Leitsatz (amtlich)

Gesonderte Wertfestsetzung für Anwaltsgebühren bei Mandatsniederlegung während laufendem Verfahren

 

Normenkette

RVG § 33

 

Verfahrensgang

AG Offenbach (Beschluss vom 13.03.2019; Aktenzeichen 314 F 1956/18 UE)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss in Verbindung mit dem Beschluss vom 13.3.2019 wird abgeändert.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit von Rechtsanwältin A wird auf 222.955,41 EUR festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wurde im vorliegenden, vormals beim Amtsgericht rechtshängigen Trennungsunterhaltsverfahren u. a. von Rechtsanwältin A vertreten, die mit Schriftsatz vom 5.3.2019 mitteilte, dass sie die Antragstellerin nicht mehr vertreten würde. Mit gleichem Schriftsatz beantragte Rechtsanwältin A die "Festsetzung des Verfahrenswerts". Mit Beschluss vom 13.3.2019 setzte das Amtsgericht "den Verfahrenswert" vorläufig auf 1.000 EUR fest. Mit Schriftsatz vom 19.3.2019 rügte die Beschwerdeführerin, dass sie eine verbindliche Wertfestsetzung nach § 33 RVG benötige. Hierauf reagierte das Amtsgericht nicht. Im Termin vom 24.5.2019 nahm die zwischenzeitlich anderweitig vertretene Antragstellerin ihren im Stufenverfahren gestellten Antrag zurück. Mit Beschluss vom 7.6.2019 setzte das Amtsgericht den Verfahrenswert auf 1.000 EUR fest. Hiergegen legte Rechtsanwältin A Beschwerde ein und verwies darauf, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Antragstellung von einem rückständigen Unterhaltsanspruch iHv 186.955,14 EUR und laufenden Unterhalt iHv 3.000 EUR ausging. Mit Beschluss vom 22.1.2020 änderte das Amtsgericht seinen Beschluss vom 7.6.2019 dahin ab, dass der Wert auf 5.000 EUR festzusetzen sei.

II. Die Beschwerde ist vorliegend nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft, da das Amtsgericht vorliegend eine Bestimmung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit unterlassen hat und stattdessen eine in Bezug auf die Beschwerdeführerin nicht veranlasste vorläufige Wertfestsetzung nach § 55 Abs. 1 FamGKG und sodann eine endgültige Wertbestimmung nach § 55 Abs. 2 FamGKG vorgenommen hat.

Das Amtsgericht hat insoweit verkannt, dass nach § 33 Abs. 1 Alt. 2 RVG eine gesonderte Wertfestsetzung für die Gebühren des Anwalts auch dann auf Antrag zu erfolgen hat, wenn es an einem Wert für die Gerichtsgebühren fehlt. Dies ist auch dann der Fall, wenn bei Mandatsniederlegung während eines noch laufenden Verfahrens mangels Erledigung des Verfahrens (§ 55 Abs. 2 FamGKG) noch kein Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen ist (vgl. OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; OLG Oldenburg BeckRS 2018, 1364; OVG Münster v. 16.6.2014 - 12 E 625/14, juris; FG Hamburg AGS 2015, 285; BeckOK-Streitwert/Dürbeck, "Verfahren der Wertfestsetzung" Rn. 13).

Der Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG ist im Übrigen auch deshalb nach § 33 Abs. 2 RVG zulässig, weil der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers bereits fällig war. Im Falle einer vorzeitigen Mandatsbeendigung tritt insoweit eine die Fälligkeit auslösende Erledigung des Auftrages iSd § 8 Abs. 1 S. 1 RVG ein (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., 2017, § 8 RVG Rn. 8).

Die Beschwerde ist auch begründet.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht nur einen Wert von zuletzt 5.000 EUR für den zum Zeitpunkt der Antragstellung noch in der Auskunftsstufe befindlichen Stufenantrag der Antragstellerin berücksichtigt.

Soweit es die Bewertung von Stufenanträgen iSd §§ 113 Abs. 1 FamFG, 254 ZPO betrifft, sind die einzelnen Werte nicht zu addieren, sondern nach § 38 FamGKG ist der Wert für den höchsten Einzelantrag maßgebend, was im Regelfall bei einer späteren Bezifferung der Leistungsantrag sein wird (vgl. OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; AGS 2017, 284). Ist es - wie im vorliegenden Fall - zum Zeitpunkt der Mandatsbeendigung noch zu keiner Bezifferung des Stufenantrages gekommen, so ist - wie im Fall des sog. "steckengebliebenen Stufenantrages" - nach zutreffender Ansicht nicht der Wert des Auskunftsantrages für die Wertfestsetzung maßgebend, weil insoweit zu berücksichtigen ist, dass nach § 34 FamGKG bereits mit Erhebung des Stufenantrages ein Wert für den rechtshängigen unbezifferten Leistungsantrag entsteht. Dieser ist vielmehr nach § 42 Abs. 1 FamGKG zu schätzen, entscheidend sind die erkennbaren Erwartungen des Antragstellers zur Höhe seines Anspruches bei Einreichung des Stufenantrages (OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; AGS 2016, 292; OLG Karlsruhe FuR 2016, 122; OLG Bremen FF 2015, 78; OLG Schleswig MDR 2014, 1345). Dieser ist dann in voller Höhe für den Gebührenverfahrenswert maßgeblich. Fehlen in der Antragsschrift hierzu Anhaltspunkte, kann eine außergerichtliche Forderung oder Äußerung zur Höhe des Wertes ein wesentliches Indiz für die Wertbestimmung sein (OLG Frankfurt NZFam 2018, 530; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 393). Nur dann, wenn überhaupt keine Anhaltspunkte zu den Erwartungen des Antragstellers vorliegen, ist der Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG iHv 5.000 EUR anzusetzen (OLG Frankfurt AGS 2016, 29...

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