über die sofortige Beschwerde, §§ 567 ff. ZPO (Zöller/Lückemann, ZPO, 32. Aufl., § 17a GVG, Rn. 15).

2. Die Beschwerde ist hingegen nicht begründet. Zu Recht hat vielmehr die Familienabteilung des Amtsgerichts das Verfahren mit dem angefochtenen Beschluss gem. § 17a Abs. 6 GVG an die Zivilabteilung des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) verwiesen. Es handelt sich bei dem vorliegenden Verfahrensgegenstand in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Amtsgerichts und entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht um eine sonstige Familiensache nach § 111 Nr. 10, 266 Abs. 1 Nr. 1 FamFG, für welche die Zuständigkeit der Famil...

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